Das Bild zeigt Melisse.
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Melisse

Von: Onmeda-Redaktion, Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022 - 09:01 Uhr

Die Melisse – wegen ihres starken Geruchs nach Zitrone auch Zitronenmelisse genannt – ist nicht nur eine bekannte Gewürzpflanze, sondern kommt in Europa auch schon lange als traditionelle Heilpflanze zum Einsatz.

Allgemeines

Die Melisse, deren botanischer Name Melissa officinalis lautet, ist eine ausdauernde Pflanze mit einer Höhe von bis zu 90 Zentimetern. Zerreibt man ihre eiförmigen Blätter zwischen den Fingern, entsteht der charakteristische Zitronengeruch. Die Blüten der Zitronenmelisse sind weiß oder gelblich gefärbt und sitzen als Scheinquirle in den Blattachseln.

Beheimatet war die Zitronenmelisse ursprünglich in den östlichen Mittelmeerländern und Westasien, mittlerweile hat sie jedoch auch in Mittel-, West- und Osteuropa Einzug gehalten: als angebaute Gewürz- und Heilpflanze, aber teils auch verwildert. Schon in der Antike verwendeten sowohl die alten Griechen als auch die Römer die Melisse zu medizinischen Zwecken. Damals fiel auch ihre große Anziehungskraft auf Bienen auf, nach der die Pflanze benannt ist (griech. Melissa = Honigbiene).

Nach Deutschland gelangte die Melisse im Mittelalter, wo die Menschen sie zunächst auf Anordnung von Karl dem Großen in Klostergärten anbauten, später auch in Bauerngärten. Die heilige Hildegard von Bingen nannte die Zitronenmelisse "Bienenauge" und rühmte die Pflanze, die "das Herz freudig macht".

Den auch heute noch beliebten Melissengeist preisten im Jahr 1611 erstmalig französische Mönche als Geheimmittel an. Die Melisse kam unter anderem äußerlich bei offenen Wunden, Geschwüren, neuralgischen Schmerzen und Rheumatismus zum Einsatz. Der mittelalterliche Name Mutterkraut deutet auf die damals breite Anwendung der Zitronenmelisse in der Frauenheilkunde hin: Mit ihren krampflösenden Eigenschaften sollte sie gegen Unterleibsbeschwerden, aber auch gegen Erbrechen in der Schwangerschaft helfen.

In der Küche dient die Zitronenmelisse zum Würzen von Süßspeisen und Getränken. Medizinisch finden die vor der Blüte gesammelten Blätter und das daraus gewonnene ätherische Öl Verwendung. In Deutschland sind derzeit verschiedene Melissen-Präparate als traditionelle pflanzliche Arzneimittel registriert und auf dem Markt zugelassen – zum Beispiel zur Zubereitung von Melissentee oder in Form von Dragees.

Wirkung und Inhaltsstoffe

Dass die Melisse eine medizinische Wirkung hat, geht auf ihr ätherisches Öl und auf weitere Inhaltsstoffe der Melissenblätter zurück: Hierzu gehören unter anderem Gerbstoffe, Bitterstoffe, Flavonoide und Rosmarinsäure.

Das ätherische Öl der Melisse hat eine krampflösende, verdauungsfördernde und beruhigende Wirkung. Darüber hinaus hemmt es das Wachstum von Viren, besonders von Herpeserregern. Außerdem ist das ätherische Öl der Zitronenmelisse (aufgrund seiner Inhaltsstoffe Zitral und Zitronellal) für den zitronenartigen Geruch der Melissenblätter verantwortlich.

Die Bitterstoffe der Melisse regen die Magen- und Gallensaftproduktion an, was eine appetitsteigernde Wirkung hat. Des Weiteren können einzelne Inhaltsstoffe der Heilpflanze womöglich die Aktivität des SchilddrüsenhormonsTSH hemmen. Es liegen jedoch keine Hinweise vor, dass die Zitronenmelisse in ihrer traditionellen Verwendung eine gesundheitsschädliche Wirkung haben könnte.

Anwendungsgebiete

Die Melisse hat verschiedene traditionelle Anwendungsgebiete: Die Menschen in Europa nutzen die Zitronenmelisse seit langer Zeit als Heilpflanze (in Form von Tee, Pulver oder Auszügen aus Melissenblättern) – vor allem, um:

  • leichte Symptome psychischer Belastungen zu lindern
  • Schlaf zu fördern
  • leichte Magen-Darm-Beschwerden zu behandeln

Entsprechend kommt die Melisse häufig bei leichteren Störungen des Allgemeinbefindens infolge von Stress und als Einschlafhilfe zum Einsatz. Zur Behandlung von Einschlafstörungen lässt sich die Zitronenmelisse auch mit anderen beruhigenden Pflanzen (z.B. Hopfen und Baldrian) kombinieren. Außerdem eignet sich die Melisse für empfindliche Menschen mit nervösen Magen-Darm-Beschwerden (wie Völlegefühl und Blähungen) – auch in Kombination mit Pfefferminze. In der Aromatherapie soll Melissenöl bei Unruhezuständen und Schlaflosigkeit helfen.

Allerdings basiert die traditionelle Verwendung der Melisse innerhalb dieser Anwendungsgebiete ausschließlich auf langjähriger Erfahrung. Die vorliegenden Daten reichen nicht aus, um die Wirksamkeit der Melissenblätter wissenschaftlich hinreichend zu belegen und von einer bereits etablierten medizinischen Anwendung zu sprechen. Der traditionelle Nutzen der Zitronenmelisse ist aber gut dokumentiert.

Dosierung und Anwendung

Bei der Melisse ist die Dosierung je nach Art der Anwendung unterschiedlich: Medizinische Verwendung findet die Melisse als Tee aus zerkleinerten Blättern, als Pulver (z.B. in Dragees), Flüssigextrakt oder Tinktur (mit Ethanol als Extraktionsmittel) sowie als Trockenextrakt (mit Wasser oder Ethanol als Extraktionsmittel).

In Deutschland sind verschiedene Einzelpräparate (d.h. mit Melisse als einziger Droge) verfügbar, die als traditionelle pflanzliche Arzneimittel registriert sind: Deren Anwendung erfolgt ausschließlich über den Mund. Außerdem sind mehrere Kombinationspräparate (die neben der Zitronenmelisse weitere Heilkräuter enthalten) auf dem Markt. Angaben zur jeweiligen Dosierung finden sich in oder auf den Packungen.

Bei der Anwendung von Melisse als Melissentee gilt für Jugendliche über 12 Jahre und Erwachsene folgende Dosierung als empfehlenswert:

  • 2 bis 4 Teelöffel (1,5 bis 4,52 g) Melissenblätter mit einer Tasse (150 ml) kochendem Wasser übergießen und zehn Minuten ziehen lassen.
  • 1 bis 3 Tassen täglich trinken.

Hinweise

Wer die Melisse als Heilpflanze verwenden möchte, sollte zunächst Folgendes beachten: Es liegen zwar keine Hinweise vor, dass der traditionelle Gebrauch von Zitronenmelisse gesundheitsschädlich sein kann – dennoch ist es nicht zu empfehlen, Kinder unter 12 Jahren mit der Heilpflanze zu behandeln. Auch während der Schwangerschaft und Stillzeit ist von einer Behandlung mit Melisse abzuraten, da die Sicherheit der Heilpflanze bislang nicht ausreichend untersucht ist.

Bei der Einnahme von Melisse sind keine unerwünschten Nebenwirkungen bekannt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass Zitronenmelisse – besonders in hohen Dosierungen – die Reaktionsfähigkeit und damit die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigen kann.

Da Bestandteile der Melisse womöglich die Aktivität des SchilddrüsenhormonsTSH hemmen können, ist es für Menschen mit einer behandlungsdürftigen Schilddrüsenerkrankung ratsam, Zubereitungen aus der Heilpflanze nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt einzunehmen.

Wichtig ist auch: Wenn sich Ihr Zustand trotz einer Behandlung mit Melisse auch nach zwei Wochen nicht gebessert hat, suchen Sie einen Arzt auf, um die Beschwerden abklären zu lassen!