Frau verabreicht sich Insulin
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Was ist Insulin und wie wirkt es?

Von: Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education), Frederike Rausch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.09.2023

Insulin ist von essenzieller Bedeutung für den Stoffwechsel, da es Glukose (Traubenzucker) aus dem Blut in die Zellen befördert. Viele Menschen mit Diabetes mellitus müssen sich Insulin spritzen. Mehr zur Insulinwirkung erfahren Sie hier.

Häufige Fragen und Antworten zu Insulin

Es handelt sich um ein blutzuckersenkendes Hormon, welches in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gebildet wird. Insulin spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Behandlung von Diabetes mellitus.

Insulin fördert die Aufnahme von Traubenzucker aus dem Blut in die Körperzellen. Auf diese Weise senkt es den Blutzuckerspiegel. Sein Gegenspieler heißt Glukagon, es lässt den Blutzuckerspiegel ansteigen.

Bei Diabetes mellitus müssen viele Menschen in der Regel lebenslang Insulin spritzen, da ihre Insulinproduktion gestört ist. Dafür wird eine spezielle Pen-Nadel verwendet.

Ein hoher Insulinspiegel kann zu niedrigem Blutzucker (Hypoglykämie) führen, die Fettverbrennung hemmen und langfristig zu einer Insulinresistenz führen. Dabei reagieren die Körperzellen nicht mehr empfindlich auf das Hormon.

Was ist Insulin?

Insulin ist ein lebensnotwendiges Hormon für den Stoffwechsel im Körper. Es setzt sich aus bestimmten Eiweißbausteinen (Aminosäuren) zusammen und entsteht bei gesunden Menschen in der richtigen Menge in der Bauchspeicheldrüse  – genauer gesagt in den Betazellen, welche sich in den Langerhans-Inseln (Inselzellen) befinden. Von dort gelangt es in den Blutkreislauf, wo es verschiedene wichtige Funktionen erfüllt. 

Insulin spielt eine wesentliche Rolle bei der Behandlung von Diabetes-Typ-1, bei dem ein Inuslinmangel besteht und Diabetes-Typ-2, bei dem der Zucker im Blut von den körpereigenen Zellen nicht mehr richtig aufgenommen und verwertet werden kann.

Interessant zu wissen: Die Inselzellen schütten nicht nur Insulinmoleküle ins Blut aus, sondern auch das Hormon Glukagon. Es ist der Gegenspieler von Insulin. Während Insulin blutzuckersenkend wirkt, lässt Glukagon den Blutzuckerspiegel ansteigen. 

Wie wirkt Insulin im Körper?

Nach einer Mahlzeit gerät der Zucker aus den Nahrungsmitteln über den Darm ins Blut – der Blutzuckerspiegel steigt. Dies führt dazu, dass die Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) vermehrt Insulin ins Blut ausschütten. Aber auch bestimmte Hormone und Aminosäuren können bewirken, dass mehr Insulin produziert wird.

Insulin dockt an bestimmten Insulinrezeptoren an den Zellen an und bewirkt damit, dass die Zellmembran Glukose durchlässt. Das Insulin schließt die Zelle gewissermaßen auf und macht sie so durchlässig für den nötigen Zucker – der Blutzuckerspiegel sinkt wieder. Bei niedrigem Blutzuckerspiegel produziert die Bauchspeicheldrüse entsprechend weniger Insulin.

Menge an Insulin schwankt mit den Tageszeiten

Etwa eine Stunde nach einer Mahlzeit ist die Insulinausschüttung am höchsten, nach zwei Stunden ist der Insulinwert wieder auf den Nüchternwert gesunken. Darüber hinaus schwankt die Menge des benötigten Insulins auch mit den Tageszeiten: Morgens braucht der Körper viel Insulin, um regelmäßig Glukose in die Zellen zu transportieren – denn der Körper benötigt tagsüber auch mehr Energie. Abends und nachts ist die Insulinausschüttung dagegen niedrig.

Interessant zu wissen: Im Normalfall wird Insulin nicht nur nach der Nahrungsaufnahme, sondern auch im Schlaf und nüchternen Zustand in geringen Mengen ausgeschüttet. Fachleute sprechen hierbei von Basalinsulin. Insulin befördert Zucker insbesondere in Zellen der Muskeln, der Leber sowie Nieren und des Fettgewebes. Die Hirnzellen können dagegen Glukose unabhängig vom Insulin aufnehmen. 

Weitere Aufgaben von Insulin

Insulin sorgt nicht nur dafür, dass die Körperzellen Glukose aus Nahrungsmitteln verwerten können, es ist auch an weiteren Prozessen im Körper beteiligt. So beeinflusst Insulin den Fettstoffwechsel direkt: Es fördert die Aufnahme von Fettsäuren in die Fettzellen und die Speicherung von Fett, vor allem, wenn viel Nahrung aufgenommen wurde. Zudem steigert es die Herzkraft, fördert die Zellteilung und das Zellwachstum. 

Was ist eine Insulinresistenz?

Bei einer Insulinresistenz wird zwar Insulin gebildet, die Körperzellen reagieren jedoch nicht mehr auf die Signalwirkung des Insulins, sodass sie die Glukose nicht verarbeiten können. Die im Blut befindliche Glukose aus der Nahrung kann also nicht mehr in die Körperzellen gelangen. Dadurch steigt der Blutzucker nach und nach weiter an, was zu unterschiedlichen Folgeschäden, etwa einer Störung des Fettstoffwechsels, führen kann. Eine Insulinresistenz ist eine wesentliche Ursache für einen Typ-2-Diabetes.

Insulin spritzen bei Diabetes mellitus

Insulin spielt bei der Therapie von Diabetes mellitus eine entscheidende Rolle. Bei Typ-1-Diabetes werden die insulinbildenden Zellen durch eine Autoimmunreaktion in der Bauchspeicheldrüse nach und nach zerstört. Liegt ein Typ-2-Diabetes vor, reagieren die Zellen nicht oder nicht mehr ausreichend auf das Insulin – sie werden gegen Insulin resistent.

Insulintherapie bei Diabetes mellitus

Patient*innen mit Typ-1-Diabetes müssen aufgrund der gestörten Insulinfreisetzung von außen Insulin zuführen. Die Injektion erfolgte vor einigen Jahren noch mit Spritzen, mittlerweile kommen spezielle Pen-Nadeln zum Einsatz, mit denen das Hormon ins Unterhautfettgewebe gespritzt wird. Als Tablette eingenommen würde Insulin seine Wirkung verlieren, da die Magensäure die Substanz schädigen würde.

Vor allem bei Typ-1-Diabetes können auch Insulinpumpen zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um ein kleines Gerät, das kontinuierlich Insulin an den Blutkreislauf abgibt, um die Grundversorgung zu sichern. Dies geschieht etwa über einen dünnen Schlauch, der unter die Haut gelegt wird. 

Die erforderliche Menge wird in der Diabetologie als Bolus bezeichnet. Bei der Berechnung des Bolus spielen mehrere Faktoren eine Rolle, beispielsweise die Menge an Kohlenhydraten der aufgenommenen Mahlzeit sowie die aktuelle Blutzuckerhöhe.

Auch viele Typ-2-Diabetiker*innen sind auf eine Zuführung des Hormons von außen angewiesen, wenn andere Therapien wie Ernährungsumstellung oder andere Medikamente nicht ausreichen.

Interessant zu wissen: Den Grundstein für die Diabetes-Therapie legte der Chirurg Frederick Granz Banting vor über 100 Jahren. Er entwickelte mit seinem Team im Tierversuch Methoden, um Insulin zu isolieren. 

Überzuckerung und Unterzuckerung

Eine Über- oder Unterzuckerung kann vor allem bei Diabetes mellitus auftreten. Bei einer akuten Überzuckerung ist zu wenig Insulin vorhanden, das die im Blut befindliche Glukose in die Zellen transportieren kann, oder aber die Zellen sind gegen die Wirkung des Insulins resistent. Beschwerden bei einer Überzuckerung sind beispielsweise Müdigkeit, Durst, vertiefte Atmung und Bewusstlosigkeit.

Eine Unterzuckerung entsteht häufig, wenn Menschen mit Diabetes zu viel Insulin gespritzt haben. Sie äußert sich durch Symptome wie Angstgefühle, Schweißausbrüche, Zittern, Hunger, Übelkeit und Bewusstseinsstörungen.

Insulinarten und Insulinwirkung

Zur Diabetes-Behandlung kommen heute meist gentechnisch hergestellte Insuline zum Einsatz: sogenannte Humaninsuline und Insulinanaloga. Humaninsuline werden aus genetisch veränderten Bakterien und Hefezellen gewonnen und gleichen dem menschlichen Insulin. Insulinanaloga verfügen über eine andere chemische Struktur, wirken aber ähnlich.

Für die Therapie stehen darüber hinaus verschiedene Insulinpräparate zur Verfügung, die sich generell nach ihrer Wirkdauer unterscheiden lassen: 

  • kurzwirksame Insuline zeigen ihre Wirkung schon nach einigen Minuten und sollen den akuten Bedarf nach Mahlzeiten abdecken.
  • Verzögerungsinsuline sollen die Grundversorgung sicherstellen und wirken langsamer, aber auch länger. Das Gebräuchlichste ist etwa das sogenannte NPH-Insulin (Neutral-Protamin-Hagedorn).
  • Mischinsuline sind kombinierte Präparate, die nach den persönlichen Bedürfnissen zusammengestellt werden können.