Das Bild zeigt eine Material zur Wundversorgung.
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Gasbrand

Von: Onmeda-Redaktion, Dr. rer. nat. Geraldine Nagel (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.01.2022

Gasbrand ist eine schwere und lebensbedrohliche Wundinfektion, die durch bestimmte Bakterien verursacht wird. Dank guter Hygienebedingungen kommt die Erkrankung in Deutschland nur noch selten vor. Erfahren Sie, woran man Gasbrand erkennt und warum eine Behandlung so rasch wie möglich beginnen muss.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Früher war Gasbrand (auch Gasödem oder malignes Ödem genannt) eine häufige und gefürchtete Erkrankung auf Kriegsschauplätzen und in Krankenhäusern.

Erst seitdem man Verfahren eingeführt hat, mit denen sich Keime abtöten lassen, und seit der Einführung von Antibiotika ist Gasbrand in Deutschland selten geworden: Pro Jahr gibt es noch etwa 50 bis 70 Fälle. In Entwicklungsländern tritt Gasbrand häufiger auf.

Gasbrand: Erreger und Übertragung

Ursache für Gasbrand ist in der Regel eine Infektion mit der Bakterienart Clostridium perfringens. Eher selten entsteht Gasbrand auch durch andere Clostridien-Arten. Die Clostridien-Arten haben gemeinsam, dass sie Stoffe abgeben, die sich zerstörerisch auf das befallene Gewebe auswirken.

Clostridium perfringens kommt in der Natur fast überall vor. Der Gasbrand-Erreger findet sich zum Beispiel im Erdboden, im Staub und im Wasser, aber auch im menschlichen Körper. Zu Infektionen kommt es vor allem über Schmutz, der in die Wunde gelangt.

Gasbrand: Symptome

Typische Symptome für Gasbrand sind plötzliche, starke Wundschmerzen, die sich steigern. Infolge der Gasbildung schwillt das Gewebe zudem an.

Verbreiten sich die Gasbrand-Erreger und deren Giftstoffe über den Blutkreislauf im restlichen Körper, kann die Situation innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden. Die Behandlung sollte deshalb so rasch wie möglich beginnen. Unbehandelt nimmt Gasbrand einen tödlichen Verlauf.

Gasbrand: Therapie

Bei Gasbrand muss das infizierte Gewebe in der Regel chirurgisch entfernt werden. Gleichzeitig kommen zur Behandlung Antibiotika zum Einsatz, meist der Wirkstoff Penicillin und zusätzlich oft Clindamycin. Besteht eine Penicillin-Unverträglichkeit, bieten sich die Wirkstoffe Metronidazol, Ceftriaxon oder Imipenem als Alternative an.

Zusätzlich kann eine hyperbare Sauerstofftherapie den Heilungsprozess möglicherweise unterstützen, also eine Sauerstoff-Überdrucktherapie in einer speziellen Druckkammer. Die Meinungen über den Nutzen dieser Therapie gehen allerdings auseinander.

Ursachen

Erreger

Gasbrand (Gasödem) entsteht in den meisten Fällen durch eine Infektion mit der Bakterienart Clostridium perfringens. Eher selten sind andere Clostridien-Arten die Ursache, wie zum Beispiel

  • Clostridium novyi,
  • Clostridium septicum oder
  • Clostridium histolyticum.

Die stäbchenförmigen Bakterien geben Giftstoffe (Toxine) und andere Stoffe ab. Diese zerstören und verflüssigen das umgebende Gewebe. Unbehandelt stirbt das Gewebe an der infizierten Stelle ab, während sich gleichzeitig das Gas Kohlendioxid im Gewebe bildet.

Übertragung

Clostridien kommen überall in der Natur vor. Sie lassen sich im Boden, im Wasser, im Staub oder in Lebensmitteln nachweisen – aber auch in der Darmflora (und dadurch auch im Stuhl) sowie in der Scheidenflora.

Zu einer Infektion kann es kommen, wenn der Gasbrand-Erreger über Schmutz in die Wunde gelangt, etwa bei Verkehrsunfällen, Sportunfällen oder Kriegsverletzungen.

Ein großes Problem war Gasbrand vor allem zu Zeiten, in denen noch nicht bekannt war, wie man medizinische Geräte keimfrei bekommen kann. So passierte es insbesondere auf Kriegsschauplätzen immer wieder, dass der Gasbrand-Erreger von einem Verletzten auf den nächsten übertragen wurde, weil man medizinische Werkzeuge unsteril verwendete.

Voraussetzung für die Entstehung von Gasbrand ist jedoch der Luftabschluss der verunreinigten Wunde. Denn Clostridien können sich ausschließlich bei Abwesenheit von Sauerstoff vermehren. Ist die Blutversorgung im Wundbereich eingeschränkt oder sogar unterbrochen und gelangt dadurch weniger Sauerstoff ins Gewebe, begünstigt das die Infektion.

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn

  • die Wunde schlecht durchblutet ist (etwa durch eine Quetschung),
  • die Wunde verschmutzt ist (z. B. bei einer Schürfwunde mit Straßendreck),
  • die Wundfläche sehr groß ist (z. B. durch eine Amputationsverletzung) oder
  • sich ein Fremdkörper im Gewebe befindet (z. B. bei einer Pfählungsverletzung).

Auch Begleiterkrankungen, die mit einer verschlechterten Blutversorgung einhergehen, können die Entstehung von Gasbrand begünstigen, wie zum Beispiel Diabetes mellitus oder Arteriosklerose.

Da Clostridien natürlicherweise in der Darmflora vorkommen, können bei Operationen am Dickdarm oder Blinddarm unter Umständen Gasbrand-Erreger in umliegende Körpergewebe übertragen werden.

Eine direkte Gasbrand-Übertragung von Mensch zu Mensch oder vom Tier auf den Menschen ist dagegen bisher nicht bekannt.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit ist bei Gasbrand relativ kurz: Sie liegt bei wenigen Stunden bis 5 Tagen.

Symptome

Erste Anzeichen für Gasbrand (Gasödem) sind plötzliche und sehr starke Wundschmerzen, die weiter zunehmen können. Die Schmerzen entstehen durch den Sauerstoffmangel im infizierten Gewebe und sind oft wesentlich stärker, als es der äußere Anschein des Wundgebiets vermuten lässt.

Infolge der Gasbildung schwillt das Gewebe bei Gasbrand an, was sich ähnlich wie ein zu eng anliegender Verband anfühlt.

Der Wundbereich ist braungräulich verfärbt und kann eine süßlich-übelriechende, bläschenhaltige und schmutzig erscheinende Flüssigkeit absondern. Eiter ist nur selten und eher bei Mischinfektionen mit anderen Keimen zu beobachten.

Beim Abtasten der Wunde hört man ein knisterndes Geräusch, das durch das Gas im Gewebe entsteht. Dieses typische Zeichen für Gasbrand heißt Krepitation. Übt man Druck auf die Wunde aus, können auch Gasbläschen entweichen.

Ohne Behandlung stirbt das betroffene Gewebe immer weiter ab und verflüssigt sich zunehmend. Gelangen die Clostridien vom infizierten Wundbereich in die Blutbahn, können sie sich – und mit ihnen die Giftstoffe – im Körper ausbreiten. Dadurch kann innerhalb kurzer Zeit ein toxischer Schock entstehen, der zum Tode führt.

Ohne frühzeitige Therapie verläuft Gasbrand in der Regel immer tödlich. Der Tod tritt dabei meist bereits innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome ein.

Diagnose

Bei Gasbrand (Gasödem) ist es überlebenswichtig, dass er möglichst schnell erkannt wird. Wichtige Befunde bei der Untersuchung sind zum Beispiel

  • die Schwellung und Verfärbung des Wundbereichs,
  • das Knistern der Wunde beim Abtasten der Wunde und
  • das Entweichen von Gasbläschen bei Druck auf den Wundbereich.

Der genaue Erreger der Wundinfektion lässt sich theoretisch zwar durch Anzucht auf speziellen Nährboden nachweisen. Da man bei Gasbrand jedoch so rasch wie möglich mit der Therapie beginnen muss, würde das für die Diagnosestellung viel zu lange dauern.

Anhand der sogenannten Gramfärbung lassen sich im Wundmaterial unter dem Mikroskop grampositive, stäbchenförmige Bakterien nachweisen. Zusammen mit den auftretenden Symptomen reicht das für die Diagnose aus.

Um keine Zeit zu verlieren, beginnt der Arzt daher bei Verdacht auf Gasbrand in der Regel sofort mit der Therapie und wartet parallel dazu die mikrobiologischen Ergebnisse aus der Anzucht ab.

Therapie

Beim Gasbrand (Gasödem) muss die Therapie möglichst schnell beginnen.

Um die Clostridien direkt zu bekämpfen, behandelt man die Wundinfektion zum einen mit Antibiotika – in der Regel mit dem Wirkstoff Penicillin G, eventuell zusätzlich mit Clindamycin. Alternativ zu Penicillin können die Wirkstoffe Metronidazol, Ceftriaxon oder Imipenem zum Einsatz kommen.

Zum anderen muss bei Gasbrand das Wundgewebe mit Sauerstoff versorgt werden. Da Clostridien nur unter Sauerstoffausschluss wachsen, lässt sich so verhindern, dass sich die Gasbrand-Erreger weiter vermehren. Dazu eröffnet man die Wunde chirurgisch und entfernt abgestorbenes Gewebe, notfalls auch ganze Gliedmaßen.

Eine Sauerstoff-Überdrucktherapie in einer Druckkammer (hyperbare Sauerstofftherapie) kann nach den chirurgischen Maßnahmen zusätzlich Sauerstoff ins Gewebe bringen und sich unter Umständen günstig auf den Heilungsverlauf auswirken. Zur Wirkung dieses Verfahrens gibt es jedoch unterschiedliche Meinungen.

Verlauf

Gasbrand (Gasödem) ist eine schwere lebensbedrohliche Erkrankung – selbst bei optimaler Behandlung. Statistisch gesehen überleben auch bei günstigen Bedingen nur etwa 4 bis 6 von 10 Betroffenen. Unbehandelt nimmt die Erkrankung nahezu immer einen tödlichen Verlauf. Je früher mit der Therapie begonnen wird, desto besser sind die Heilungschancen.

Mögliche Komplikationen

Eine mögliche Komplikation bei Gasbrand ist eine örtlich begrenzte Gangrän, also die Zerstörung und Verflüssigung der umgebenden Muskulatur, die eine Amputation notwendig machen kann.

Lebensbedrohlich wird es zudem, wenn der Gasbrand-Erreger und dessen Giftstoffe in den Blutkreislauf gelangen und ein toxisches Herz-Kreislauf-Versagen verursachen. Dieses kann innerhalb kürzester Zeit zum Tode führen.

Gasbrand: Vorbeugen

Gasbrand können Sie vorbeugen, indem sie Wundverschmutzungen möglichst vermeiden. Bei verunreinigten Wunden ist darauf zu achten, dass diese gut durchblutet und so mit Sauerstoff versorgt werden.

Bei Verdacht auf Gasbrand ist es wichtig, die Behandlung so rasch wie möglich zu beginnen. Unter Umständen kann eine vorbeugende Gabe von Antibiotika sinnvoll sein (z. B. bei stark verschmutzen Wunden nach einem Verkehrsunfall).