Liegendes Baby schaut in die Kamera
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Fontanelle

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 10.12.2021 - 11:09 Uhr

Die Schädelplatten von Ungeborenen und Säuglingen weisen an einigen Stellen Lücken auf. Eine solche Lücke wird auch als Fontanelle bezeichnet. Meist kann man bei Säuglingen über der Stirn gut die große Fontanelle fühlen und beobachten, wie sie leicht pulsiert.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Fontanelle

Neugeborene haben insgesamt sechs Fontanellen. An diesen Stellen sind die Schädelknochen zwar noch nicht über Schädelnähte knöchern verwachsen – sie sind jedoch über ein robustes Bindegewebe verbunden, das die nicht von Knochen bedeckten Bereiche des Gehirns schützt.

Im Lauf der ersten Lebensmonate schließen sich fünf der sechs Fontanellen, nur eine (die große Fontanelle über der Stirn) bleibt noch eine ganze Weile bestehen. Das ist wichtig, damit das Gehirn ungehindert wachsen kann – und dafür benötigt es viel Platz. Da das Gehirn von Säuglingen schnell wächst, muss auch der Schädel schnell wachsen können. Das ist nur möglich, solange die Schädelplatten nicht überall fest miteinander verbunden sind und der Schädel damit gewissermaßen flexibel bleibt.

Keine Sorge: Das Bindegewebe, das die Schädelplatten verbindet, ist sehr robust. Sie können die Fontanelle ruhig vorsichtig anfassen. Sie werden dort den Puls Ihres Kindes fühlen und vermutlich auch sehen können.

Welche Fontanellen gibt es?

Es gibt insgesamt sechs Fontanellen, die an verschiedenen Stellen zwischen den Schädelplatten liegen:

  • Die große Fontanelle (Fonticulus anterior) sitzt über der Stirn am Vorderkopf zwischen den Stirn- und Scheitelbeinen und hat die Form einer Raute.
  • Die kleine Fontanelle (Fonticulus posterior) sitzt am Hinterkopf zwischen den Scheitelbeinen und dem Hinterhauptbein und ist dreieckig. Bei einer normalen Geburt führt diese Fontanelle, das heißt, sie ist der tiefste Punkt des Kindes bei der Geburt.
  • Die hintere Seitenfontanelle (Fonticulus mastoideus), je eine links und rechts, liegt jeweils zwischen dem Schläfenbein, dem Scheitelbein und dem Hinterhauptbein.
  • Die vordere Seitenfontanelle (Fonticulus sphenoidalis), je eine links und rechts, liegt zwischen dem Stirnbein, dem Scheitelbein und dem Keilbein.

Wozu dient die Fontanelle?

Eine Fontanelle hat zwei wichtige Aufgaben:

  1. Sie macht es möglich, dass der Kopf des Säuglings bei der Geburt durch das Becken der Mutter passt.
  2. Sie ermöglicht dem Gehirn das nötige Wachstum.

Der Weg durch den Geburtskanal

Der Geburtskanal ist eng, besonders im Bereich des knöchernen Beckens. Damit der Kopf des Babys bei der Geburt hindurch passt, muss er sich, ohne Schaden zu nehmen, verformen können. Da die Schädelplatten nicht miteinander verwachsen sind, können sie sich unter der Geburt im Bereich der Fontanellen übereinanderschieben. Der Kopfumfang nimmt so etwa zwei Zentimeter ab, der Kopf wird länglich und passt durch den Geburtskanal. Nach der Geburt nimmt der Kopf wieder die ursprüngliche Form an.

Außerdem können Arzt und Hebamme während der Geburt (bei einem Kind in Schädellage) die unterschiedlichen Fontanellen anhand ihrer Größe und Form ertasten und so feststellen, wie der Kopf des Kindes genau liegt. Das ist wichtig, um die Geburt richtig begleiten zu können.

Beispiel: Der Arzt oder die Hebamme ertastet die kleine Fontanelle am Hinterkopf als tiefsten Punkt des Kindes. Das bedeutet, dass das Baby in der sogenannten vorderen Hinterhauptslage liegt, der besten Position für eine unkomplizierte Geburt. Das Baby liegt dabei mit dem Kopf nach unten, dem Gesicht zum Rücken der Mutter und hat den Kopf auf die Brust geneigt.

  • Ertasten Arzt oder Hebamme die große Fontanelle als tiefsten Punkt, bedeutet das, dass das Baby den Kopf in den Nacken gelegt hat – eine schwierigere Ausgangslage.
  • Noch schwieriger ist es, wenn eine der Seitenfontanellen als tiefster Punkt zu ertasten ist: Das Baby hält den Kopf dann schief.

Schädelwachstum

Aber auch wenn das Baby auf der Welt ist, erfüllen die Fontanellen weiterhin eine wichtige Aufgabe: Sie ermöglichen dem Gehirn das nötige schnelle Wachstum!

Das Gehirn von Säuglingen und Kleinstkindern wächst sehr schnell – der knöcherne Schädel muss da mithalten können. Das ist nur möglich, weil die Schädelplatten im Bereich der Fontanellen flexibel sind. Wenn das Gehirn und damit der Schädel allmählich langsamer wachsen, verschließen sich die Fontanellen nach und nach.

Wann schließen sich die Fontanellen?

Am schnellsten schließt sich die kleine Fontanelle am Hinterkopf – sie ist bis zum Ende des 3. Lebensmonats vollständig verschlossen.

Länger brauchen die Seitenfontanellen: Die vorderen Seitenfontanellen schließen sich im Lauf des ersten Lebensjahres, die hinteren Seitenfontanellen bis zum 18. Lebensmonat.

Am deutlichsten ist die große Fontanelle sichtbar und tastbar. Bei der Hälfte der Kinder verschließt sie sich zwischen dem 9. und 18. Lebensmonat. Es ist aber auch möglich, dass sie bereits mit 6 Monaten oder aber erst mit 27 Monaten verschlossen ist. In diesem Zeitrahmen ist alles normal.

Der Kinderarzt wird im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen überprüfen, ob die Fontanellen, vor allem die große Fontanelle, bereits verschlossen oder noch geöffnet sind. Besonders bei der U4 überprüft er, ob die große Fontanelle noch ausreichend weit geöffnet ist, um dem Gehirn das nötige Wachstum zu ermöglichen.

Wenn Sie unsicher sind, ob sich die Fontanelle Ihres Babys zu früh oder zu spät schließt, sprechen Sie mit Ihrem Kinderarzt.

Wie sieht eine normale Fontanelle aus?

Fünf der sechs Fontanellen sind schnell verschlossen und meist nicht deutlich tastbar. Anders dagegen die große Fontanelle über der Stirn: Sie können diese Fontanelle vorsichtig mit den Fingern erfühlen und meist auch den Puls des Kindes dort gut erkennen.

Wenn Sie unsicher sind, ob die Fontanelle normal aussieht, achten Sie auf Folgendes:

  • Ist die Fontanelle flach oder leicht eingefallen, wenn Ihr Kind aufrecht ist (sitzend oder auf Ihrem Arm)?
  • Ist die Fontalle flach oder wölbt sie sich leicht nach außen, wenn Ihr Kind liegt?
  • Fühlt sich die Fontanelle weich an, wenn Sie vorsichtig darauf drücken?
Wenn Sie diese Fragen mit "ja" beantworten können, ist vermutlich alles in Ordnung. Wenn Sie dennoch unsicher sind, besprechen Sie sich mit Ihrem Kinderarzt.

Wenn Sie Folgendes beobachten, sollten Sie aber auf jeden Fall den Kinderarzt aufsuchen:

  • Die Fontanelle wölbt sich auch in aufrechter Position nach außen: Das kann ein Hinweis auf eine Entzündung sein.
  • Die Fontanelle ist auch im Liegen deutlich eingesunken: Das kann ein Hinweis auf Dehydrierung, also starken Flüssigkeitsverlust bzw. -mangel, sein.
  • Die Fontanelle ist straff gespannt, nicht weich und gibt auf Druck nicht nach: Auch das kann auf eine Entzündung hinweisen.