Frau in hellblauem Oberteil mit deutlich ausgeprägter Ichthyose schaut frontal und lächelnd in die Kamera
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Ichthyose: Was hinter der Fischschuppenkrankheit steckt

Von: Monika Hortig (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 30.06.2025

Trockene, schuppige Haut und ständiges Eincremen: Menschen mit Ichthyose kennen diese täglichen Herausforderungen. Die seltene Hautkrankheit zeigt sich meist schon im frühen Kindesalter oder direkt bei der Geburt und begleitet Betroffene ein Leben lang. Was genau hinter der Ichthyose steckt, welche Formen es gibt und wie die Behandlung aussieht, zeigt dieser Überblick.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Ichthyose

Die Fischschuppenkrankheit ist ein umgangssprachlicher Begriff für Ichthyose – eine Gruppe seltener Hautkrankheiten, bei denen sich die Haut stark schuppt und verhornt. Das Aussehen der schuppenartigen Haut erinnert an Fischhaut.

Was ist eine Ichthyose?

Eine Ichthyose ist ein Sammelbegriff für seltene, meist vererbte Hautkrankheiten, bei denen die Verhornung der Haut gestört ist. Diese erneuert sich dabei zu langsam oder unregelmäßig. Abgestorbene Zellen verbleiben zu lange auf der Oberfläche und lagern sich dort als sichtbare Schuppen ab, manchmal so fein wie Staub – oder dick und großflächig. Die Haut wirkt oft trocken, rau und rissig.

Medizinisch zählen Ichthyosen zu den genetisch bedingten Hauterkrankungen (Genodermatosen). Es gibt verschiedene Formen: von milden Varianten, die kaum auffallen, bis hin zu schweren, seltenen Typen, die intensive medizinische Betreuung erfordern. Die Erkrankung begleitet Patient*innen meist ein Leben lang.

Symptome: So zeigt sich die Fischschuppenkrankheit

Das Erscheinungsbild hängt von der genauen Form ab. Trotzdem gibt es typische Merkmale, die häufig an den Streckseiten von Armen und Beinen, am Rücken und gelegentlich auch im Gesicht auftreten:

Hauptsymptome sind:

  • trockene, raue Haut
  • Schuppenbildung (fein oder grob)
  • Spannungsgefühl
  • rissige Hautstellen
  • in schweren Fällen: Hautrisse, schmerzhafte Bewegungseinschränkungen und Infektionen
  • manchmal auch Verdickung der Hand- und Fußsohlen

Im Winter verschlechtert sich der Zustand oft, da trockene Heizungsluft und niedrige Temperaturen die Haut zusätzlich belasten. Im Sommer bessert sich das Hautbild bei vielen Betroffenen. So erhöht sich durch die verstärkte Schweißproduktion der Feuchtigkeitsgehalt der Haut, gleichzeitig werden durch das Schwitzen abgestorbene Hautzellen von der Hautoberfläche abgetragen.

Ursachen: Warum entsteht die Ichthyose?

Die meisten Ichthyosen sind genetisch bedingt. Sie entstehen durch Mutationen in Genen, die für den Aufbau und die Funktion der Hautbarriere verantwortlich sind – insbesondere für die Bildung von Eiweißen, Lipiden oder Enzymen, die an der Verhornung beteiligt sind. Dadurch läuft die Erneuerung der Haut nicht richtig ab. Die abgestorbenen Hautzellen werden nicht wie gewohnt abgestoßen, sondern lagern sich als Schuppen auf der Hautoberfläche ab.

Vererbte Ichthyosen

Hierbei handelt es sich um genetisch bedingte Formen, die entweder direkt von Geburt an sichtbar sind oder sich im Säuglings- oder Kleinkindalter zeigen.

Die häufigsten Formen sind:

  • Ichthyosis vulgaris: Das ist die häufigste Form der Ichthyose. Hierbei ist meist das Filaggrin-Gen (FLG) betroffen. Filaggrin ist ein Strukturprotein, das für eine stabile Hornschicht sorgt. Die Ichthyose vulgaris beginnt oft im Säuglings- oder Kleinkindalter. 

  • X-chromosomale Ichthyose: Sie wird durch einen Mangel an Steroid-Sulfatase verursacht, einem Enzym, das bei Männern über das X-Chromosom vererbt wird. Auch diese Ichthyosie-Art zeigt sich in der Regel erst bei Babys oder Kleinkindern.

  • lamelläre Ichthyose: Diese Form zeigt sich bereits direkt bei der Geburt z. B. durch Kollodiumhaut sichtbar ist. Bei der Kollodiummembran handelt es sich um eine feste, glänzende Hülle, die bei der Geburt die Haut umschließen kann. Betroffene Kinder werdne auch als Kollodiumbaby bezeichnet. Häufig liegen Gendefekte vor, welche die Lipidverteilung und Enzymprozesse in der Haut steuern. Andere Namen sind Ichthyosis congenita oder kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie.

Erworbene Ichthyosen

Seltener gibt es auch erworbene Ichthyosen, zum Beispiel im Zusammenhang mit:

  • Krebserkrankungen (z. B. Hodgkin-Lymphom)
  • chronischen Nieren- oder Leberleiden
  • Schilddrüsenstörungen
  • HIV-Infektion
  • bestimmten Medikamenten (z. B. Hydroxyurea)

Diese erworbenen Formen treten meist im Erwachsenenalter auf und ähneln äußerlich den erblichen Typen, haben aber eine andere Ursache.

Diagnose: So wird eine Ichthyose festgestellt

Die Diagnostik erfolgt meist in mehreren Schritten und orientiert sich am Hautbild, der Krankengeschichte und genetischen Befunden:

  • Anamnese: Ärzt*innen fragen nach dem Zeitpunkt der ersten Symptome, familiären Häufungen und Begleiterkrankungen. Auch jahreszeitliche Verschlechterungen oder Reaktionen auf Pflegeprodukte können Hinweise liefern.

  • körperliche Untersuchung: Die Haut wird systematisch begutachtet. Verteilung, Ausprägung und Art der Schuppung (fein, grob, klebrig) liefern erste Hinweise auf die Form der Ichthyose.

  • Hautbiopsie: Eine kleine Hautprobe wird unter dem Mikroskop untersucht. Das hilft, strukturelle Veränderungen und bestimmte Zellmuster zu erkennen, etwa eine Verdickung der Hornschicht.

  • genetische Diagnostik: Bei Verdacht auf eine vererbte Ichthyose kann ein Gentest Klarheit schaffen. Die Analyse erfolgt meist in spezialisierten Zentren, die auf genetische Diagnostik spezialisiert sind.

  • Differenzialdiagnose: Andere Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis oder Pilzinfektionen müssen ausgeschlossen werden. Je nach Befund können zusätzliche Tests notwendig sein.

Treten die Hautveränderungen erst im Erwachsenenalter auf, suchen Mediziner*innen gezielt nach Grunderkrankungen, zum Beispiel durch Blutuntersuchungen, Hormonanalysen oder bildgebende Verfahren.

Therapie: Was hilft bei Ichthyose vulgaris und Co.?

Eine Heilung für Ichthyosen gibt es bislang nicht. Die Therapie zielt darauf ab, die Hautbarriere zu stärken, Schuppen zu lösen, Entzündungen zu lindern und das Infektionsrisiko zu senken. Die Behandlung ist langfristig und erfordert eine regelmäßige Pflege der Haut.

Die Basistherapie besteht aus:

  • Tägliche Pflege mit rückfettenden Cremes, Lotionen oder Salben ist unverzichtbar. Sie versorgt die Haut mit Fett und Feuchtigkeit.

  • Inhaltsstoffe wie Urea (Harnstoff), Milchsäure oder Salicylsäure unterstützen dabei, die Hautschuppen zu lösen und die Haut zu glätten.

  • Ölbäder fördern die Rückfettung und machen die Haut geschmeidiger.

  • Lauwarmes Duschen und milde Reinigungsprodukte vermeiden zusätzliche Hautreizungen.

Neben der Basistherapie können weitere Maßnahmen helfen, die Hautgesundheit zu unterstützen:

  • ausreichend Trinken versorgt die Haut mit Feuchtigkeit
  • Baumwollkleidung reduziert Reibung und lässt die Haut atmen
  • Luftbefeuchter im Winter kann trockener Raumluft entgegenwirken
  • Antihistaminika oder kortisonhaltige Cremes können Juckreiz lindern
  • antiseptische Salben oder Antibiotika können notwendig sein, wenn sich die Haut entzündet

In schweren Fällen kommen systemische Retinoide zum Einsatz. Diese Medikamente beeinflussen die Verhornung, müssen aber unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden, da sie starke Nebenwirkungen haben können.

Die sichtbaren Hautveränderungen können besonders Kinder und Jugendliche seelisch belasten. Psychologische Unterstützung, der Austausch in Selbsthilfegruppen und ein stabiles soziales Umfeld helfen dabei, das Selbstwertgefühl zu stärken und mit der Erkrankung besser umzugehen.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei Ichthyose?

Eine spezielle Diät gegen Ichthyosis vulgaris und andere Formen gibt es bisher nicht. Doch die Ernährung kann indirekt Einfluss auf das Hautbild nehmen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn bestimmte Nährstoffe fehlen oder ein erhöhter Bedarf besteht.

Bei einigen Ichthyoseformen, etwa bei der lamellären Ichthyose, wurde beobachtet, dass ein Mangel an Vitamin A, Zink oder essenziellen Fettsäuren den Zustand der Haut verschlechtern kann. Diese Stoffe sind wichtig für den Aufbau der Hautbarriere und die normale Zellneubildung.

Tipps für eine hautgesunde Ernährung:

  • Gesunde Fette: Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren (z. B. in Fisch, Leinöl, Nüssen) unterstützen die Haut von innen.

  • Zink: Zinkreiche Lebensmittel (wie Haferflocken, Linsen, Nüsse) fördern die Wundheilung und können Entzündungen lindern.

  • Vitamin A: Das fettlösliche Vitamin ist essenziell für die Hauterneuerung. Es steckt z. B. in Karotten, Kürbis, Spinat oder in Form von Beta-Carotin in buntem Gemüse.

Ein ausgewogener Speiseplan mit frischen, nährstoffreichen Lebensmitteln ist förderlich für die Haut und das allgemeine Wohlbefinden. Nahrungsergänzungsmittel sind nur bei nachgewiesenem Mangel sinnvoll und sollten ärztlich begleitet werden.

Achtung bei Retinoidtherapie

Systemisch verabreichte Retinoide können den Vitamin-A-Stoffwechsel beeinflussen. Wer solche Medikamente einnimmt, sollte besonders auf die Ernährung achten. Eine zusätzliche, übermäßige Aufnahme von Vitamin A kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Deshalb ist es wichtig, vor einer Einnahme von Vitamin-A-Präparaten Rücksprache mit ärztlichem Fachpersonal zu halten.

Lebenserwartung und Alltag mit Ichthyose

Wie stark eine Ichthyose den Alltag beeinflusst und ob sie die Lebenserwartung verkürzt, hängt vor allem von der Form und Ausprägung der Erkrankung ab.

Häufige und mildere Typen wie die Ichthyosis vulgaris oder die X-chromosomale Ichthyose beeinträchtigen zwar das Hautbild, führen jedoch in der Regel nicht zu schwerwiegenden Komplikationen. Werden die Haut gut gepflegt wird und Infektionen frühzeitig behandelt, ist die Lebenserwartung in diesen Fällen nicht eingeschränkt.

Anders ist die Situation bei seltenen, schweren Verlaufsformen wie der Harlekin-Ichthyose (Hornpanzer Ichthyose) oder der lamellären Ichthyose. Bei diesen Typen ist die Hautbarriere stark gestört – insbesondere in der Neugeborenenzeit kann das lebensgefährlich sein. Austrocknung, Überhitzung und schwere Infektionen sind mögliche Folgen. Die Harlekin-Ichthyose kann in schweren Fällen bereits in den ersten Lebenswochen zum Tod führen.

Dank moderner medizinischer Betreuung, spezieller Pflegeprodukte und einer engmaschigen Kontrolle haben sich die Überlebenschancen jedoch deutlich verbessert.

Auch bei schweren Ichthyosen ist heute ein erfülltes Leben möglich – wenn die Therapie konsequent angepasst wird und ein unterstützendes soziales Umfeld vorhanden ist. Ein interdisziplinäres Team aus Dermatologie, Pädiatrie und psychosozialer Betreuung spielt dabei eine wichtige Rolle.

Selbsthilfegruppe für Menschen mit Ichthyose

Mit der Selbsthilfe Ichthyose e.V. gibt es eine bundesweite Selbsthilfegruppe für Ichthyose und verwandte Verhornungsstörungen in Deutschland. Der Verein ist in mehrere Regionalgruppen unterteilt, um Betroffene in verschiedenen Bundesländern direkt zu unterstützen.

Selbsthilfe Ichthyose e.V.
Straße der Einheit 5 d
15749 Mittenwalde OT Brusendorf
033764 2 04 57
selbsthilfe@ichthyose.de
www.ichthyose.de