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Verweigerung von Körperpflege

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  • Verweigerung von Körperpflege

    Meine Mutter, die ich seit 5 Jahrena allein betreue, ist jetzt wohl beim Stadium Ende mittelschwere Demenz angekommen. Da ich halbtags berufstätig bin, lasse ich sie bis zum Mittag allein (Frühstück ist vorbereitet, sie wäscht sich am Waschbecken und kleidet sich allein an; ich rufe sie vormittags ein- bis zweimal an) und verbringe den Rest des Tages mit ihr, d.h. hole sie aus ihrer in meine Wohnung.

    Soweit klappt das einigermaßen gut, auch wenn ihr Verhalten jetzt zunehmend schwieriger wird. Sie möchte ständig "nach Hause", obwohl ich mich sehr auf sie einstelle. Das ist oft sehr belastend, da ich auch zu Hause berufliche Tätigkeiten auszuführen habe und noch der Haushalt (eigentlich: die Haushalte) zu bewältigen ist. Sie kommt dann oft im Viertelstundentakt in mein Arbeitszimmer und verlangt mit Nachdruck, dass ich ihre Schwester anrufen soll, damit sie sie abholt! (Sie hat überhaupt keine lebenden Geschwister mehr.) Das geht schon seit Monaten so, täglich den ganzen Nachmittag bis es dunkel wird. Selbst wenn wir zusammen essen oder fernsehen, steht sie auf, geht zur Tür, kommt wieder zurück,geht wieder zur Tür, immer wieder, bis sie dann wieder einige Stunden vor dem Fernseher verbringt oder in ihrer Handtasche nestelt. Letzteres geht übrigens auch viele Stunden lang: wertlose Zettelchen werden aufgeklappt, emsig studiert, wieder zugefaltet und eingesteckt und dann wieder hervorgeholt.

    Sie erkennt mich nicht mehr ("Sag mal, wer du bist!"). Sie ist fest davon überzeugt, dass in der Nachbarschaft ihr Elternhaus mit ihren Geschwistern ist, die auf sie warten. Ihre eigene Wohnung hält sie für die Wohnung einer Nachbarin. Zu all ihren "Schätzen" in ihrer Wohnung hat sie keine Beziehung mehr. Manchmal macht sie ihren Kleiderschrank auf und fängt laut an zu schimpfen, wer ihre Kleider "hierhergebracht" hat. Sie packt ständig Plastiktaschen, die sie wahllos mit einzelnen Kleidungsstücken und Schuhen vollstopft. Ihre Handtasche hat sie meist am Schulterriemen bei sich und darin kann man Dinge wie eine schwere Zigarettendose oder sperrige Nippessachen finden.

    Was mir am meisten zu schaffen macht, sind Verhaltensweisen wie diese: Sie wechselt ihre Kleidung überhaupt nicht. Wenn ich ihr trotzdem mit Mühe und Not eine saubere Bluse angezogen habe und sie halbwegs einverstanden ist (denn sie sträubt sich immer, indem sie sagt, das mache sie "zu Hause"), wird sie nach kurzer Zeit regelrecht hysterisch und fängt laut an zu schreien, wo ihre Bluse sei, sie wolle ihre Bluse wiederhaben. Jeder Beruhigungsversuch scheitert, ich muss ihre Bluse aus dem Schmutzwäschekorb holen und sie zieht sie sich wieder an und ist zufrieden! Folge: Ich wage mich nicht mehr mit ihr vor die Tür zum Spazierengehen, was eigentlich dringend nötig wäre, denn das würde uns beiden guttun.

    Dasselbe mit dem Duschen: Kein liebes oder nachdrücklicheres Wort hilft. Nein, sie duscht "zu Hause"! Fingernägel schneiden: "Nein, das mache ich zu Hause!" Fußnägel, dito. Beim Friseur war ich mit ihr zum letzten Mal vor einem halben Jahr. Ich traue mich nicht mehr dorthin, weil sie laut wird, wenn ihr etwas nicht passt, oder sie merkwürdige Kommentare abgibt. Tendenz: so etwas wie Verwahrlosung, was ich so gerne vermeiden würde, nein, was vermieden werden muss! Meine Mutter war immer so eine gepflegte und modebewusste Frau!

    Ich habe jetzt eine Helferin engagiert, die stundenweise die Betreuung meiner Mutter übernimmt, wenn ich nachmittags beruflich unterwegs bin. Für die anderen Probleme habe ich noch keine Lösung gefunden und sie werden immer dringlicher. Hat jemand Ratschläge?


  • Re: Verweigerung von Körperpflege


    Hallo, du arme Seele,
    Lösung kann ich dir keine vorschlagen. Der einzige (schwache) Trost aus der Erfahrung mit meiner Mutter: Auch diese Phase geht vorüber, wie alle anderen Phasen auch. Je weiter die Demenz fortschreitet, desto gleichgültiger wird der Kranke, dann nimmt er gar nicht mehr wahr, was er anhat oder ob er überhaupt etwas anhat.
    Meine Mutter wird zurzeit giftig, wenn ich ihr nach dem Essen den Latz abmache. "Sogar das nimmst du mir weg!" Dass sie drunter eine schöne neue Bluse trägt, registriert sie überhaupt nicht und wenn sie von oben bis unten bekleckert ist, ist ihr das auch egal. Ich nehme mir immer vor, mich nicht zu ärgern, aber manchmal schimpfe ich dann doch, obwohl ich genau weiß, dass sie es nicht begreift.
    Mitfühlende Grüße, louisanne

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    • Re: Verweigerung von Körperpflege


      Liebe Sadsoul,

      ja, das hört sich so an, als wenn es das Anfangsstadium von schwerer Demenz ist. Manche haben da schon Pflegestufe 3, aber das ist ja individuell, ob man das durchbekommt. Frage ist, was können Sie noch leisten, es ist ja schon über der Grenze.

      Einen konkreten Ratschlag habe ich nicht, nur Überlegungen, die vielleicht etwas helfen, eine Idee zu bekommen.

      Ich habe bei meiner Mutter festgestellt, dass sie sich immer dann besonders verzettelt, wenn Handlungsabläufe nicht reibungslos oder anders als gewohnt von statten gehen.
      Z.B., die Putzfrau stellt den Papierkorb auf einen Hocker und vergisst, ihn zurückzustellen. Auf diesen Hocker legt Mutter aber abends die Kissen vom Bett. Folge ist eine gewaltige Kettenreaktion und der gesamte Handlungsablauf kommt durcheinander inklusive Verwirrung "wo bin ich". Unter Umständen zieht sich das dann sogar ein paar Tage durch.

      Was ich damit sagen will, ich habe den Eindruck, der Demenzkranke braucht eine siamesischen Zwilling, der die fehlenden Funktionen im Gehirn übernimmt, immer für die gleichbleibende Ordnung sorgt und der immer in Hörweite ist.

      Ok, wer das leisten kann, wird früher oder später durchdrehen (bin da nicht weit von entfernt). In Bezug auf Ihre Situation, wäre die Frage, ob das Alleine sein vormittags doch nicht mehr geht? Denn in der Zeit, wo der Demenzkranke allein ist, können sich besonders viele Ängste aufbauen. Der Mensch fängt an zu herumzukramen, weil er versucht sein Leben zu finden und dann kommt immer mehr innerlich und äußerlich durcheinander. Wenn Sie dann nach Hause kommen, hat sich schon soviel an Anspannung angesammelt, dass sie gar nicht mehr zur Ruhe kommt.

      Das Problem mit der Kleidung ist wohl bei den meisten so. Ich drehe den Spiess dann herum und sage, dass ich noch dringend Wäsche für die Maschine brauche, weil die noch nicht voll ist. Dann ist sie stolz, dass sie was für mich tun kann.
      Außerdem habe ich möglichst viel doppelt bis vierfach. So merkt sie nicht, wenn ich dann ratzfatz die Sachen einfach austausche. Oder ich lege abends was Ähnliches hin und wasche es dann bis zum Morgen und tausche es morgens schnell aus.

      Könnten Sie vielleicht versuchen, die Lieblingskleidung ihrer Mutter irgendwo doppelt zu bekommen?

      Erstaunlich, dass Ihre Mutter sich noch alleine am Waschbecken wäscht. Ich hoffe, dass Sie das noch erhalten können.
      Es könnte auch sein, dass Ihre Mutter mehr Hilfe von Fachkräften zulassen würde, als von Ihnen - Nägel schneiden, Haare waschen usw..
      In Ihrer Lage, wo es schon so schwierig ist, würde ich ins kalte Wasser springen und jemanden beauftragen für einen Zeitpunkt, wo Sie meinen, dass die Mutter es am ehesten zulässt. Das sollte eine Fachkraft machen, die in der Lage ist, viel emotionale Zuwendung zu vermitteln, also nicht nur säubern, sondern Massage, ausführliches Eincremen mit reinbringen, singen oder so. Vielleicht zwei Stunden buchen und dann schauen, was die Mutter zulässt und später steigern.

      Lässt sie denn die Betreuerin zu, ist die schon bei Ihnen?

      Bezüglich Spazierengehen, möchte ich Ihnen Mut machen, es zu tun, auch wenn die Leute reden. Ich glaube aber eher, sie reden sowieso und sie schauen auch nicht genau hin, weil die meisten sich nicht viele Gedanken um andere Menschen machen. Wenn Sie dann beim Spazierengehen jemanden treffen, könnten Sie versuchen, über etwas zu reden, was den anderen interessiert. Dann sind die so erfreut, dass die gar nicht auf die Idee kommen, die Mutter genauer zu begutachten.
      Das Spazierengehen - wenn Ihre Mutter das verkraftet - könnte auch viel Druck nehmen und sich in der Pflege positiv auswirken. Eventuell gehen Sie zu Zeiten, wo weniger Leute unterwegs sind. Mittags im Park ist es bei uns z.B. ziemlich ausgestorben. Und vorsichtig, nicht zu viele Eindrücke zumuten. Lieber mal ein Blümchen lange betrachten oder so …

      Lieben Gruß, ich hoffe, Sie bekommen ein paar hilfreiche Ideen.
      Eva Franziska

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      • Re: Verweigerung von Körperpflege


        Hallo Sadsoul, in den beiden Antworten ist eigentlich alles gesagt. Es ist leider so. Ich hab auch viele Sachen doppelt gekauft. Manchmal klappt es bei meiner Ma besser, wenn sie dabei etwas in der Hand zum Nesteln hat oder einen Keks und ich wechsel es in die andere "ich brauch mal eben die rechte Hand, halt mal bitte das hier fest", "ich finde den warmen Pullover nicht, ich zieh dir schon den Schlafanzug an, dann frierst du nicht und brauchst dich nicht noch mal umzuziehen" o.ä. Natürlich nicht Diskutieren. Kurze erklärende Sätze mit Pause dazwischen.

        Je weniger Waschen/Umkleiden als eine zeitraubende und "freiheiteinschränkende" Aktion gesehen wird, desto besser. Versuchen Sie es irgendwie nebenbei einzufügen. Es muss ja nicht alles gleichzeitig oder mit Vollwaschung passieren. Nasser Waschlappen reicht ja oft auch. Es gibt auch Waschschaum, das erspart diese ganze Wasserpanscherei, einfach mit nassem Lappen abwischen.

        Maniküre geht bei uns am besten abends, wenn sie bereits im Bett liegt. Sie liegt dann zwar im Bett, aber es passiert noch was und sie ist nicht zu sofortigem Einschlafen verdonnert, denk ich mir. Wie auch immer, das klappt jedenfalls gut. Die Fußpflegerin kommt morgens um 07:00, wenn sie noch im Dämmer ist. Muss man alles ausprobieren. Letztendlich ist es nicht so wichtig, wie wir glauben. Wie heißt es noch "Herz und Seele werden nicht dement". Darum müssen wir uns kümmern.

        Wenn sie Sie nicht mehr erkennt, muss erst wieder Vertrauen aufgebaut werden, dass Sie die Person sind, die immer für sie da ist, die ihr zuhört, die ihr hilft.... Sie können nichts mehr voraussetzen.

        Dass sie morgens allein ist, ist eher kontraproduktiv, um es mal salopp zu sagen. Das würde ich schnellstmöglich ändern. Sprechen Sie doch mal mit einem Pflegestützpunkt. Es gibt zahlreiche Hilfsangebote. Alleinlassen ist meiner Meinung nach das Schlimmste. Sie lebt ja in ihrer eigenen Welt, in der sie sicher Stimmen hört und Bilder sieht, mit denen sie dann alleine ist.

        Sie findet sich in ihrer eigenen Wohnung nicht mehr zurecht und ist dann noch halbtags in einer anderen (Ihrer). Finde ich auch nicht gut. Die festen Gewohnheiten, Struktur, Ablenkung, Beschäftigung, Zuwendung sind die Pfeiler des Wohlbefindens. Sie wird immer und überall Heimweh haben und nach Hause wollen. Darin ist sie untröstlich, ich fürchte bis zum Schluss.

        Viel Geduld
        Gruß - Marge



        Mein Steckbrief (Stand Jun 2012): Mutter (84), Betreuer Tochter (57), vollzeitberufstätig. Erste Hirnleistungsstörungen diagnostiziert in 1994. Im März 09 als "mittelschwere" Altersdemenz eingestuft. Medikamente in 2009: 1 x wöchentlich Imap-Spritze, morgens und abends eine Piracetam Tablette. Seit Jan 10: Axura 5 mg morgens. Mit Axura deutliche Verbesserung in Wahrnehmung und Wortfindung. Wir werden wieder mit unseren richtigen Namen angesprochen, auch wenn sie nicht weiß, wer wir sind. Sie formuliert ab und zu wieder ganze Sätze, wenn auch kurze. Seit März 10 wieder mehr Stimmungsschwankungen, Weinen, Angst. Es kommen Rückenschmerzen und dadurch eingeschränkte Beweglichkeit hinzu. Ab 23.03. Fentanyl-Pflaster. Am 28.03. 10 Tage Krankenhaus wegen starker Durchfälle. Ab 06.04. auf mehrmaliges Anraten des Neurologen auf die geronto-psych. Abtlg. Dort bekommt sie Solian. Am 20.04.2010 Umzug in ein Seniorenheim. Weiterhin nur Solian (1/2 morgens und abends), nachts Pipamperonsaft (5 ml), sonst keine Medikamente.

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        • Re: Verweigerung von Körperpflege


          Ich möchte mich entschuldigen, dass ich so spät antworte, und mich ganz herzlich für die ausführliche Resonanz bedanken. Da ich berufstätig bin und dabei noch meine Mutter versorge, bin ich nur sporadisch zum Lesen gekommen, aber Sie können sicher sein, dass ich alles sehr sorgfältig gelesen habe und versuchen werde, einiges umzusetzen.
          Mittlerweile war auch schon der MD da und hat gleich die Pflegestufe I mit besonderem Betreuungsbedarf festgestellt, was ja schon einmal etwas ist. Nun kann ich öfter Personen für Nachmittage engagieren, an denen ich verhindert bin. Da diese eine besondere Betreuungsausbildung absolviert haben, sind sie auch in der Lage, meine Mutter sinnvoll zu beschäftigen. Ich habe das jetzt schon ein paar Mal gemacht und es hat gut geklappt. Bald wird auch eine Pflegekraft vorsprechen und mir vielleicht ein paar Tipps für die Körperpflege/Dusche geben bzw. diese gleich übernehmen.
          Dass ich sie vormittags nicht mehr so lange allein lassen sollte, sehe ich ein. Ich werde wohl jemanden für werktags 4-5 Stunden einstellen müssen, was wir wohl finanziell auch irgendwie gestemmt bekommen können. Ich habe sowieso vor, im Sommer nächsten Jahres ein Sabbatjahr zu nehmen.
          Kleidungswechsel ist immer noch schwierig, aber ich versuche es gelegentlich mit Tricks, indem ich ihr einfach einzelne Teile wegnehme und durch saubere ersetze. Das klappt manchmal, manchmal gar nicht!
          Im Moment habe ich ziemlich mit Weglauftendenzen zu kämpfen, d.h. eigentlich läuft sie nur ganz selten aus meiner Wohnung, weil sie sich doch sehr unsicher fühlt. (Der Wechsel von ihrer Wohnung in meine scheint ihr anfangs immer zu gefallen, weil sie offensichtlich einige Dinge wiedererkennt. Doch dabei bleibt es nicht lange.) Aber was sehr nervenaufreibend ist, ist ihr ständiges Drängen, sie doch "nach Hause" zu bringen. Sie kann da ganz massiv werden, beschimpft mich, droht mir, will mich "bezahlen" oder erpressen. Das nimmt schon groteske Züge an. Dann schaut sie aus dem Fenster und fragt ständig, wann der nächste Bus nach A. fährt (A. ist ihr Geburtsort in Ostpreußen). Sie ist fest davon überzeugt, dass ihre Eltern und Geschwister noch leben und auf sie warten. Es hilft kein Argumentieren und kein Ablenken, denn dieses "Weggehen" beherrscht ihre Gedanken. Sie ist regelrecht besessen davon, hat kein anderes Thema. Und das geht tagein, tagaus so und wenn ich ihr das sage, dann meint sie, das stimmt nicht. (Überhaupt fragt sie mich eine ganze Reihe von Dingen und wenn ich wahrheitsgemäß antworte, kommt prompt die Antwort: "Das stimmt nicht!") Andererseits kann ich mich auch nicht den ganzen Tag darum kümmern, wie man sie am besten beschäftigt. Denn allein tut sie das nicht. Sie nestelt und nestelt nur in alten, zerfledderten Rechnungen, Briefen, Prospekten etc. etc.

          Entschuldigen Sie, jetzt ist es doch wieder so lang geworden. Das hätte ich wohl besser unter das Thema "Ausheulen" gesetzt.

          Liebe Grüße sadsoul

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          • Re: Verweigerung von Körperpflege


            Hallo, Sadsoul,
            ich würde zunächst mal Einspruch gegen Pflegestufe 1 erheben. Es besteht bei deiner Mutter doch erheblicher Betreuungsbedarf. Der MDK rechnet ja immer nur die Zeiten für konkrete Pflege und Haushaltstätigkeiten an. Bei Nichtdementen mag das ja zutreffen, aber bei Dementen, die man ständig im Auge behalten muss, weil sie sonst sich und anderen schaden können, gelten doch andere Maßstäbe. Bei meiner Mutter kamen sie bei der ersten Begutachtung auch auf eine lächerliche tägliche Minutenzahl.

            Ich würde dem MDK schriftlich ausführlich schildern, wie ein normaler Tag bei euch abläuft, wie viel Beaufsichtigung, Überredungsversuche usw. nötig sind, wie viel Zeit z. B. für die Vermeidung von Verletzungen oder Beseitigung von Schäden im Haushalt draufgeht. Bei mir kamen damals mehrere Seiten zusammen.
            LG louisanne
            .

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            • Re: Verweigerung von Körperpflege


              Wenn sie unbedingt nach Hause gehen will, vielleicht eine Runde um den Block gehen oder auch mit dem Bus zwei/drei Haltestellen fahren (?). Freunde/Bekannte von früher einladen ?

              Ich bin im tiefsten Winter manchmal bis zu 4 x am Abend mit meiner Mutter noch raus. Das ist schwer und anstrengend, aber es war für sie die einzige Erleichterung, allein dieses TUN/GEHEN. Die hilflosen Ausreden, wie "zuhause ist niemand, alle sind arbeiten..." haben Sie sicher schon ausprobiert. Ich war da auch ziemlich ratlos. Meine Mutter hat mir auch Geld angeboten, damit ich sie zu ihren Eltern bringe und hat versucht mich zu ködern, ich bekäme dort auch Kaffee und Kuchen und könnte ihren Hund sehen.... Nach einer Runde draußen ging es dann wieder eine Weile. Am schlimmsten war es im Krankenhaus. Dort unten würden doch Taxen stehen. Ich sollte ihr mal die Adresse aufschreiben (sie könne ja noch nicht schreiben) und dann würde sie ein Taxi nehmen. Wirklich alles zum Heulen. Ein schwacher Trost, aber auch diese Phase geht vorbei. Versuchen Sie trotzdem, mit in ihrer Welt zu sein und nicht dagegen an zu argumentieren. Dann fühlt sie sich sicherer.

              "Das stimmt nicht" zeigt deutlich ihre Unsicherheit. Für sie stimmt ja auch alles nicht mehr, da hat sie recht. Wie soll sie das verstehen, was ihr da widerfährt. Lassen Sie sich nicht entmutigen, weil sie Ihnen nicht glaubt. Sie kann nicht anders und trotz allem wird sie wissen, dass Sie ihr helfen und ihr Anker sind.

              Viel Kraft und Grüße

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              • Re: Verweigerung von Körperpflege


                Hallo sadsoul,
                Alzheimer ist eine seriöse Krankheit, die betrifft leider das Leben der ganzen Familie. Deine Einstellung ist, wie du über deine Mutter kümmerst, fantastisch. Du hast sehr viel Kraft und ich hoffe, dass ich dir mit meinen Tipps helfen kann und deinen Alltag zumindest ein bisschen erleichtern kann.
                Alzheimerpatienten haben oft das Bedürfnis wegfahren zu wollen. Viele Kliniken haben sich auf diesen Wunsch schon reagiert und „Bushaltestellen“ im Garten eingerichtet. So haben die Patienten das Gefühl, dass sie hinfahren können. Da sitzen sie und reden sie miteinander und danach kehren sie zufriedener zurück, weil sie denken, dass sie unterwegs gewesen waren. Also das Gefühl „Weggehen“ betrifft nicht nur deine Mutter. Wenn du Garten hast, kannst du zu Hause auch das Wegfahren simulieren. Ihr könnt zusammen sogar eine Reisetasche einpacken. Oder du kannst mit deiner Mutter zur Bushaltestelle gehen, dort warten und miteinander reden und danach zurückkehren. Dies kann auch ein festes Programm sein.
                Routine und feste, wiederkehrende Beschäftigungen sind ohnehin sehr wichtig bei Alzheimerpatienten. Sie sollte sich auch mit alten Hobbys beschäftigen. Hat sie früher gern im Garten die Zeit verbracht? Ihr könnt auch zusammen kreative Beschäftigungen finden, wie malen oder Musik hören. Oder sie kann jeden Tag in der gleicher Zeit ihre Lieblingsserie anschauen. Vielleicht hört es sich zuerst komisch an, aber es ist auch eine Routine und du hast auch Zeit für dich selbst und auf deine Sachen.
                Sonst habe ich noch viele interessanten und hilfreichen Tipps auf dieser Seite gefunden: http://www.souvenaid.de/betreuende/t...eben#bedeutung. Wenn du Zeit hast, lohnt es sich diese Sachen durchzulesen.
                Ich hoffe, dass ich dir zumindest ein bisschen helfen konnte.
                Ich wünsche dir viel Kraft!
                LG

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                • Re: Verweigerung von Körperpflege


                  Hallo LiWi75,

                  es kommt sicher immer auf die eigenen Erfahrungen mit Demenzkranken an, aber von der Vortäuschung einer "realen" Welt, die aber gar keine ist, halte ich überhaupt nichts.

                  Würden Sie es für sich wirklich wollen, dass man Ihnen eine Papp-Bushaltestelle vor Ihr Haus stellt und eine Tasche mit Ihnen gemeinsam packt und dann heißt es 'ätsch, war nur ein Witz, ankommen tun wir hier auch nicht, schon gar nicht bei deinen Eltern'.

                  Auch der lange Zeit Kranke hat zwischendurch immer klare Momente und weiß intuitiv und emotional sehr wohl zu unterscheiden, ob man mit ihm seine Scherze treibt oder ihn ernst nimmt. Mich entsetzen solche Praktiken und Ideen. Ich reduziere damit denjenigen auf ein Kleinkind-Niveau in einer Kasperltheatervorführung oder in Kita-Rollenspielen. Das ist würdelos und verletzend und was soll der Sinn sein.

                  Aber das ist meine persönliche Meinung. Vielleicht gibt s bei anderen gute Erfahrungen damit. Ich kann mir nicht vorstellen, welche das sein sollten, außer dass derjenige für kurze Zeit beschäftigt ist, lass mich aber gerne eines Besseren belehren.

                  Malen und Musik etc. ist natürlich immer toll, aber bei Patienten mit Lauftendenz auch leider immer nur eine Minutensache. Muss man halt ausprobieren.

                  Grüße

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                  • Re: Verweigerung von Körperpflege


                    Hallo sadsoul,

                    ich habe diese Stufen der Erkrankung auch mit meiner Mutter durchgemacht. Ich stand genau wie Sie fast vor einem Kollaps.
                    Dann habe ich aber gelernt, daß jeglicher Kampf oder Streit zu keinem Erfolg führt.
                    Man muß sich einfach auf den Kranken einstellen und mit ganz ruhiger - ich weiß, daß ist manchmal sehr schwer - und leiser Stimme antworten wie z.B. "Es tut mir unendlich leid, aber Deiner Bluse ist ein Knopf abgegangen, den wir erst wieder annähen müssen. Leider ist der Knopf aber verloren gegangen..." usw. Damit kann man den Kranken davon abbringen, auf der Sache zu beharren.
                    Leider gehört es anscheinend auch zur Krankheit, daß die Erkrankten - warum auch immer - auf einmal Angst vor Wasser haben und partout nicht sich waschen, duschen oder baden wollen.
                    Meine Mutter hatte auch das dauernde Laufen. Heißt, sie ist den ganzen Tag gelaufen, ist sie an einem Hindernis angekommen, drehte sie um und lief wieder in die andere Richtung und dies den ganzen Tag. Man brachte sie auch absolut nicht dazu sich hinzusetzen. Erst am Abend war sie so müde, daß sie fast sofort einschlief, sowie sie sich setzte. Wahrscheinlich setzte sie sich, weil sie zu erschöpft war, weiter zu laufen.
                    Später kehrte sie die Tageszeiten um, heißt, daß sie tagsüber mehr schlief und nachts räumte sie die Schränke aus und zog alles mögliche über ihre Schlafanzüge an.
                    Für unsereins ist es nur möglich - so lernte ich es dann -, das alles auszuhalten, indem man darüber lacht oder versucht, den Kranken mit allem möglichen abzulenken um eine Eskalation zu vermeiden, denn dann wird es sehr sehr schwierig wieder Ruhe ins Geschehen zu bringen.
                    Sollten Sie noch Fragen haben, können Sie mich jederzeit anschreiben.
                    Zur Information, ich bin keine aus dem Pflege- oder Krankenbereich. Aber ich habe meine Mutter 5 1/2 Jahre alleine gepflegt - davon 4 1/2 im Bett - bis sie am 28.04. d. J. in meinen Armen verstarb.
                    Und ich bin froh darüber, die Wege gefunden zu haben, um noch wunderbare Jahre zusammen zu verbringen.
                    Noch einen kleinen Trost. Die aggressive Zeit vergeht wieder.
                    Ich wünsche Ihnen noch viel Kraft.
                    Und holen Sie sich die ganzen Informationen bei einem Pflegepunkt, die es ja in ganz Deutschland geben soll. Ansonsten löchern Sie die Pflegekasse mit Ihren Fragen, denn alleine geben diese nichts preis.
                    Verzweifeln Sie nicht und immer wenn Sie Kummer haben, kommen Sie hierher. Hier ist immer jemand der Ihnen "zuhört".
                    Dies konnte ich selbst erfahren und bin heute noch froh darüber.
                    Sie sollten sich auch nicht soviele Gedanken machen, was andere sich denken. Sagen Sie einfach immer nur, daß Ihre Mutter an Alzheimer erkrankt ist und schon haben diese Menschen Verständnis. So habe ich es auch getan, z. B. auch im Einkaufsladen, wenn Menschen uns komisch anschauten, weil ich meine Mutter ja wie ein Kind behandeln mußte. Sagte ich dann, daß sie an Alzheimer erkrankt sei, veränderten sich schnell die Gesichter der anderen Kunden.
                    Viele liebe Grüße und noch mals viel viel Kraft für Ihre Zukunft
                    EllenMaria

                    Kommentar



                    • Re: Verweigerung von Körperpflege

                      Hallo Sadsoul,

                      wie geht es Ihrer Mutter ? Lässt sie Ihre Pflegeversuche inzwischen besser zu ?

                      Beste Grüße - Marge

                      Kommentar

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