Ein Mann hat den Kopf in die Hände gestützt und schaut nachdenklich drein
Symbolbild: © Getty Images / Westend61

CADASIL: Symptome der Erbkrankheit

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 31.10.2023

CADASIL ist eine genetische Erkrankung, die sich in der zweiten Lebenshälfte zunächst mit migräneartigen Kopfschmerzen bemerkbar macht. Sie führt zu gehäuft auftretenden Schlaganfällen und in der Folge zu vaskulärer Demenz. Lesen Sie hier, welche Symptome bei CADASIL auftreten, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie hoch die Lebenserwartung ist. 

Häufige Fragen und Antworten zu CADASIL

CADASIL ist eine genetische Erkrankung, die zu einer Schädigung der Hirngefäße führt. Dadurch kommt es zu gehäuft auftretenden Schlaganfällen und daraus resultierend zu Demenz.

Nein, bislang gibt es keine effektive Therapie. Es ist jedoch möglich, durch einen gesunden Lebenswandel die Risikofaktoren für Schlaganfälle und damit den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen.

Mithilfe einer MRT lassen sich die durch CADASIL auftretenden multiplen Hirninfarkte darstellen. Die Erkrankung selbst kann mikrobiologisch durch den Gendefekt nachgewiesen werden.

Was ist CADASIL und wie häufig tritt es auf?

CADASIL ist als Erkrankung erst in den 1990er Jahren bekannt geworden. Der Begriff ist ein Akronym für "Cerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukoenzephalopathie":

  • Cerebral: das Gehirn betreffend
  • Autosomal: Es handelt sich um einen Defekt eines einzelnen Gens
  • Dominant: Der Defekt wird dominant vererbt. Das bedeutet, dass es ausreicht, wenn eine Person das entsprechende Merkmal von Mutter oder Vater bekommt. Es muss nicht sowohl von der Mutter als auch vom Vater vorliegen.
  • Arteriopathie: Es handelt sich um eine Erkrankung der Arterien.
  • Leukoenzephalopathie: Die Erkrankung betrifft die weiße Gehirnsubstanz.

Was passiert bei CADASIL?

Der Defekt des NOTCH3-Gens führt dazu, dass sich bestimmte Eiweißmoleküle vermehrt in den kleinsten Blutgefäßen im Gehirn ablagern. Dadurch kommt es zur Degeneration der glatten Gefäßmuskelzellen. Solche Schäden kleinster Blutgefäße werden auch Mikroangiopathien genannt. Die Blutgefäße verengen sich im Laufe der Jahre zunehmend. Schließlich kommt es zu kleineren Infarkten im Gehirn. Häufig wird die Erkrankung erst erkannt, wenn mehrere solcher Schlaganfälle auftreten.

Die Hirninfarkte schädigen schließlich die weiße Substanz des Großhirns und führen zu Demenz mit entsprechenden Symptomen. Damit zählt die Erkrankung zu den vaskulären Demenzen, bei denen Durchblutungsstörungen für Schäden an Nervenzellen verantwortlich sind.

Häufigkeit von CADASIL

CADASIL betrifft Schätzungen zufolge etwa fünf von 100.000 Menschen. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.

Vererbung von CADASIL

Bei Menschen mit CADASIL liegt eine Veränderung (Mutation) auf einem Gen vor. In der Regel besitzt jeder Mensch zwei Varianten (Allele) eines Gens. Im Fall von CADASIL reicht es aus, wenn eine der beiden Varianten fehlerhaft ist, damit die Erkrankung in Erscheinung tritt. Bekommt ein Kind also die fehlerhafte Variante von einem Elternteil vererbt, wird es selbst ebenfalls an CADASIL erkranken.

Das ist vor allem für die Nachkommen von Betroffenen wichtig zu wissen. Ist ein Elternteil von CADASIL betroffen und eines nicht, besteht ein Risiko von 50 Prozent, dass das Kind CADASIL bekommt. Denn in der Regel haben betroffene Personen ein verändertes Allel und ein gesundes, sodass sie die Krankheit mit 50 Prozent weitergeben.

Fast immer ist ein Elternteil einer betroffenen Person ebenfalls erkrankt. Neumutationen kommen nur sehr selten vor.

Seltenere Form: Was ist CARASIL?

CADASIL wird dominant vererbt und kommt daher häufiger vor als der rezessiv vererbte Gendefekt CARASIL, der noch schwerwiegender ist und sich bereits im Alter zwischen 20 und 30 Jahren mit Gangstörungen und fortschreitender Wesensveränderung bemerkbar macht. Bei einem rezessiven Erbgang muss die Veränderung zweifach vorliegen, also in der Regel jeweils von Mutter und Vater weitergegeben werden, damit sie beim Kind in Erscheinung tritt.

CARASIL geht außerdem mit vorzeitigem Haarverlust, einer Degeneration der Knochen in der Wirbelsäule und einem schrittweisen Verlust der Gehirnfunktion einher. Die Betroffenen sterben meist innerhalb von fünf Jahren nach Auftreten der ersten Beschwerden.

Symptome und Verlauf von CADASIL

Die ersten Beschwerden in Zusammenhang mit CADASIL treten meist im mittleren Lebensalter auf. Dazu gehören:

  • Migräne: Bei etwa der Hälfte der Betroffenen sind migräneartige Kopfschmerzen ein frühes Symptom. Sie treten um das 30. Lebensjahr herum in Erscheinung und gehen häufig mit einer Aura einher. Das bedeutet, dass die Migräne von neurologischen Symptomen wie Sehstörungen begleitet wird.

  • Ischämische Schlaganfälle: Etwa ab dem 45. bis 50. Lebensjahr kommt es zu wiederholten Schlaganfällen, die ischämisch bedingt sind, also durch einen Mangel an Durchblutung verursacht.

  • Neurologische und motorische Störungen: In der Folge können Schwierigkeiten beim Gehen, Sehen, Schlucken und Kauen auftreten. Auch Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühle sind möglich. 

  • Demenz: Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Verlangsamung, Apathie und Persönlichkeitsveränderungen sind Symptome der durch die Schlaganfälle bedingten, vaskulären Demenz. 

  • Psychische Symptomatik: Es können Depression und bipolare Störungen auftreten. Außerdem sind Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Ängste und Verwirrung möglich.

  • Reversible akute Enzephalopathien: Einige Betroffene erfahren Episoden mit Fieber, epileptischen Anfällen und Bewusstseinsstörungen. Im schlimmsten Fall kann Bewusstlosigkeit eintreten, das sogenannte "CADASIL-Koma".

Verlauf und Lebenserwartung von CADASIL

Der Abbau der kognitiven Fähigkeiten schreitet mit zunehmendem Alter und den auftretenden Schlaganfällen voran. Die Schwere der Symptome und der Verlauf der Krankheit sind von Fall zu Fall unterschiedlich. Während einige Betroffene bereits früh körperlich und geistig eingeschränkt sind, leben andere bis ins hohe Alter beschwerdefrei.

In den meisten Fällen führt CADASIL jedoch zum Verlust der Gehfähigkeit und schließlich zu Bettlägerigkeit. Die meisten Betroffenen sterben im Alter von etwa 55 bis 75 Jahren an den Folgen ihrer Erkrankung.

Wie wird CADASIL festgestellt?

Drei verschiedene Verfahren sind wichtig für die Diagnostik von CADASIL:

  • Kerspintomographie (MRT): Schon Jahre, bevor sich die ersten Symptome bemerkbar machen, lassen sich mithilfe des bildgebenden Verfahrens Veränderungen im Gehirn sichtbar machen.
  • Molekulargenetische Untersuchung: Zu 100 Prozent kann die Erkrankung in einer molekulargenetischen Untersuchung des Blutes durch Veränderungen auf dem NOTCH3-Gen nachgewiesen werden. Diese ist allerdings sehr aufwändig und wird nur in speziellen Laboren durchgeführt.
  • Hautbiopsie: CADASIL verursacht bestimmte Gefäßveränderungen, die sich nicht nur in den Gehirngefäßen finden, sondern auch in den kleinen Gefäßen der Haut. Da diese leichter zugänglich sind, greifen Fachleute beim Nachweis von CADASIL alternativ oder ergänzend zur molekulargenetischen Untersuchung auf eine Hautbiopsie zurück. Dafür wird unter örtlicher Betäubung ein Stück Haut aus Oberarm oder Oberschenkel geschnitten und die Wunde anschließend vernäht.  Lassen sich entsprechende Veränderungen nachweisen, ist dies ein Nachweis für die Erkrankung.

Lässt sich CADASIL behandeln?

Eine ursächliche Therapie existiert für CADASIL nicht. Die Erkrankung ist derzeit nicht heilbar. Es ist jedoch möglich,

  • die Symptome zu reduzieren und
  • den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen.

Symptomatische Behandlung mit Medikamenten

Gegen die migräneartigen Kopfschmerzen können Schmerzmittel eingenommen werden, wobei Präparate mit Ergotamin vermieden werden sollten. Liegen Depressionen oder Gedächtnisstörungen vor, können auch hiergegen entsprechende Mittel verabreicht werden.

Gegebenenfalls können blutverdünnende Medikamente wie Acetylsalicylsäure das Risiko für erneute Schlaganfälle senken. Die Einnahme sollte jedoch in jedem Fall ärztlich abgesprochen werden.

Weitere Therapiemöglichkeiten

Betroffene können eventuell auch von einer Physio- oder Ergotherapie oder einer Logopädie profitieren. Außerdem sollten Blutdruck, Cholesterinwerte und Blutzuckerwerte regelmäßig überprüft werden.

Was können Betroffene selbst tun?

Besonders wichtig ist, dass Menschen mit CADASIL alle äußeren schädlichen Einflüsse auf die Blutgefäße so gering wie möglich halten.

Betroffene sollten:

  • nicht rauchen
  • möglichst wenig Alkohol trinken
  • sich ausgewogen ernähren
  • Übergewicht vermeiden
  • sich regelmäßig körperlich bewegen
  • ausreichend trinken

Für Frauen ist die Antibabypille ein möglicher Risikofaktor.