Ein kleines Mädchen wird geimpft.
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Impfaufklärung

Von: Onmeda-Redaktion, Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 13.10.2021

Einige Menschen sind durch widersprüchliche Informationen zum Nutzen und Risiko von Schutzimpfungen unsicher, ob sie sich und ihr Kind impfen lassen sollten oder nicht. Eine ausführliche Impfaufklärung durch den Impfarzt kann dann helfen, alle Fragen zu tatsächlichen oder vermeintlichen Impfrisiken zu klären.

Überblick

Impfungen sind eine der wirksamsten Maßnahmen zum Schutz vor Infektionskrankheiten. Dennoch besteht beim Impfen ein gewisses Impfrisiko – und viele Menschen schrecken aus Angst vor einem Impfschaden davor zurück, sich oder ihre Kinder impfen zu lassen. Tatsächlich ist jedoch heutzutage das Impfrisiko gering: Früher auftretende Impfkomplikationen waren überwiegend die Folge von Impfungen, die inzwischen nicht mehr zum Einsatz kommen. Die modernen Impfstoffe sind sicherer und verträglicher – dank der bei ihrer Entwicklung, Herstellung und Kontrolle erzielten Fortschritte.

Es liegt dennoch in den Händen jedes einzelnen, das Impfrisiko für sich und seine Kinder abzuwägen. Eine Impfaufklärung, auch durch den Kinderarzt, kann ihnen dies erleichtern.

Bei der Impfaufklärung ist die Patientenaufklärung über Impfrisiken ebenso wichtig wie die Aufklärung über das weitaus größere Risiko, nicht geimpft zu sein.

Unterlassen Ärzte die Impfaufklärung, dann haften sie für entstehende Schäden. Diese Arzthaftung führte in kinderärztlichen Kreisen zu Unsicherheit darüber, in welcher Form die ärztliche Aufklärung zu erfolgen hat und wie weit sie gehen muss. Am 15.02.2000 hat der Bundesgerichtshof (BGH) hierzu weitgehend Klarheit geschaffen. Die Kernaussagen des entsprechenden Urteils (Aktenzeichen: VI ZR 48/99) lauten:

  1. Die aktuellen Empfehlungen der STIKO sind medizinischer Standard.
  2. Die empfohlenen Schutzimpfungen im Säuglings- und Kleinkindalter sind Routinemaßnahmen. Daher muss die Ärztin/der Arzt den Eltern bei der Aufklärung keine Bedenkzeit einräumen: Die Impfung kann am gleichen Termin wie die Impfaufklärung stattfinden. Ohne besondere Umstände können Impfärzte darauf vertrauen, dass das Einverständnis eines Elternteils auch für das andere gilt.
  3. Die Impfaufklärung darf per Merkblatt erfolgen, jedoch müssen die Impfärzte immer noch ein Beratungsgespräch anbieten. Die Aufklärungspflicht gilt für alle spezifischen Risiken – gleichgültig, wie selten sie sind. Jedoch genügt eine Information im Großen und Ganzen ohne tiefer gehende Einzelheiten. Die Eltern müssen das Merkblatt nicht unterschreiben.
  4. Bei der zweiten Impfung mit dem gleichenImpfstoff im Rahmen einer Grundimmunisierung ist keine erneute Impfaufklärung erforderlich.

Impfaufklärung per Merkblatt

Eine Impfaufklärung kann per Merkblatt erfolgen, auf dem unerwünschte Wirkungen von Impfungen aufgeführt sind. Solche Nebenwirkungen unterteilt man in unterschiedliche Kategorien. Auf einem Merkblatt zur Impfaufklärung sollten die beiden folgenden Kategorien von Nebenwirkungen zu finden sein, deren ursächlicher Zusammenhang mit Impfungen als gesichert bis überwiegend wahrscheinlich gilt:

  • Örtliche und allgemeine Reaktionen, die nachweislich Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff sind (diese Impfreaktionen zeigen also nur, dass das Immunsystem dank der Impfung begonnen hat, einen Impfschutz aufzubauen). Beispiele für solche Impfnebenwirkungen sind:
  • Komplikationen, also Symptome oder Krankheiten, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung auftreten können. Beispiele für Impfkomplikationen sind:

Video: 4 Impfmythen im Check

Vielleicht haben Sie etwas über Impfrisiken gehört oder gelesen, die Sie auf dem zur Impfaufklärung erhaltenen Merkblatt nicht finden. Dann kann es sich um Informationen über Einzelfallberichte, Studien ohne ausreichende Ergebnisse oder Vermutungen und unbewiesene Behauptungen über Erkrankungen beziehungsweise Krankheitserscheinungen im zeitlichen Zusammenhang mit bestimmten Impfungen handeln, denn: Solche ungesicherten oder vermeintlichen Impffolgen müssen bei einer Impfaufklärung per Merkblatt nicht aufgeführt sein. Haben Sie Fragen dazu, können Sie diese aber in einem Gespräch mit Ihrem Arzt klären. Nicht unbedingt auf einem Merkblatt zu finden sind folgende Kategorien:

  • Krankheiten/Symptome in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung, sodass der zeitliche Zusammenhang von Impfung und Krankheit oder Krankheitserscheinung genauso ein Zufall sein könnte. Beispiele für solche unbewiesenen Impffolgen sind:
  • Hypothesen und unbewiesene Behauptungen, nach denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestimmten Impfung und einer bestimmten Krankheit besteht, wobei qualifizierte Studien keinen Beweis hierfür finden konnten. Beispiele für solche vermeintlichen Impfschäden sind:

Wann nicht impfen?

Schutzimpfungen gehören zu den bedeutendsten und wirkungsvollsten vorbeugenden Maßnahmen in der Medizin: Gegen einige besonders schwere Krankheiten stehen Impfstoffe zur Verfügung, die den Geimpften Immunität verleihen. Das bedeutet: Wer ausreichend geimpft ist, kann sich mit diesen Krankheiten nicht mehr anstecken.

Daher ist grundsätzlich für alle Menschen ein ausreichender Impfschutz empfehlenswert. Nur in bestimmten Situationen ist es nötig, einen Impftermin zu verschieben oder ganz auf eine Impfung zu verzichten. Viele machen sich allerdings falsche Vorstellungen darüber, wann es nicht erlaubt ist, zu impfen.

Beispiele für solche Irrtümer sind:

  • Alltägliche Infekte: Selbst wenn bei einem solchen Infekt die Temperatur leicht erhöht ist (bis 38,5 °C), sind Schutzimpfungen möglich.
  • Kontakt mit Kranken: Wer möglicherweise Kontakt zu Menschen mit ansteckenden Krankheiten hatte, kann sich trotzdem impfen lassen.
  • Bestimmte Medikamente: Wer Antibiotika einnimmt oder gerade in Behandlung mit niedrig dosierten Kortikosteroiden oder örtlich angewendeten steroidhaltigen Mitteln ist, kann sich impfen lassen.
  • Hautkrankheiten oder örtliche Hautinfektionen: Wenn die Haut an manchen Stellen entzündet ist, Ekzeme oder andere krankhafte Veränderungen aufweist, ist dennoch (auch beim Säugling) eine Impfung möglich. Nur wenn ein Kind gerade einen schweren Neurodermitis-Schub durchmacht, ist es ratsam, die Impfung zu verschieben. Bleibt das Hautbild jedoch Wochen oder gar Monate unverändert schlecht, sind Schutzimpfungen dann trotz Schub zu empfehlen.
  • Krampfanfälle in der Familie: Diese sind keine Gegenanzeige für Impfungen.
  • Frühgeburt: Es ist ratsam, Frühgeborene entsprechend dem empfohlenen Impfalter zu impfen – unabhängig vom Geburtsgewicht.
  • Neugeborenen-Gelbsucht: Für Neugeborene mit ("normaler") Gelbsucht (Ikterus) sind die empfohlenen Impfungen kein Problem.
  • Schwangerschaft der Mutter: Ein Kind zu impfen, dessen Mutter schwanger ist, stellt weder ein Risiko für die Mutter noch für das Ungeborene dar.
  • Stillzeit: Allgemein können sich stillende Mütter bedenkenlos impfen lassen.
  • Chronische Erkrankungen: Die allgemeinen Impfempfehlungen gelten auch für chronisch kranke Menschen, da bei ihnen das Risiko für schwere Verläufe und Komplikationen von Krankheiten, die durch eine Schutzimpfung zu vermeiden wären, besonders hoch ist.

Akute Erkrankungen, Allergien, Immunstörungen

Ob und wann es nicht ratsam ist, sich impfen zu lassen, hängt vor allem vom Gesundheitszustand ab. Gegen eine Impfung sprechen zum Beispiel akute Erkrankungen. Solange eine akute Erkrankung besteht, die eine Behandlung nötig macht, ist es ratsam, sich nicht impfen zu lassen.

Einen Sonderfall bildet die sogenannte postexpositionelle Impfung – das ist eine vorbeugende Impfung, die direkt nach einer (möglichen) Ansteckung mit Krankheitserregern erfolgt und den Ausbruch der Erkrankung verhindern oder zumindest deren Verlauf abschwächen soll. Postexpositionelle Impfungen kommen beispielsweise oft gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) oder auch gegen Tollwut zum Einsatz.

Auch banale Infektionen wie eine leichte Erkältung sind kein Grund, geplante Impfungen zu verschieben: Wenn die Körpertemperatur nicht mehr als 38,5 Grad Celsius beträgt, das Allgemeinbefinden nicht oder kaum beeinträchtigt ist und sowohl Krankheitsgeschichte als auch Beschwerden gegen den Beginn einer schweren Erkrankung sprechen, kann und sollte die Impfung erfolgen. Vorangegangene Fieberkrämpfe beim Impfling sind ebenfalls keine Gegenanzeige für Impfungen.

Lesetipp:Darf man Schmerzmittel wie Ibuprofen oder ASS nach einer Impfung einnehmen?

Allergien

Weitere Gründe, sich nicht impfen zu lassen, können unter Umständen Allergien sein. Impfstoffe enthalten neben dem eigentlichen Wirkstoff verschiedene Zusätze wie Stabilisatoren, Antibiotika oder Verstärkerstoffe (Hilfsstoffe). Diese können allergische Reaktionen auslösen.

Sind Sie beispielsweise gegen Hühnereiweiß allergisch, vertragen Sie keine Impfstoffe, die Hühnereiweiß enthalten. Wenn Sie oder Ihre Kinder nach einer Impfung mögliche Anzeichen einer Allergie (wie z.B. Schwellungen, Atembeschwerden oder allergischer Schock) entwickeln, teilen Sie dies unbedingt Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin mit.

Video: 4 Impfmythen im Check

Immunstörungen

Eine Immunstörung bedeutet nicht grundsätzlich, dass man nicht impfen darf. Allerdings sollten bei Menschen mit Immunstörungen nach Möglichkeit keine Lebendimpfstoffe zur Impfung zum Einsatz kommen. Das betrifft Menschen, die HIV oder Tumoren haben oder Medikamente einnehmen, die das Immunsystem künstlich unterdrücken (z. B. nach einer Transplantation oder bei Autoimmunerkrankungen).

Schwangerschaft

Grundsätzlich gilt, dass sich schwangere Frauen nach Möglichkeit nicht impfen lassen sollten. Aber: Während der Schwangerschaft sind Totimpfstoffe (mit Ausnahme des Impfstoffs gegen Cholera) bei Bedarf erlaubt: Nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko für Mutter und ungeborenes Kind können sich Arzt oder Ärztin daher in Ausnahmefällen für eine Impfung mit einem Totimpfstoff aussprechen.

Manche Impfungen mit Totimpfstoffen sind bei Schwangeren sogar nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich empfohlen – und zwar:

  • die Impfung gegen Tetanus (Wundstarrkrampf), wenn kein ausreichender Impfschutz besteht,
  • die Grippeimpfung mit dem üblichen saisonalen Impfstoff, weil die Grippe bei Schwangeren mit einem deutlich höheren Risiko für Komplikationen verbunden ist, und
  • die Tollwutimpfung, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Schwangere mit dem Tollwuterreger in Kontakt gekommen ist.

Mit den meisten Lebendimpfstoffen darf man schwangere Frauen hingegen nicht impfen. Von diesem Verbot ausgenommen sind die Typhus-Schluckimpfung und die Gelbfieberimpfung, die bei Bedarf auch während der Schwangerschaft zum Einsatz kommen können. Die per Spritze verabreichten Lebendimpfstoffe gegen verbreitete Krankheiten wie Masern, Mumps und Röteln sowie gegen Windpocken sind jedoch keinesfalls erlaubt.

Wenn sich eine Schwangere ohne ausreichenden Impfschutz mit Röteln oder Windpocken ansteckt, ist das allerdings auch für das Ungeborene ein Risiko. Darum ist es wichtig, dass Sie – wenn Sie einen Kinderwunsch haben – Ihren Impfschutz prüfen und (falls notwendig) vor einer geplanten Schwangerschaft auffrischen lassen. Am besten ist es, sich mindestens drei Monate vor der Schwangerschaft impfen zu lassen.

Aufgepasst: Für die Frage, wann man ein Baby oder älteres Kind impfen darf oder nicht, spielt die Schwangerschaft der Mutter keine Rolle: Schwangere Frauen können ihre Kinder bedenkenlos mit jedem empfohlenen Impfstoff impfen lassen.