Ein Mann und eine Frau mit aufgemaltem Magen-Darm-Trakt.
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Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)

Von: Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 13.12.2021

Unter dem Begriff Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) werden Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zusammengefasst. Typische Symptome sind krampfartige Bauchschmerzen und Durchfall. Lesen Sie hier, worin sich die Erkrankungen unterscheiden, wie sie diagnostiziert werden und was Betroffene tun können, um ihre Beschwerden zu lindern.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Definition: Was sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind Autoimmunerkrankungen, die den Verdauungstrakt betreffen. Sie entstehen durch eine Fehlregulation des Immunsystems und rufen Durchfall, starke Bauchschmerzen und Darmblutungen hervor. Meist tritt die Erkrankung bereits in jungen Jahren auf. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind nicht heilbar, Betroffene haben ihr ganzes Leben damit zu tun.

Die genauen Ursachen von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind nicht bekannt. Klar ist, dass eine immunologische Reaktion stattfindet, in deren Folge Entzündungen im Magen-Darm-Trakt auftreten. Die Beschwerden werden schubartig ausgelöst.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen müssen sich aber nicht ausschließlich auf den Magen-Darm-Trakt beschränken. Sie können auch andere Organe befallen, etwa

Ansteckend sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen nicht. Grundsätzlich lassen sich zwei CEDs voneinander unterscheiden: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa . Die genaue Unterscheidung zwischen den beiden Darmerkrankungen ist oftmals zu Beginn der Erkrankung nicht möglich. Zu ähnlich sind sich die Erkrankungen in Beschwerdebild und Untersuchungsbefund. Zur genauen Diagnosestellung müssen gründliche Untersuchungen vorgenommen werden.

Morbus Crohn

Morbus Crohn kann prinzipiell alle Teile des Magen-Darm-Trakts befallen (Mundschleimhaut bis Darmausgang). Es gibt auch Patient*innen mit einem reinen Dünndarm- oder Dickdarmbefall. Bei anderen sind sowohl Dünn- als auch Dickdarm befallen, und bei wieder anderen sind zusätzlich Magen und Zwölffingerdarm betroffen. Die entzündeten Darmregionen können unabhängig voneinander betroffen sein. So können einzelne Teile des Darms betroffen sein, andere hingegen nicht.

Colitis ulcerosa

Colitis ulcerosa befällt ausschließlich den Dickdarm. Der Dickdarm macht in aller Regel die letzten 80 bis 90 Zentimeter des Magen-Darm-Traktes aus. Betroffen ist meist der untere Teil des Dickdarms. Die Erkrankung kann sich aber im weiteren Erkrankungsverlauf auf den gesamten Dickdarm ausbreiten.

Symptome

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen verlaufen in Schüben. Ein solcher Schub kann sich unterschiedlich stark äußern. Er kann nur wenige Tage andauern und dann von selbst wieder verschwinden, ohne, dass eine Behandlung notwendig ist. Er kann aber auch über Wochen oder sogar Monate andauern und bei der*dem Betroffenen erhebliche Beschwerden auslösen und einer Behandlung bedürfen.

Je nachdem, welche chronisch entzündliche Darmerkrankung vorliegt, können die Symptome voneinander abweichen.

Häufige Symptome bei Morbus Crohn

Viele Patient*innen leiden an weiteren entzündlichen Erkrankungen von Augen, Haut, Gelenken und Wirbeln sowie Leber, Nieren oder Harnwegen.

Häufige Symptome bei Colitis ulcerosa

  • Krampfartige Bauchschmerzen, insbesondere im linken Unterbauch
  • Blutig-schleimiger Durchfall, oft mehrmals täglich und nachts
  • Nächtlicher Stuhldrang, oft in Zusammenhang mit Stuhlinkontinenz
  • Blähungen
  • Fieber
  • Gewichtsverlust
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit

Lesetipp: Durchfall – häufig bei CED

Ursachen

Wie und warum chronisch entzündliche Darmerkrankungen auftreten, wirft bis heute Fragen auf. Wahrscheinlich ist eine Kombination aus genetischer Disposition und Umweltfaktoren.

Der Darm verfügt über eine Barriere. Diese scheint bei Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gestört zu sein: Bakterien aus der Darmflora gelangen deshalb fälschlicherweise in die Schleimhaut. Das Abwehrsystem reagiert auf den vermeintlichen Eindringling. Der Darm wird – in Teilen oder vollständig – nicht mehr als körpereigen erkannt. Infolgedessen bekämpfen die körpereigenen Abwehrzellen die Darmbakterien, wodurch eine chronische Entzündung hervorgerufen wird. Zudem kommt es zu Geschwüren und Verletzungen der Darmschleimhaut. Auch Blutungen können auftreten.

Psychische Faktoren

Nach dem derzeitigen Wissensstand ist nicht davon auszugehen, dass psychische Faktoren als Auslöser für chronisch entzündliche Darmerkrankungen in Frage kommen. Dennoch legen diverse Studien nahe, dass psychische Belastungen die Krankheitssymptome verstärken können.

Andersherum kann eine chronisch entzündliche Darmerkrankung auch psychische Störungen auslösen, da die körperlichen Beschwerden oft mit einem hohen Leidensdruck einhergehen und sich erheblich auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken können. Da insbesondere junge Menschen betroffen sind, beeinflusst die Erkrankung die körperliche, psychosoziale und berufliche Entwicklung dieser Patient*innen erheblich. Einige Betroffene nehmen daher parallel auch eine Psychotherapie in Anspruch.

Wer ist betroffen?

Meist äußern sich chronisch entzündliche Darmerkrankungen schon früh: Beide Erkrankungen treten vor allem zwischen dem 15. und dem 35. Lebensjahr auf. Der Morbus Crohn kann allerdings auch schon früh im Kindesalter beginnen. Besonders junge Betroffene erkranken vergleichsweise schwer, da der Entzündungsprozess schon früh beginnt. Die Erkrankung begleitet die Patient*innen ihr ganzes Leben lang. Colitis ulcerosa ist im frühen Kindesalter eher selten und wird meist erst nach der Pubertät manifest.

Die Zahl der Patient*innen ist in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Schätzungen zufolge leiden hierzulande rund 420.000 bis 470.000 Menschen an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung.

Reinlichkeit: Gibt es einen Zusammenhang?

Epidemiologische Daten deuten darauf hin, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen mit steigendem hygienischen Standard häufiger auftreten. Das lässt sich auf folgende Erkenntnisse zurückführen:

  • In nördlichen Gesellschaften mit höheren Hygienestandards treten chronisch entzündliche Darmerkrankungen deutlich häufiger auf, als in südlichen Ländern. Vor allem in den klassischen Entwicklungsländern (etwa in Afrika und Asien), sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen sehr selten.
  • In großen, kinderreichen Familien lassen sich ebenfalls höhere Zahlen feststellen. Je mehr Geschwisterkinder, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Infektionen in die Familie getragen werden.
  • In städtischen Regionen treten mehr chronisch entzündliche Darmerkrankungen auf als auf dem Land.

Wichtig: Zwar deuten diese Daten darauf hin, dass ein früher Kontakt mit Umwelterregern nicht zwangsläufig schädlich ist und das Immunsystem trainiert. Dennoch ist es natürlich wichtig, sich an hygienische Maßnahmen zu halten.

Lesetipp: Nahrungsmittelunverträglichkeit – so macht sie sich bemerkbar

Diagnose

Besteht der Verdacht, dass eine chronisch entzündliche Darmerkrankung vorliegt, wird Ihr*e Hausärzt*in Sie an eine*n Gastroenterolog*in überweisen. Zur frühzeitigen Diagnosestellung ist zunächst eine ausführliche Anamnese unerlässlich. Dabei wird der*die Ärzt*in sich nach Ihren Beschwerden erkundigen und Sie zu Ihrer Krankengeschichte befragen. Zudem wird er*sie wissen wollen, ob es bereits CED-Fälle in der Familie gibt.

Um zu diagnostizieren, ob eine CED vorliegt, stehen eine Reihe verschiedener Laborparameter zur Verfügung. Die Symptome, die mit einer CED einhergehen, können auch auf andere Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts schließen, etwa auf das Reizdarmsyndrom. Die Untersuchungen dienen auch dazu, die Erkrankung spezifischer einzuordnen und Morbus Crohn beispielsweise von Colitis ulcerosa abzugrenzen.

Körperliche Untersuchung

Auf die Anamnese folgt eine körperliche Untersuchung. Dabei tastet der*die Ärzt*in den Bauch des*der Betroffenen ab und befragt ihn*sie, ob und in welchem Bereich Schmerzen auftreten. Auch wird geprüft, ob Folgen von Mangelerscheinungen zu sehen sind, etwa Hautveränderungen, Aphten, Abszesse oder Fisteln.

Weitere Untersuchungen können sich anschließen:

Mehr zur Diagnose von

  • Morbus Crohn finden Sie hier.
  • Colitis ulcerosa finden Sie hier.

Therapie

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind nicht heilbar, weshalb in der Regel eine langfristige medikamentöse Behandlung notwendig ist. Gemeinsam mit dem*der Ärzt*in wird geprüft, auf welche Therapie der*die Betroffene am besten anspringt. Die Einstellung der Medikamente richtet sich nach Art und Intensität der Beschwerden.

Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen werden in der Regel entzündungshemmende Medikamente verschrieben. Dazu zählen:

Operation: Entfernung des Dickdarms

Bei einem schweren Verlauf insbesondere der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa kann es nötig sein, den Dickdarm operativ zu entfernen (Kolektomie). Der Eingriff dient dazu, Darmkrebs vorzubeugen, der infolge dieser Erkrankung häufiger auftritt.

Eine Kolektomie wird aber vergleichsweise selten vorgenommen, da die Lebensqualität ohne Darm deutlich eingeschränkt ist. Entscheiden sich der*die Betroffene und der*die behandelnde Ärzt*in für den Eingriff, wird versucht, einen kleinen Teil des Dickdarms zu erhalten. So kann dieser an den Dünndarm angenäht werden. Die Alternative zu dem sogenannten Pouch wäre ein künstlicher Darmausgang .

Lesetipp: Künstlicher Darmausgang – wann ist er nötig?

Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Nach derzeitigem Wissensstand ist für Patient*innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen keine spezielle Diät notwendig.

Eine ausgewogene und vitaminreiche Kost kann sich allerdings positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken. Vor allem während eines akuten Krankheitsschubes sollten Betroffene auf eine ausreichende Nährstoff- und Flüssigkeitszufuhr achten.

Wichtig ist, dass Betroffene ihren Speiseplan auf Grundlage ihrer individuellen Verträglichkeit zusammenstellen. Insbesondere Menschen mit Morbus Crohn leiden beispielsweise häufig an Laktoseintoleranz oder anderen Lebensmittelunverträglichkeiten. Wenn neben der Grunderkrankung weitere Erkrankungen auftauchen, spricht man von Komorbidität. Potenzielle Komorbiditäten sollten bei der Therapie berücksichtigt werden.

Außerdem wird empfohlen,

  • bevorzugt mehrere kleine Mengen über den Tag verteilt zu verzehren, um den Darm nicht zu überfordern,
  • während akuter Schübe auf Alkohol zu verzichten (vor allem Bier und Weißwein können zu vermehrtem Stuhlgang führen),
  • bei Durchfall besonders proteinreich zu essen, da dem Körper viele Eiweiße verloren gehen.

Bei akuten Beschwerden sollten Betroffene auf bestimmte Lebensmittel möglichst verzichten, da diese den Darm belasten und zu Blähungen führen können. Dazu zählen etwa:

  • ballaststoffreiches Essen,
  • säurehaltige Lebensmittel und kohlensäurehaltige Getränke,
  • Gemüse wie Kohl und Hülsenfrüchte,
  • besonders fettige Lebensmittel.

Lesetipp: Daran erkennen Sie eine Magenschleimhautentzündung

Verlauf

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen begleiten Patient*innen ein Leben lang und sind derzeit nicht heilbar. Dennoch können CEDs ganz unterschiedlich verlaufen. So ist es möglich, dass die Erkrankung phasenweise symptom- und beschwerdefrei verläuft und vorübergehend keine Behandlung notwendig ist. Andersherum gibt es auch Betroffene, die dauerhaft in Therapie sind und bei denen es immer wieder zu Entzündungsschüben kommt.

Ausnahme: Bei der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa ist nur der Dickdarm betroffen. Wird dieser entfernt, wäre die Erkrankung geheilt. Ein solcher Eingriff kommt nicht häufig vor und wird nur bei einem sehr schweren Krankheitsverlauf vorgenommen.

Bei Morbus Crohn kann hingegen der gesamte Magen-Darm-Trakt betroffen sein. Zwar wird auch hier in seltenen Fällen ein Darmsegment entfernt. Die Erkrankung besteht dann, anders als bei Colitis ulcerosa, allerdings weiter und kann an anderen Stellen des Magen-Darm-Trakts wieder auftreten.

Bei der Mehrzahl der Betroffenen kommt es nach langjährigem Krankheitsverlauf zu Komplikationen wie

  • Fisteln (spontan entstandenen Verbindungen zwischen einem Hohlorgan und der Körperoberfläche als äußere Fistel oder einem anderen Hohlorgan als innere Fistel),
  • Abszessen (Eiteransammlungen in nicht vorgebildeten Gewebshöhlen),
  • Konglomerattumor (entzündete Darmschlingen verkleben miteinander)
  • oder einem Darmverschluss.

Häufig machen diese Folgeerscheinungen eine Operation erforderlich.

Ist die Lebenserwartung eingeschränkt?

Studien zeigen, dass die Lebenserwartung von Menschen mit einer CED grundsätzlich vergleichbar ist mit der von gesunden Personen. Betroffene mit einem besonders schweren Krankheitsverlauf können jedoch stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt sein. Um dem entgegenzuwirken, ist eine Behandlung der Symptome und Beschwerden wichtig.

CED und Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung ist in der Regel komplikationsfrei möglich. Wichtig ist nur, dass sich Betroffene mit Kinderwunsch in ärztlicher Behandlung befinden und die Entzündung unter Kontrolle gehalten wird. Die entsprechenden Medikamente sind ebenfalls gut mit einer Schwangerschaft kombinierbar.

Es ist sogar sinnvoll, den Zeitpunkt der Schwangerschaft möglichst so zu planen, dass die werdende Mutter medikamentös gut eingestellt ist. Einzig der Wirkstoff Methotrexat sollte von schwangeren Frauen nicht eingenommen werden.

Vorbeugen

Einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung lässt sich nicht vorbeugen. Dennoch können Betroffene einiges tun, um die Beschwerden zu verringern und die akuten Schübe zu verkürzen.

  • Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung und vermeiden Sie Lebensmittel, die Ihre Symptome verschlimmern (indem sie etwa Bauchschmerzen und Durchfall auslösen).
  • Schlafen Sie ausreichend und gestehen Sie sich Pausen und Entspannung zu.
  • Integrieren Sie Bewegung in Ihren Alltag.
  • Nehmen Sie Ihre Medikamente ordnungsgemäß ein.
  • Suchen Sie ärztlichen Rat auf, wenn Sie sich unwohl fühlen oder starke Beschwerden haben. Der*die Ärzt*in kann bei Bedarf Ihre Medikation anpassen und auftretende Symptome behandeln.

Außerdem wichtig: Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen haben ein höheres Risiko für Darmkrebs. Deshalb sollten Betroffene regelmäßig entsprechende Früherkennungsuntersuchungen in Anspruch nehmen.