Neugeborenes nach Wassergeburt
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Wassergeburt

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 29.09.2021

Viele Frauen stellen sich unter einer möglichst schmerzfreien, entspannten Geburt eine Wassergeburt vor. Tatsächlich kann das warme Wasser entspannend wirken und die Geburtsschmerzen in vielen Fällen lindern.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Allgemeines

Mittlerweile gibt es kaum mehr einen Kreißsaal ohne Gebärwanne. Viele Kliniken und Geburtshäuser verfügen inzwischen über ein spezielles Geburtsbecken und über auf diesem Gebiet erfahrene Ärzte und Hebammen. Jährlich nehmen fast 5.000 Schwangere, also mehr als vier Prozent aller werdenden Mütter, das Angebot einer Wassergeburt wahr.

Die Wassergeburt hat eine lange Geschichte. Viele Naturvölker schrieben dem Wasser eine heilende und entspannende Wirkung zu. Deshalb war es bei ihnen selbstverständlich, für eine Geburt ins Wasser zu gehen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich die medizinische Technik in der Geburtshilfe weiter und die Wassergeburt trat immer mehr in den Hintergrund. Seit einiger Zeit steigt die Beliebtheit aber wieder an.

Was spricht für eine Wassergeburt?

Befürworter der Wassergeburt propagieren, dass das Baby auf diese Weise einen leichteren und stressfreieren Start ins neue Leben erfährt. Aus der Geborgenheit der mit Fruchtwasser gefüllten Fruchtblase gleitet es ins warme Wasser und wird so behutsam auf seinen ersten Atemzug vorbereitet.

Vorteile einer Wassergeburt:
  • Die werdende Mutter kann optimal entspannen.
  • Es gibt weniger Dammschnitte oder -risse.
  • Es sind weniger Schmerzmittel nötig.

Was spricht gegen eine Wassergeburt?

Als Nachteile der Wassergeburt sehen Kritiker, dass es im Notfall länger dauert, bis die werdende Mutter oder das Kind medizinisch versorgt werden können, wenn die Frau zunächst aus der Wanne steigen muss, dass man Infektionen nicht gänzlich ausschließen kann und dass es zu Problemen kommen kann, wenn das Kind (in seltenen Fällen) noch unter Wasser den ersten Atemzug tut.

Tatsächlich gibt es bei Wassergeburten keine erhöhte Rate an Infektionen von Mutter oder Kind oder einer Aspiration (also Verschlucken oder Einatmen von Wasser).

Also besser Wassergeburt oder eine normale Geburt?

Ob die Schwangere im Wasser oder normal entbinden möchte, ist – von gesundheitlichen Faktoren abgesehen – zunächst ihr selbst überlassen. Für immer mehr Schwangere ist die entspannende Wirkung des warmen Wassers ein Grund, ihr Kind in der Wanne zu gebären. Das warme Bad entlastet die Mutter vom Gewicht des Bauchs, fördert die Entspannung und kann die Wehentätigkeit erleichtern.

Oft reicht es der Schwangeren auch, eine zeitlang die Gebärwanne zu nutzen, um dann das Baby außerhalb der Wanne zu gebären. In anderen Fällen soll die Wanne während der Geburt lediglich für Entspannung sorgen, doch dann kommt das Kind als Wassergeburt zur Welt, weil die Geburt in der Wanne einfacher und schneller fortschreiten konnte.

Es gibt aber auch Frauen, die sich im Wasser unwohl fühlen und daher eine andere Art der Geburt wählen.

Voraussetzungen für eine Wassergeburt

Eine Wassergeburt ist für Frauen geeignet, deren Schwangerschaft komplikationslos verläuft. Außerdem sollte vom Arzt ein geringes Risiko für die Geburt bescheinigt werden. Die Wassergeburt sollte aber nicht zuhause in der Badewanne erfolgen, sondern in einer Geburtsklinik oder einem Geburtshaus mit spezieller Geburtswanne. Diese Wanne hat einen tiefen Einstieg und idealerweise die Möglichkeit, regelmäßig Wasser zu- und ablaufen zu lassen. Ein Arzt oder eine Hebamme müssen die Wassergeburt überwachen. Außerdem muss eine zweite Person zur Unterstützung anwesend sein, falls die Schwangere die Wanne verlassen möchte oder muss.

Sollten Komplikationen auftreten, muss die Schwangere die Geburtswanne verlassen und das Kind außerhalb der Wanne zur Welt bringen.

Wann ist eine Wassergeburt möglich?

Eine Wassergeburt wird für gewöhnlich nur dann zugelassen, wenn folgende Faktoren ausgeschlossen werden können:

Die Schwangere sollte sich für die Wassergeburt mindestens in der 36. Schwangerschaftswoche befinden.

Wann darf keine Wassergeburt erfolgen?

Bei Kreislaufproblemen muss die Gebärende die Wanne verlassen – ohne Komplikationen ist die Zeit, die sie in der Wanne verbringen kann, unbegrenzt.

Auch wenn einer der genannten Faktoren zutrifft (Zwillinge, HIV der Mutter, ...), darf das Baby nicht im Wasser zur Welt kommen.

Ablauf einer Wassergeburt

Bei einer Wassergeburt liegt, sitzt oder hockt die Schwangere während der Eröffnungs- und Austreibungsphase in der sogenannten Gebärwanne, deren optimale Wassertemperatur zwischen 36 und 38°C liegt:

  • Die Gebärwanne bietet genügend Bewegungsfreiraum für alle Gebärpositionen, welche die Gebärende während des Geburtsvorgangs einnehmen möchte.
  • Arzt, Hebamme oder Partner können vom Beckenrand aus die Schwangere unterstützen.
  • Die Gebärwanne ermöglicht der Schwangeren für gewöhnlich einen einfachen, tiefen Einstieg. Häufig gibt es verschiedene Möglichkeiten für die werdende Mutter, sich festzuhalten, beispielsweise über Handgriffe am Wannenrand oder über kräftige Tücher, die von der Decke über der Wanne hängen.

Wann geht's ins Wasser?

Gewöhnlich steigt die Schwangere in der Eröffnungsphase ins warme Wasser. Das dient zum einen der Entspannung, außerdem kann es die Wehen verstärken und so die Geburt vorantreiben. In einigen Fällen bewirkt es jedoch das Gegenteil: Die Wehen lassen wieder nach oder verschwinden ganz. Die Schwangere kann in diesem Fall noch eine Weile (höchstens 30 Minuten) in der Wanne entspannen, die Geburt findet dann aber außerhalb der Wanne statt.

Wie läuft die Wassergeburt weiter ab?

Schreitet die Geburt in der Wanne voran, wird die Wassertemperatur mit der Zeit etwas nach unten reguliert. Das warme Wasser hilft vielen Schwangeren, mit den Geburtsschmerzen besser zurecht zu kommen. In dieser Phase ist es auch sinnvoll, die Wanne hin und wieder zu verlassen, um den Kreislauf anzuregen oder zur Toilette zu gehen.

Wie lange bleibt die Frau im Wasser?

Kurz vor der Austreibungsphase, in der sogenannten Übergangsphase, verlassen viele Frauen die Wanne, um sich vor dem Endspurt auszuruhen. Wenn sie im Wasser bleiben, ist es möglich, dass die Wehen jetzt noch einmal nachlassen – häufig dient das lediglich der Regeneration von Mutter und Kind, um noch einmal Kräfte für die Austreibungsphase zu sammeln.

Sobald das Baby geboren ist, heben Arzt oder Hebamme es an die Wasseroberfläche und legen es, mit dem Kopf über Wasser, auf den Bauch der frischgebackenen Mutter. Die Nabelschnur wird im Wasser durchtrennt. Während dieser Zeit, die Mutter und Kind noch im Wasser verbringen, wird das Neugeborene von einer weiteren Person (z.B. dem Partner) mit Wasser begossen, damit es nicht auskühlt.

Nach der Geburt steigt die frischgebackene Mutter mit Unterstützung aus der Wanne aus. Es ist wichtig, dass Mutter und Kind jetzt besonders warmgehalten werden, um nach dem Aufenthalt im Wasser nicht auszukühlen. Eine Möglichkeit ist, dass beide gemeinsam in ein großes Handtuch oder eine Decke gewickelt werden – so ist gleichzeitiges Bonding (also direkter Hautkontakt von Mutter und Kind) möglich.

Die Nachgeburt (Plazenta) wird in der Regel außerhalb der Wanne geboren, es ist aber auch möglich, dass auch die Plazentageburt im Wasser stattfindet.

Was ist mit PDA, CTG und Dammschnitten?

Um auch in der Wanne lückenlos die Wehenstärke und die kindliche Herzschlagfrequenz überwachen zu können, können kabellose Kardiotokographen (CTG) eingesetzt werden.

Dammrisse oder Dammschnitte sind bei einer Wassergeburt selten. Sollte dennoch ein Schnitt nötig sein, kann der Arzt oder die Hebamme diesen vom Beckenrand aus vornehmen.

Die Wehenschmerzen können bei einer Wassergeburt nicht per Spinalanästhesie oder Periduralanästhesie (PDA) gelindert werden.

Risiken einer Wassergeburt

Die Risiken, die bei einer Wassergeburt möglicherweise auftreten können, werden kontrovers diskutiert. Neben klaren Befürwortern der Wassergeburt gibt es auch absolute Gegner. Die größten Diskussionen betreffen die Frage, ob beim ersten Atemzug des Babys bei einer Wassergeburt Wasser in die Lunge gelangen kann.

Befürworter der Wassergeburt verweisen in diesem Zusammenhang auf den Tauchreflex, den das Baby bereits im Mutterleib entwickelt: Sobald die Gesichtshaut mit Wasser in Berührung kommt, verschließt sich die Luftröhre des Babys, sodass kein Wasser eindringen kann. Dieser Reflex besteht bis etwa vier Monate nach der Geburt. Der erste Atemzug hingegen wird erst ausgelöst, wenn das Gesicht mit Luft in Kontakt kommt.

Erst wenn das Kind sich in einer Stresssituation befindet, etwa weil der Sauerstoff knapp wird, kann der Reflex außer Kraft gesetzt werden und Wasser könnte in die Lunge eindringen. Wenn Arzt oder Hebamme den Kopf des Neugeborenen sofort nach der Geburt über die Wasseroberfläche heben, ist das aber unwahrscheinlich.

Die Risiken, dass sich Mutter oder Kind durch verschmutztes Wasser oder starke Blutungen der Mutter mit Krankheitserregern infizieren, werden als gering eingeschätzt.

Die Statistiken zeigen, dass es bei Wassergeburten keine erhöhte Rate an Infektionen oder Aspirationen (also Verschlucken oder Einatmen von Wasser) gibt.

Bei einer normal verlaufenden Wassergeburt ist der kritischste Moment der, in dem die Mutter das Wasser verlässt, da es hier häufig zu Kreislaufproblemen kommt. Darum ist es wichtig, dass immer zwei Personen die Mutter stützen, wenn sie aus der Wanne aussteigt.