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Demenz besser verstehen und erkennen!

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  • Demenz besser verstehen und erkennen!

    Alzheimer Demenz - oder die Rück(wärts)entwicklung des Menschen

    Autor: Ingo Schwalm (Fachkrankenpfleger für die Psychiatrie)
    Aktualisiert im November 2012

    Wie oft nehmen wir die Worte " Alzheimer " oder " Demenz " bei den verschiedensten Gelegenheiten in den Mund? Haben wir nicht schon häufig, bei eigenem Vergessen irgendwelcher Tätigkeiten, von uns behauptet: " Ich glaube ich habe Alzheimer ", oder mit einem gemeinerem Hintergrund gesagt oder gedacht: "der/die ist doch dement"? Jeder weiß, diese Erkrankung will niemand, wir wissen wenig darüber, wollen am besten nichts damit zu tun haben. Ein kluger Mann hat einmal gesagt: " Jeder bekommt Alzheimer, man muss nur alt genug werden! " Was ist aber Alzheimer Demenz und wie kann ich diese Krankheit verstehen, wie kann man diese Krankheit erkennen, wie behandeln und was kann man dagegen tun?
    Dies ist der Versuch, auf diese Fragen einige Antworten zu geben.

    Vergesslichkeit oder Demenz?

    Wir vergessen alle mal etwas, z.B. gehen wir in die Küche, um etwas zu holen und stehen mitten in dieser, wissen plötzlich nicht mehr, warum wir in diese gegangen sind. Es fällt uns in diesem Moment nicht mehr ein. Wir verlassen die Küche und kurze Zeit später erinnern wir uns wieder an den Grund. Der wichtige Unterschied ist hier, dass ein demenzkranker Mensch das Vergessen " vergisst " und es ihm nicht wieder einfällt. Das Verlegen von verschiedenen Gegenständen ist uns auch nicht fremd, aber zunächst nicht krankhaft. Ältere Menschen, die an einer Form der Demenz leiden, haben zunehmend diese Ausfälle des Kurzzeitgedächtnisses, sie finden evtl. ihr Bügeleisen im Kühlschrank wieder und im fortgeschrittenen Stadium der Demenz wissen sie nicht mehr, wozu man ein Bügeleisen benötigt.

    Demenzformen

    An einer Demenz leiden in Deutschland etwa 1,4 Millionen Menschen - jedes Jahr kommen 200.00 hinzu mit steigender Tendenz. Der Grund: Das Risiko steigt mit dem Alter. So leidet im Alter zwischen 65 und 69 Jahren jeder Zwanzigste daran, aber zwischen 80 und 90 ist schon fast jeder Dritte betroffen. Der Anteil älterer Mitbürger in unserer Gesellschaft wird zunehmen, deswegen erwartet man auch eine Zunahme an Demenzkranken. Für das Jahr 2030 wird mit 2,5 Millionen und mehr Betroffenen gerechnet.
    Die Parkinson-Krankheit sollte hier nicht unerwähnt bleiben, ist sie doch im fortgeschrittenen Stadium bei ca. 40% der Betroffenen eine Ursache der Demenz.
    Zu den einzelnen Demenzformen wird hier nicht näher eingegangen, jedoch haben letztlich alle Formen eines gleich: den Verlust von funktionsfähigen Nervenzellen, Vergesslichkeit, Verlust des Wissens, des Erkennens, der Orientierung, der Sprache und des Denkvermögens, des Fühlens, der motorischen Fähigkeiten. Das Laufen/Gehen und die Bewegungsfähigkeit insgesamt gehen im Laufe der Krankheit verloren, und die Aufnahme von fester Nahrung kann durch zunehmende Schluckstörungen deutlich erschwert sein.

    Wie kann man Demenz verstehen?

    Wird der Mensch geboren, ist er absolut abhängig von anderen Menschen, besonders von Mutter und Vater. Sie füttern, wickeln und waschen ihn, sie geben ihm Sicherheit, Wärme und Liebe und schützen ihn vor allen Gefahren. Der abhängige Säugling entwickelt sich langsam zum Kind und wird im Laufe der Zeit immer unabhängiger. Er fängt an sich bewusster und gezielter zu bewegen, lernt alleine zu laufen, zu essen und entwickelt sein Denken. Seinen Schließmuskel kann er ab einem gewissen Alter immer besser steuern. Er beginnt zu sprechen, zunächst vielleicht nur ein Wort, später ganze Sätze. Er erinnert sich immer besser, entwickelt eine selbst- und eigenständige, logisch denkende Persönlichkeit auf dem Weg zum erwachsenen Menschen.
    Um die Demenz zu verstehen, kann man sich diese einzelnen Entwicklungsschritte des Säuglings bis zum jungen Menschen, in seiner Umkehrung anschauen und erkennt vieles in den drei verschiedenen Demenzstufen, der beginnenden Demenz, der mittelschweren Demenz und der schweren Demenz des erkrankten Menschen als eine Rück(wärts)entwicklung wieder. Die aufgezeigten und viele andere erlernte Fähigkeiten des Menschen gehen bei der fortschreitenden Demenz immer mehr verloren. Zu Beginn der Erkrankung ist es das Kurzzeitgedächtnis, die Orientierung, das logische Denken, die Sprache, die Fein- und Grobmotorik. Der Demenzkranke wird genauso abhängig von Angehörigen, die für die notwendigen Grundbedürfnisse des Menschen sorgen müssen, wie bei einem Säugling; er ist dabei aber immer als Erwachsener zu behandeln und mit dem daraus resultierenden Respekt. Diese Rück(wärts)entwicklung prägt den Verlauf einer Demenz.

    Früherkennung der Demenz und was tun?

    Verändert sich ein Angehöriger oder Partner, zieht er sich in seine vier Wände zurück, erzählt er evtl. vieles mehrfach, vergisst er immer mehr, dann ist ein Verdacht auf eine Demenzerkrankung schon gegeben. Der von dieser Krankheit betroffene Mensch merkt, dass etwas mit ihm nicht stimmt und schämt sich oft dafür. Liegen einige dieser Verdachtsmomente vor, sollte ein Angehöriger oder Lebenspartner diese folgende Checkliste beachten:

    1. Mit dem Angehörigen zum Hausarzt gehen, diesem die Verdachtssymptome schildern und um einen Überweisungsschein zu einem Facharzt für Psychiatrie/Neurologie oder einer Gedächtnisambulanz - eindringlich - bitten.
    2. Bei einem Facharzt bzw. einer Gedächtnisambulanz einen Termin zu einer Demenztestung und genauer Diagnostik vereinbaren und durchführen lassen. Evtl. auf ein bildgebendes Verfahren ( CT / MRT ) bestehen, um eine optimale anschließende Behandlung zu erreichen, die dem Demenzkranken sein Recht auf Behandlung sichert.
    3. So viel Informationen wie möglich über die genaue Diagnose durch z.B. Informationsbroschüren, Internet, Beratungsstellen, Angehörigengruppen u.s.w. sammeln.
    4. Auf seine eigene Gesundheit achten, ausreichende persönliche Freiräume schaffen, sich zur Verfügung stehende Hilfen, auch soziale und finanzielle Rechte, durch Fachpersonal in Rat und Tat sichern. Nur wenn es dem pflegenden Angehörigen letztlich gut geht, kann es auch dem betroffenen Demenzkranken so gut wie möglich gehen!

    Vorteile einer frühzeitigen Demenzbehandlung!

    Eine Heilung der Demenz ist bisher, trotz intensiver Forschung, noch nicht möglich. Spezielle Medikamente, so genannte Antidementiva, können jedoch bisher den Verlauf der Demenz nur selten günstig und entscheidend beeinflussen bzw. den Verfall der kognitiven Fähigkeiten deutlich verlangsamen. Die Medikamente gibt es in unterschiedlichen Anwendungsformen, als Tablette, Kapsel, Lösung zum Einnehmen oder als Pflaster, das auf die Haut geklebt wird. Leider gibt es zur Zeit noch keine Antidementiva die wirklich helfen. In vielen Fachkliniken oder in der Geriatrie herrscht jedoch der Grundsatz vor: "Antidementiva vor Neuroleptika!" In der Praxis helfen die Medikamente bei den verschiedenen Verhaltensauffälligkeiten sehr häufig. Die Verabreichung der Medikation muss kontrolliert werden. Neben weiteren Behandlungsmöglichkeiten wie Ergotherapie, Gedächtnistraining u.s.w., kann die Erkrankung für einige Jahre:
    - die selbständige und selbstbestimmte Lebensführung erhalten,
    - die Lebensqualität des Betroffenen auf dem jetzigen Stand halten,
    - die durchschnittliche Lebenserwartung ( nach Diagnosestellung ca. 7,5 Jahre ) verlängern,
    - eine evtl. Heimunterbringung deutlich verzögern und damit das Leben in der Familie oder der gewohnten Umgebung länger ermöglichen,
    - die Angehörigen deutlich entlasten,
    - die allgemeinen Kosten einer Demenzerkrankung deutlich senken.
    Ab den Jahren 2012/2013 wird es für einige dieser Antidementiva auch sogenannte Generika geben, die dann auch deutlich billiger sein werden.

    Durch eine fachärztliche Versorgung und Behandlung wird auch schneller auf psychiatrische Begleiterkrankungen reagiert. Im Verlauf der demenziellen Erkrankung zeigen sich häufig Symptome wie innere Unruhe, Angstzustände, eine Tag-Nacht-Umkehr, Depressionen oder eine wahnhafte Symptomatik.

    Eine medikamentöse Therapie muss daher immer kontrolliert und evtl. angeglichen werden. Obwohl nach einem halben bis ganzen Jahr die evtl. Wirksamkeit der Antidementiva nachlassen kann, sollte nicht sofort ein Absetzversuch erfolgen, da es dann zu einer raschen und häufig nicht mehr beherrschbaren Verschlechterung kommen kann, zumeist mit massiven Unruhezuständen. Ein Wiederansetzen der Antidamendiva wird dann oft von den Angehörigen gefordert und ist auch erforderlich. Eine fachärztliche psychiatrische Behandlung ist auch deswegen vorteilhaft, weil die Antidementiva und evtl. Psychopharmaka nicht wahllos bei anderen vorliegenden Erkrankungen eingesetzt werden dürfen und sie auch Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben können.

    Dieser Versuch die Demenz etwas verständlicher zu machen, entstand nach über 7000 persönlichen/beruflichen Kontakten mit Demenzkranken in 10 verschiedenen Alten-/Pflegeheimen und in vielen Familien des Vogelsbergkreises.


  • Re: Demenz besser verstehen und erkennen!


    Liebe Leserinnen,

    dies ist der aktuelle und überarbeitete Artikel!

    LG
    Ischwalm

    Kommentar


    • Re: Demenz besser verstehen und erkennen!


      Danke, Ingo, dass du die Infos immer auf dem neusten Stand hälst.

      Kommentar


      • Re: Demenz besser verstehen und erkennen!

        und wieder nach oben damit !

        Kommentar



        • Re: Demenz besser verstehen und erkennen!

          Ich möchte noch einige Anmerkungen zu dem Bericht von H. Ischwalm machen.

          Ein ganz deutliches Zeichen einer beginnenden oder auch schon bestehenden Demenzerkrankung kann man mit der Abfrage der Geburtsdaten und -orten der Eltern ersehen. Da wurde mir deutlich, daß meine Mutter mit der Erinnerung starke Defizite aufwies.

          Ich möchte auch noch etwas zu dem immer-als-Erwachsenen-Behandeln beitragen. Wichtig für den Dementen ist auch immer noch - sogar bis ans Ende - die Privatssphäre. Hört sich zwar komisch an, meine damit aber, daß der Kranke trotz waschen und wickeln seinen eigenen Raum braucht. Und vor allem - soweit wie möglich - ihn selber über den Tagesablauf bestimmen lassen. Darunter fällt auch, was Anziehen und Essen.

          Und dies ist leider in den meisten Heimen nicht gegeben.

          Zum Verlieren des Schluckens möchte ich darum bitten, eine Magensonde nicht als lebensverlängernde Maßnahme anzusehen, sondern als Hilfsmittel. Der Demente verlernt es, zu schlucken. Hat aber trotzdem weiterhin das Recht zu leben. Und er kann lange damit leben. Meine Mutter hatte sie 4 1/2 Jahre. Und wenn die Zeit gekommen ist, geht der Erkrankte mit Sonde den letzten Weg.

          Und auf die Ergotherapie sollte man gleich bei Feststellung der Demenz drängen. Sich auf keinen Fall abwimmeln lassen. Ich habe alle entsprechenen Stellen angerufen und mir wurde von der Krankenkasse sowie auch der Kassenärztlichen Vereinigung gesagt, daß die Therapie bezahlt wird. Erst als ich meiner Hausärztin mit dem Rechtsanwalt gedroht hatte, hat sie es entsprechend vorordnet.
          Die Ärzte haben nämlich die Möglichkeit, die Verschreibung "außerhalb des Regelfalles" anzukreuzen. Dann kann die Therapie nämlich laufend und ohne Unterbrechung fortgesetzt werden. Und sie fällt nicht in das Budget des Arztes!!!!
          Und wenn meine Mutter diese Möglichkeit gehabt hätte, wäre sie nicht so schnell bettlägerig geworden und hätte auch nicht die schlimmen Kontrakturen gehabt, so daß ich ihr beim Anziehen einen Arm gebrochen hatte.

          Leider lernt man alles erst durch die Fehler, die man beim Pflegen macht und es vorher nicht besser wußte, woher auch!!!

          Auch heute noch, bleiben die pflegenen Angehörigen auf der Strecke.

          Deshalb ist es wichtig und besonders hervorzuheben, wenn sich Menschen wie H. Ischwalm die Arbeit machen, immer wieder Berichte ins Forum zu stellen, damit den Angehörigen ein wenig eine "Anleitung" für eine leichtere Pflege, die allen Beteiligten zugute kommt, erhalten.
          Danke dafür, H. Ischwalm.

          Allen pflegenden Angehörigen alle Kraft für die Pflege. Und gibt es schlechte Tage, so kommen auch wieder frohe.

          Und wie H. Ischwalm schon schrieb, man muß auf sich aufpassen!!!! Am besten noch eine beste Freundin oder Freund beauftragen, ehrlich zu sagen, daß es jetzt einmal reicht und man sich auf sich besinnen sollte!!!


          LG
          Ellen Maria

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          • Re: Demenz besser verstehen und erkennen!

            und nochmal nach oben.

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