Schwangere sitzt im Schneidersitz vor dem Laptop.
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Der Geburtsort

Von: Onmeda-Redaktion, Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 29.12.2021 - 12:21 Uhr

Die Geburtsvorbereitung beginnt lange vor dem Entbindungstermin. Dabei gilt es unter anderem, den Geburtsort zu wählen. Hier stehen schwangere Frauen vor der Qual der Wahl: Entbinden können sie in einer Klinik, einem Geburtshaus oder zu Hause – aber wo sind Mutter und Kind während der Geburt am besten aufgehoben?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Allgemeines

Egal, welchen Geburtsort Sie am Ende wählen – in jedem Fall kann Ihnen in jeder Phase der Geburt eine Hebamme zur Seite stehen: Hebammen bieten der werdenden Mutter (und gegebenenfalls auch dem Vater) Hilfestellung und können in den Geburtsverlauf eingreifen, wenn dies erforderlich ist. Jede schwangere Frau kann Hebammenhilfe in Anspruch nehmen – nicht nur bei der Entbindung, sondern schon während der Schwangerschaft sowie zur Nachsorge im Anschluss an die Entbindung und während derStillzeit. Die Kosten hierfür tragen die gesetzlichen Krankenkassen.

Hebammen betreuen Geburten an jedem Geburtsort – also sowohl in der Klinik als auch im Geburtshaus oder zu Hause:

  • In einer Klinik arbeiten Hebammen angestellt im Schichtdienst; manche Kliniken bieten Schwangeren auch die Möglichkeit, sich durch eine freiberufliche Beleghebamme ihrer Wahl begleiten zu lassen. Beleghebammen betreuen die Frauen während der Schwangerschaft, bei der Klinikgeburt und im Wochenbett. Findet in der Klinik eine ambulante Entbindung statt, kann die frisch gebackene Mutter schon wenige Stunden nach der Geburt wieder nach Hause gehen, wo die Hebamme sie dann weiter betreut.
  • Bei einer Entbindung im Geburtshaus oder einer Hausgeburt betreuen Hebammen eigenverantwortlich normal verlaufende Geburten – vorausgesetzt, es gab während der Schwangerschaft keine Probleme, die eine Klinikgeburt nötig machen. Treten während der Geburt Komplikationen auf, ist eine Verlegung ins Krankenhaus ratsam.

Wo auch immer Sie entbinden möchten – ob Sie in der Klinik, im Geburtshaus oder zu Hause: Jeder Geburtsort bietet Vorteile, aber auch Nachteile. Wo Sie sich am besten aufgehoben fühlen, können Sie letztendlich nur für sich alleine entscheiden. Bei der Wahl des Geburtsorts können Sie sich durch Hebammen und Frauenärzte beraten lassen und mit ihnen prüfen, ob eine Entbindung außerhalb einer Klinik überhaupt infrage kommt. Setzen Sie sich so früh wie möglich mit einer Hebamme in Verbindung, wenn Sie sich für Hebammenhilfe interessieren oder gar eine Hausgeburt planen.

Die Klinikgeburt

Viele Schwangere wünschen sich einen Geburtsort ohne Klinikatmosphäre – trotzdem ist die Klinikgeburt weit verbreitet: Die meisten Frauen in Deutschland (weit über 90%) entbinden in einer Klinik, wo bei unvorhergesehenen Komplikationen ärztliche Gegenmaßnahmen am schnellsten möglich sind.

Daher gilt die Klinikgeburt als am sichersten für Mutter und Kind.

Bei einer Klinikgeburt stehen alle Möglichkeiten der modernen Medizin bereit – treten während der Geburt eines Kindes Komplikationen auf, können Ärzte sofort reagieren. Sie und Ihr Baby erhalten in einer Klinik rund um die Uhr – vor, während und nach der Geburt – eine optimale medizinische Versorgung. Der Klinikaufenthalt ist unterschiedlich lang – im Durchschnitt bleiben Sie ...

  • nach einer Entbindung ohne Komplikationen vier Tage und
  • nach einem Kaiserschnitt bis zu sieben Tage in der Klinik.

Wer sich für eine Klinik als Geburtsort entscheidet, muss aber nicht zwangsläufig einen mehrtägigen Krankenhausaufenthalt beim Geburtstermin in Kauf nehmen: Viele Kliniken bieten auch eine ambulante Entbindung an. In diesem Fall können Sie, wenn die Klinikgeburt komplikationslos verläuft, schon wenige Stunden später mit Ihrem Baby die Klinik verlassen.

Besonders für Frauen mit einer Risikoschwangerschaft ist eine Klinik als Geburtsort ratsam. Aber auch viele Erstgebärende fühlen sich sicherer bei dem Gedanken, in einem gut ausgestatteten Klinikkreißsaal zu entbinden als in den eigenen vier Wänden oder im Geburtshaus, wo in der Regel kein Arzt anwesend ist. Nachteil einer Klinikgeburt ist, dass Sie womöglich die Hebamme, die Ihnen bei der Entbindung zur Seite steht, nicht kennen. Dauert die Geburt länger, kann sogar währenddessen ein Schichtwechsel erfolgen, sodass Sie eine neue, aber ausgeruhte Hebamme bekommen.

Bevor Sie sich für eine Klinik als Geburtsort entscheiden, können Sie bei verschiedenen Einrichtungen in Ihrer Nähe vorbeischauen, um die Ausstattung der Geburtenstation und des Kreißsaals zu vergleichen. Gespräche mit Frauen, die dort schon entbunden haben, können Ihnen bei Ihrer Entscheidung helfen. Außerdem ist ein guter Kontakt zum Klinikpersonal wichtig, damit Sie sich während der Klinikgeburt wohl fühlen und sich fallen lassen können.

Nicht zuletzt können Sie sich vor einer Klinikgeburt erkundigen, welche Hebammen in Ihrer Gegend als sogenannte Beleghebamme in einer Klinik Geburten begleiten. So können Sie sicher sein, am Geburtsort eine Hebamme bei sich zu haben, die Sie kennen und bei der Sie sich sicher fühlen.

Die Hausgeburt

Der übliche Geburtsort zu Beginn des letzten Jahrhunderts war das eigene Zuhause. Aber auch heutzutage wünschen sich rund zwei Prozent aller werdenden Mütter eine Hausgeburt, weil sie sich in der heimischen Umgebung geborgener fühlen als in einer Klinikumgebung.

Bei einer komplikationslos verlaufenen Schwangerschaft sind die eigenen vier Wände als Geburtsort geeignet: Dann kann die Hausgeburt mit einer guten Geburtsvorbereitung ein schönes Erlebnis für alle Familienmitglieder werden. Die vertraute Atmosphäre bei einer Geburt im eigenen Zuhause wirkt auf viele Gebärende entspannend – und auch das Baby erfährt sofort nach der Entbindung eine intensive Bindung zu den Eltern und eventuell vorhandenen Geschwistern.

Bei der Geburtsvorbereitung gilt es, unter anderem Folgendes zu beachten: Wenn Sie Ihr Baby zu Hause zur Welt bringen möchten, ist es ratsam, dass Sie vor dem Geburtstermin Ihre Nachbarn informieren, damit Sie ungestört bleiben. Zur Vorbereitung einer Hausgeburt sollten Sie außerdem frühzeitig eine erfahrene Hebamme suchen: Diese kann Sie bei Ihrer Entbindung am besten unterstützen. Bedenken Sie bei der Auswahl des Raums für die Geburt auch, dass ein kurzer Weg vom Geburtsort zu Bad und WC sehr wichtig ist. Zudem benötigen Sie für die Hausgeburt:

  • ein bequemes Sitzmöbel, das sich nach Bedarf in eine Liege verwandeln lässt,
  • einen Behälter für den Mutterkuchen (Plazenta),
  • eine Wärmelampe für das Baby und
  • wasserfeste Unterlagen.

Fragen Sie Ihre Hebamme nach einem Gebärhocker: Dieser speziell konstruierte Stuhl erleichtert Ihnen das Sitzen während der verschiedenen Phasen der Geburt. Des Weiteren ist es bei der Hausgeburt wichtig, dass Sie das Telefon griffbereit halten, damit Sie im Notfall sofort einen Arzt zum Geburtsort rufen können.

Bei der Entscheidung, wo Sie entbinden möchten, sind noch zwei Dinge zu bedenken: Erstens ist bei einer Hausgeburt keine schmerzlindernde PDA (= Periduralanästhesie) möglich. Wer auf diese Option nicht verzichten möchte, kommt um eine Klinik als Geburtsort nicht herum.

Zweitens ist die Klinik für Mutter und Kind der Geburtsort mit geringerem Risiko als das eigene Zuhause: In Deutschland kommt es bei fast jeder zehnten als Hausgeburt begonnenen Entbindung zu unvorhergesehenen Komplikationen (wie Blutungen, Geburtsstillstand oder Sauerstoffmangel beim Kind), die eine Verlegung der werdenden Mutter in eine Klinik notwendig machen. In mehr als der Hälfte dieser Fälle ist es dann erforderlich, das Kind per Kaiserschnitt oder mithilfe einer Saugglocke oder Zange zu holen. Und obwohl nur bei gesunden Frauen ohne Risiken eine natürliche Geburt im eigenen Zuhause infrage kommt, sind hier auch schwere Komplikationen beim Baby (wie Hirnschäden, Armlähmungen, Lungenprobleme oder Knochenbrüche) häufiger als bei Entbindungen in der Klinik.

Das Geburtshaus

Für alle Frauen, die weder eine Klinik als Geburtsort noch eine Geburt zu Hause wünschen, ist das Geburtshaus eine Alternative. Ein Geburtshaus ist eine meist von freiberuflichen Hebammen geleitete Einrichtung, wo Schwangere in persönlicher Atmosphäre entbinden und dabei eine intensive Betreuung genießen können.

Manche Geburtshäuser arbeiten mit Ärzten zusammen, um eine gute medizinische Absicherung zu gewährleisten. Im Vordergrund steht beim Entbinden im Geburtshaus immer die natürliche, nicht technisierte Geburt. Eine Hebamme betreut die werdende Mutter vor, während und nach der Entbindung intensiv und persönlich – am Geburtsort und zu Hause. Sie geht auf die individuellen Wünsche der Schwangeren ein und begleitet sie in allen Phasen, die wichtig für sie sind.

In jedem Fall ist auch das Geburtshaus ein Geburtsort, an dem beim Entbinden für die Sicherheit von Mutter und Kind gesorgt ist. Für den Notfall stehen in allen Einrichtungen Beatmungsgeräte für Neugeborene zur Verfügung – und der Weg zur nächsten Klinik ist nicht weit. Eine schmerzlindernde PDA (Periduralanästhesie oder Rückenmarkspritze), die den Unterleib der Mutter örtlich betäubt, ist im Geburtshaus allerdings nicht möglich.