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Strahlenbelastung CT

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  • Strahlenbelastung CT

    Sehr geehrter Prof. Wurst,
    ich hatte Anfang dieses Jahres eine 3-monatige, leider nie ganz geklärte Erkrankung, welche sich durch Atemnot, massive Magenbeschwerden, steifen Nacken, Schwindel und Fieber äußerte. Im Zuge dessen wurde Anfang des Jahres ein CT des Kopfes zum Ausschluss von Hirndruck vor einer Lumbalpunktion durchgeführt sowie 2x Thoraxröntgen, da sich im ersten ein leichter Emphysemaspekt zeigte, welcher sich dann in einer zweiten Aufnahme als harmlos herausstellte. Entdeckt wurde letztlich "nur" ein Reflux, dessen Behandlung mit PPI aber tatsächlich die Atemprobleme beseitigte. Die anderen Symptome stellten sich nach ca. 3 Monaten ein... Man einigte sich dann auf eine seltsam verlaufene Infektion zusammen mit dem Reflux.
    Wegen der mit der Krankheit einhergehenden Schwäche habe ich mich dann leider einen Monat nach dem ersten CT den Kopf verletzt mit Erbrechen etc. und es wurde entsprechend noch ein CCT zum Ausschluss einer Hirnblutung angefertigt.
    Nachdem der Spuk nun vorbei ist, mache ich mir leider ziemliche Sorgen wegen der ja doch nicht unerheblichen Strahlenbelastung der CTs.

    Ich kenne die von Ihnen verfassten Beiträge in diesem Forum in denen Sie das zusätzliche Lebenszeitrisiko von 5% pro Sv zugrunde legen.
    Da es sich um moderne Tomographen handelte, gehe ich jetzt einmal von insgesamt 6 mSv zusammen mit den Rö-Thorax aus.
    Daraus ergäbe sich dann ein zusätzliches Lebenszeitrisiko von gerade einmal 0.3 ‰ . Damit könnte ich wohl leben, gerade im Vergleich zum Spontanrisiko. Nun habe ich mich etwas informiert und bin dabei im aerzteblatt auf die "neue" (2013) retrospek. Studie aus Australien gestoßen, welche ein relative Erhöhung des Krebsrisikos um in meinem Fall 40% alleine in den nächsten 10 Jahren feststellte, falls das CT zwischen dem 15. und 19. Lebensjahr ausgeführt wurde... Gut, ich bin 21, aber das ist ja nun kein großer Abstand.
    Es traten bei ~680.000 Untersuchten 608 (erwartet ca. 2400, gefunden rund 3000) zusätzliche Krebsfälle gegenüber der Vergleichsgruppe in 10 Jahren follow-up auf.
    Das ergibt alleine schon ein absolutes Risiko von ca. 0.9‰, also schon in 10 Jahren das 3-fache dessen was als Lebenszeitrisiko errechnet war. Da man ja immer von den langen Latenzzeiten von Strahlenbelastungen spricht, liegt die Vermutung nahe, dass es noch wesentlich mehr werden könnte und man letztlich doch im Prozentbereich landet. Zitiert wurde dort auch eine zusätzliche Inzidenz von 9,38/100.000 Personenjahre, also in den nächsten 60 Jahren und bei 2 CTs immerhin ca. 1.5% (also ca. jeder 60.!)
    Studie war: "Cancer risk in 680,000 people exposed to computed tomography scans in childhood or adolescence: data linkage study of 11 million Australians", federführend Mathews JD

    Mindestens das zweite CT war bei mir definitiv indiziert (über das erste kann ich nichts sagen), daher ist es natürlich etwas müßig darüber nachzudenken und ich sollte mich lieber freuen keine Gehirnblutung gehabt zu haben und dass niemand ein Abdomen-CT vorgeschlagen hat (laut Studie 1:300 Krebsrisiko in 10 Jahren), aber ich trage diese Sorgen nun seit Monaten mit mir herum und würde mich über eine Einschätzung ihrerseits freuen wieviele Sorgen man sich nun wirklich machen "muss" bzw. wie groß das Risiko Ihrer Erfahrung nach tatsächlich ist.
    Ansonsten lebe ich recht gesundheitsbewusst, rauche nicht (und habe auch nie), trinke nur wenig und bin schlank.

    Vielen Dank für Ihre fachkundige Meinung und mit besten Grüßen
    Peter993


  • Re: Strahlenbelastung CT

    Zunächst denke ich, dass ein modernes CT des Kopfes eine effektive Dosis von unter 1,5 mSv haben sollte. In der Tat ist das Risiko altersabhängig und liegt bei unter 10jährigen vielleicht bei 12-15%/Sv und bei unter 20jährigen bei 10%. Das könnte also schon das höhere Risiko erklären. Zwischen 20 und 30 Jahren fällt das Risiko dann steil auf unter 5%/Sv ab. Bei Jüngeren können aber höhere Risikofaktoren herauskommen. Ob Sie wirklich richtig gerechnet haben, kann ich jetzt nicht nachprüfen. Die Studie hat sich ja sicher nicht auf Kopf-CTs alleine bezogen und ich hoffe, dass Sie das berücksichtigt haben.
    Generell ist zu sagen, dass sich die Daten dieser Studie auf eine ältere CT-Technologie beziehen (die Studie ist ja mehr als 10 Jahre alt), wir können also von einer höheren Strahlenexposition ausgehen. Darüber hinaus stellt die Studie (nur) eine Korrelation her und keine Kausalität. Sie vergleicht eine Gruppe von Kindern/Erwachsenen, die ein CT bekommen haben mit der Normalbevölkerung. Nun muss ja die Durchführung eines CT bei Kindern oder Jugendlichen einen Grund haben. Offenbar lag ja eine Gesundheitsstörung vor, d.h. die mit CT Untersuchten sind „kränker“ als die Normalbevölkerung, bei der ein CT nicht erforderlich war. Vermutlich trägt auch diese Gesundheitsstörung schon zu einer Erhöhung des Krebsrisikos bei, so dass nicht alles auf die Strahlung geschoben werden kann. Das würde insbesondere die m.E. viel zu kurzen Latenzzeiten erklären. Wir wissen von der Life-Span Study (Hiroshima-Daten), dass auch bzw. gerade bei Jüngeren die Latenzzeiten viel länger sind. Das Maximum der Krebserkrankungen nach der Atombombe 1945 (wo die Dosis einige 100 mSv betrug) liegt im Jahr 2015, also 70 Jahre danach. D.h. gerade die 1945 10jährigen bekommen dann als 80jährige verfrüht mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Krebserkrankung.

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    • Re: Strahlenbelastung CT

      Vielen Dank für ihre Antwort, das beruhigt mich etwas. Ich sollte mir also ganz konkret wegen 2 cct mit 21 nicht groß Sorgen machen müssen? Meine Unsicherheit begründet sich vor allem darin, dass der durchführende Unfallchirurg in Berlin mir nach dem zweiten CCT sensibler weise sagte, ich müsse jetzt in den nächsten paar Jahren auf Kopfschmerzen achten, da ich ja jetzt mit einem Hirntumor zu rechnen hätte...

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      • Re: Strahlenbelastung CT

        Sie haben Recht – das war wirklich sehr sensibel. Leider sind die Kenntnisse über Strahlenrisiken bei den ärztlichen Kollegen mitunter dürftig. Sie neigen dazu, das Risiko um Größenordnungen zu überschätzen. Über Krebs durch Röntgen oder CT gibt es gar keine Daten. Das sind alles theoretische Abschätzungen. Selbst bei ungünstigsten Annahmen landen wir bei < 1%, also unter der Wahrscheinlichkeit, an einem Unfall zu sterben. Da hätte der Unfallchirurg Ihnen besser sagen sollen, dass Sie aufpassen sollten, keinen Unfall zu erleiden.
        Es ist plausibel, dass in diesem Niedrigdosisbereich die bekannten Abschätzungen zu hoch gegriffen sind. Die Messpunkte der Life-Span Studie (Atombombe) beginnen oberhalb 100 mSv. Wir reden hier jedoch von einigen mSv. Bei der Entwicklung des Lebens war immer ionisierende Strahlung in niedrigen Dosen präsent. Die Zelle hat sehr potente Reparaturmechanismen. Es ist daher möglich, dass bei diesen niedrigen Dosen von einigen mSv das Risiko noch niedriger oder fast Null ist und die ganze Aufregung nicht notwendig ist.

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