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Subakute sklerosierende Panenzephalitis SSPE

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  • Subakute sklerosierende Panenzephalitis SSPE

    Sehr geehrter Herr Dr. Spruth, hallo Forum,

    bin auf meinen Internetrecherchen (den Ärzten üblicherweise verhassten Tätigkeit verzweifelter Patienten bzw. Mitleidenden) auf diese Form einer Enzephalitis (durch z.B. eine Jahre zuvor vorliegende Masernerkrankung) gestossen.
    Beschrieben wird folgender Krankheitsverlauf:

    Der Verlauf führt über 3 Stadien innerhalb von 1 bis 3 Jahren, manchmal auch länger unaufhaltsam zum Tode:
    1. Stadium: Verhaltensveränderung und Demenz
    2.Stadium: Bewegungsstörungen und Muskelzuckungen (Myoklonien), sowie epileptische Anfälle
    3.Stadium: Wachkoma

    Meine Fragen hierzu:
    1) Warum werden Patienten bei Verdacht auf Alz nicht im möglichst frühen Stadium auf Auslöser einer Enzephalitis untersucht?
    2) Gäbe es Behandlungsmöglichkeiten, bei z.B. viralen Erkrankungen? (unser erster Neurologe sagte vor einigen (6!) Jahren dazu: .. wäre ja sowieso schon zu spät)
    3) Gibt es nicht inzwischen viele Hinweise, dass viele (oder alle?) der Frühformen einer Demenz einen solchen Hintergrund haben, d.h. dass entweder Bakterien, Viren oder Prionen auf ein evtl. toxisch vorgeschädigtes Gehirn treffen, evtl. noch besondere genetische d.h. metabolische Veranlagung, und dieses mehr oder weniger schnell zerstören, weil die Selbstheilungsmechanismen nicht mehr funktionieren? Ich nehme an, ja, aber es gibt kein Patentrezept, bzw. keine wirksamen Medikamente, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden können, oder?
    4) Wieso wird immer davon ausgegangen, dass bei langsam fortschreitender Symptomatik nicht eine solche Krankheit vorliegen kann, sondern der "klassische" Alzheimer o.ä. (was auch immer das ist)? Wer sagt denn, dass alle an solchen bekannten Erkrankungen des Gehirns unbedingt eine schnelle Verlaufsform gegeben sein muss, und wenn man berichtet dass zuerst Depressionen, Panik und dann langsam das Vergessen und erst dann z.B. andere Symptome wie Epilepsien/Myoklonien eintreten, warum wird dann nicht von einer derartigen, z.B. von Viren ausgelösten Krankheit ausgegangen, und nicht mal danach gesucht?
    5) Kennt jemand solche Fälle von z.B. SSPE (s.o.)

    Ich hoffe, ich fordere Sie nicht zuviel, aber es interessiert sicherlich nicht nur mich.
    Herzliche Grüße, Flieder


  • Re: Subakute sklerosierende Panenzephalitis SSPE


    Hallo Flieder,

    sicherlich werden zuvor bestehende Erkrankungen und das ganze Krankheitsbild von einem guten Arzt in seiner Diagnose berücksichtigt. Man spricht ja auch von einer Differentialdiagnose, d.h. von einer unterscheidenden Diagnose.

    Bei meinem Vater bestand bereits seit Jahren eine Arteriosklerose v.a. in den Beinen. Da kann man sich natürlich schon als Laie denken, dass Ablagerungen in den Gefäßen nie nur an einer Stelle des Körpers vorkommen, sondern immer auch - wenn auch in unterschiedlichen Schweregraden - woanders, also auch im Gehirn. Ich bin davon überzeugt, dass dieses seine Demenz zumindest begünstigt hat (was nicht heißt, dass jeder, der unter Arteriosklerose leidet, dement wird).

    Der Hausarzt hat zunächst Tests (Uhrenzeichnen, usw.) über meherere Monate gemacht und zusätzlich zu Vaters Arteriosklerosemedikation bzw. den Organschutzmedikamenten noch Tebonin und nichts anderes empfohlen oder verordnet. Erst nach mehreren Monaten Tests UND einer MRT hat er dann Reminyl verschrieben.

    Ob es "Alzheiner" ist, kann m.W. nach derzeitigem Kenntnisstand ohnehin erst post mortem mit absoluter Sicherheit festgestellt werden. Es gibt viele Arten udn Formen von Demenz bzw. Hirnleistungsstörungen. Psychiatrische Symptome (Depressionen, pschoseartige Zustände, usw.) treten i.A. bei den meisten Demenzen, die man "Alzheimer" nennt, erst relativ spät und nicht einheitlich auf. Zunächst sind es bloß Vergessen und die daraus zuweilen entstehenden Mißverständnisse und Ängste.

    Wenn man - was man als älterer Mensch (ab 50 Jahre wärmstens zu empfehlen!) unbedingt tun sollte - öfter beim Hausarzt Untersuchungen durchführen läßt, hat dieser ja auch schon einen guten Gesamteindruck vom Patienten.

    LG
    Egon-Martin

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    • Re: Subakute sklerosierende Panenzephalitis S


      Hallo Egon-Martin,
      die Diagnosekriterien sind zumeist standardisiert. Das meine ich ja eben auch, wenn man den Verlauf betrachtet und bestimmte Merkmale passen, z.B. zuerst das Vergessen und dann erst die Myoklonien, dann wird "V. a. Alzheimer" diagnostiziert. Bei all den Enzephalopathien wird von einer schnelleren Verlaufsform ausgegangen als bei Alzheimer. Letztendlich wird aber in der Wissenschaft schon diskutiert, was Alzheimer auslöst, oder ob alle Alzheimer-Fälle auch Alzheimer sind. Und wenn man es genau nimmt vermischt sich das ganze Bild, alles kann bei allen Krankheiten auftreten.
      Ich verstehe übrigens nicht ganz, was die Besuche beim Hausarzt bringen sollen in dieser Beziehung. Damit er schneller feststellt dass man in ein dementielles Syndrom hineinrutscht? Und auch nichts machen kann?
      Mein Vater hat auch Arteriosklerose, es ist anzunehmen dass dies in irgendeinem Zusammenhang steht (entweder das eine begünstigt das andere oder beides wird durch die gleichen Ursachen begünstigt, das weiß man schlicht noch nicht). Auch hiervon wollten die Ärzte nicht viel wissen, da es von der Therapie her nicht viel andere Möglichkeiten als die gleiche Symptombekämpfung gibt.
      Lg, Flieder

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      • Re: Subakute sklerosierende Panenzephalitis S


        Hallo Flieder,

        je früher ein kompetenter (!) Hausarzt die Diagnose "Demenz" stellt, desto eher kann auch die Behandlung mit Reminyl oder ähnlichen Antidementiva einsetzen. Je eher man damit anfängt, desto länger reicht die Wirkung. D.h. das noch verfügbare Acetylcholin läßt sich besser noch optimal nutzen, solange noch ausreichend davon vorhanden ist. Wenn erst die acetylcholinproduzierenden Bereiche (nucleus basalís Meynert) im Gehirn weiter degeneriert sind, macht eine Behandlung mit Acetylcholinesterasehemmern vmtl. nicht mehr viel Sinn.

        LG
        Egon-Martin

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        • Re: Subakute sklerosierende Panenzephalitis SSPE


          Sehr geehrte Flieder,

          im Rahmen einer ausführlichen differentialdiagnostischen Abklärung eines dementiellen Syndroms sollten selbstverständlich auch andere Erkrankungen als die Alzheimer-Erkrankung berücksichtigt werden, insbesondere, da es sich bei der AD nach wie vor um eine Ausschlußdiagnose handelt. In den meisten Fällen erfolgt dies, indem nach entsprechenden Veränderungen im Blut gesucht wird, was die Patienten und Angehörigen evtl. nicht immer erfahren, da physiologische Werte vielleicht nicht immer mitgeteilt werden. Andererseits sollte man auch immer den Grundsatz berücksichtigen "Häufiges ist häufig und Seltenes ist selten", da man sich sonst in den Überlegungen zu Ungunsten des Patienten verzettelt. Es gibt eine Reihe von "häufigen" nicht-primär-neurodegenerativen Erkrankungen (wie z.B. der AD, der FTD, der LBD oder der Parkinson-Demenz), nach denen routinemäßig geschaut wird. Dies sind etwa 10-20 Erkrankungen. Eine erweiterte Diagnostik wird dann, durchgeführt, wenn der Verlauf atypisch oder besonders schnell ist, der Patient ungewöhnlich jung ist oder sonstige zusätzliche Symptome oder Befunde vorliegen. Die SSPE ist allerdings eine Rarität und die von Ihnen aufgelisteten Symptome eher unspezifisch. Sie passen z.B. ebensogut zu einer Creutzfeld-Jakob-Erkrankung. Natürlich würde man, wenn man in der Routine nach 100 Ursachen suchen würde anstatt nach 10 bis 20 vereinzelt Patienten "rausfischen", bei denen die Verdachtsdiagnose nicht korrekt war und die unter einer extrem seltenen Erkrankung leiden. Zum einen wäre damit aber nicht gesagt, daß sich diese auch behandeln ließe; zum anderen müsste man dann das gleiche Prinzip auf alle Bereiche der Medizin ausdehnen und dies wäre dann in unserem Gesundheitssystem nicht mehr zu finanzieren.

          Mit freundlichen Grüßen,

          Spruth

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          • Re: Subakute sklerosierende Panenzephalitis S


            Sehr geehrter Herr Dr. Spruth,

            vielen Dank, dass Sie geantwortet haben, ich denke dass dies auch für andere Betroffene, die sich im Laufe der Zeit mit solchen Krankheiten beschäftigen, interessant ist. Aber mir fehlen, und das nicht nur von Ihnen, hier einige Antworten und es wäre schön, wenn Sie diese geben könnten.
            Z.B. beschreiben Sie genau den Ablauf, den ich von jeder der Stellen an denen wir waren kennengelernt habe. Allerdings wurde nur stationär nach dem Delir überhaupt ein Blutstatus gemacht, also ca. 4 Jahre nach den ersten eindeutigen Krankheitszeichen, aber nichts abnormes gesehen. Alle anderen haben das gleichen gefragt, und bei allen kam nach 10 Minuten die Diagnose "V.a. AD". Wie Sie schon sagten, sind die beschriebenen Symptome meistens unspezifisch, und warum kann man nicht davon ausgehen, dass eine langsamere Form auch eine entzündliche Erkrankung ist, ausgelöst u.a. evtl. durch Viren oder/und Bakterien.
            " Könnte man denn nun bei einer Enzephalopathie was machen oder nicht?"
            Bei Prionenerkrankung kann man wohl derzeit noch nichts machen, aber auch da verstehe ich nicht warum immer davon ausgegangen wird dass diese nur vorliegen kann, wenn der Verlauf schnell ist und die Patienten sehr jung?!
            Entschuldigen Sie mich, wenn ich ggf. bekannte Tatsachen nicht genau weiß, aber da bin ich sicher hier im Forum nicht die einzige
            Herzliche Grüße, Flieder

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            • Re: Subakute sklerosierende Panenzephalitis S


              Sehr geehrte Flieder,

              auch auf die Gefahr hin, an Ihrer Frage vorbei zu antworten (vielleicht habe ich nicht genau verstanden, worauf Sie hinauswollen): das Wichtigste bei der Abklärung eines dementiellen Syndroms ist, keine kausal behandelbare Erkrankung zu übersehen. Erst danach geht es darum - wenn die Diagnose gestellt wurde - passende symptomatische Therapieformen (medikamentöse und nicht-medikamentöse) zu finden, die den Verlauf (vorübergehend) verzögern, Symptome lindern oder einfach nur das Zusammenleben des Patienten mit seinen Angehörigen/sozialen Umfeld einfacher gestalten (hier ist insbesondere die Angehörigenberatung/-edukation von Bedeutung).
              Das Primärziel wird mit einer bestimmten Basisdiagnostik, die je nach Fall ggfs. um weitere Untersuchungen ergänzt wird, relativ gut erreicht. Über die Frage, welche Untersuchungen, d.h. auch welche Laborparameter, zur Basisdiagnostik gehören sollen, wird regelmäßig in verschiedenen Expertengruppen diskutiert und die Empfehlungen publiziert. Diese stellen letztlich immer einen Kompromiss zwischen dem dar, was möglich ist, und dem was (verschiedensten Gründen) zweckmäßig ist. Auch wenn man sich genau danach richtet, und vielleicht sogar von vornherein "etwas mehr macht", als zur Routine empfohlen, wird es aber immer Patienten geben, deren korrekte Diagnose man übersieht, deren Erkrankung man falsch einschätzt. Die Fehlerquote liegt dabei (unabhängig vom Fachgebiet, d.h. auf die gesamte Medizin bezogen) m.W. bei ca. 5% und ich glaube nicht, daß sie sich durch Ausdehnung des Untersuchungsspektrums wesentlich verändern ließe. Für jede Erkrankung gibt es typische Symptomkonstellationen und Verläufe (auch für solche, die durch Bakterien, Viren oder Prionen verursacht werden). Man hat als Arzt im Hinterkopf, daß es immer Ausnahmen gibt, orientiert sich sich aber daran („Die Natur hasst jedes Schema, doch das Schema ist bequema“, R. Grashey). „Und das ist auch gut so“, da systematisches Denken hilft, weniger zu übersehen. Alle zur Verfügung stehenden Untersuchungen durchzuführen, hätte hier u.U. zur Folge, daß das Nachdenken über die Klinik des Patienten und ihren Verlauf abgelöst wird durch z.B. Abarbeiten von Laborparameterlisten. Die sich hierdurch für den Patienten ergebenden Nachteile, wie z.B. die Gefahr der Fehlinterpretation vermeinlich relevanter Befunde oder die Verzögerung der Einleitung einer Behandlung bei Patienten mit einer „normalen“ primär neurodegenerativen Erkrankung wie der Alzheimer-Erkrankung halte ich für nicht unerheblich. Außerdem kostet alles Geld. Auch Labor- und apparative Untersuchungen. Welche sollten also durchgeführt werden? Ich halte die derzeitigen Empfehlungen der verschiedenen Fachgesellschaften, die sich nur geringgradig voneinander unterscheiden, für einen guten Kompromiss.

              Mit freundlichen Grüßen,

              Spruth

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