Gallenwirksame Mittel

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 12.09.2007

auch bezeichnet als:
Cholagoga und Cholekinetika

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "gallenwirksame Mittel" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Diese Wirkstoffgruppe findet Anwendung bei Erkrankungen, die mit Gallenbeschwerden und -steinen zusammenhängen.

Entgegen einer verbreiteten Meinung ist die Gallenblase kein Organ, das Sekrete herstellt. Der Gallensaft mit den Gallensäuren wird in der Leber produziert. Die Gallenblase dient lediglich der Sammlung der Gallensäfte. Da sie nicht fortlaufend benötigt werden, ist es die Aufgabe der Gallenblase, die vorrätigen Verdauungssäfte abgestimmt auf die Mahlzeiten und den Bedarf abzugeben.

Gallenstörungen haben im Allgemeinen zwei Ursachen:
  • Eine mangelhafte Produktion von Gallensäuren in der Leber:
    Daraus folgt eine gestörte Fettverdauung, da erst Gallensäuren die Fette so aufbereiten, dass sie aus dem Darm in das Blut aufgenommen werden können. Leitsymptome einer gestörten Fettverdauung sind Völlegefühl, Blähungen, Krämpfe im oberen Bauchbereich und ein sehr heller Stuhl, manchmal Durchfall. Besonders häufig treten diese Symptome nach der Nahrungsaufnahme von fetten Speisen auf.
  • Die Bildung von Gallensteinen:
    Aus dem Gallensaft können sich in der Gallenblase unter bestimmten Umständen Kristalle bilden, die sich zu Gallensteinen oder auch so genanntem Gallengrieß zusammenlagern. Wird der Gallengang zum Darm durch solche Steine verstopft, kann es zu Koliken und Entzündungen der Gallenblase kommen.
    Zu etwa 80 Prozent bestehen die Steine in den Industrieländern aus Cholesterin. Sie sind gelb und können Kirschgröße erreichen. Etwa 20 Prozent der Gallensteine sind so genannte Pigment- oder Bilirubinsteine. Sie enthalten im Kern meist Cholesterin, an das sich Gallenfarbstoff (Bilirubin) anlagert. Sie sind in der Regel etwa sandkorngroß und treten in größeren Mengen auf. Ihre Farbe ist braun bis schwarz und ihre Konsistenz weich und bröckelig. Sowohl Cholesterin- als auch Pigmentsteine können aufgrund von entzündlichen Prozessen durch Calciumeinlagerung verkalken. Dabei entsteht eine Mischung aus Cholesterin, Pigment und Kalk. Solche Steine sind häufig vielfarbig und hart.
Die Gallenmedikamente werden je nach dem Befund ausgewählt:
  • Ist ein vermehrter Gallenfluss notwendig, greift man zu so genannten Choleretika. Dazu gehören die Naturstoffe Ochsengalle und Dehydrocholsäure, aber auch synthetische Stoffe wie Febuprol und Hymecromon. Nicht verwendet werden dürfen Choleretika bei akuter Leberentzündung, bei eitriger Gallenentzündung und allen Verschlüssen der Gallengänge durch Tumoren oder Steine.
  • Bestehen Entleerungsstörungen der Gallenblase, helfen Lösungen mit Magnesiumsulfat oder Sorbit. Auch Krampflöser (Spasmolytika) werden häufig eingesetzt.
  • Sind die Gallensteine kleiner als 15 Millimeter, bestehen sie nur aus Cholesterin und sind nicht verkalkt, bietet sich die Möglichkeit, die Steine mit Hilfe spezieller Wirkstoffe aufzulösen. Diese bestehen aus fettverdauenden Gallensäuren wie Chenodeoxycholsäure oder Ursodeoxycholsäure. Da durch sie die Gallenproduktion der Leber gesteigert wird, muss die Gallenblase des Patienten einen guten Abfluss gewährleisten.

Wirkung

Choleretika stellen selbst Stoffe dar, die nach der Aufnahme aus dem Dünndarm von der Galle ausgeschieden werden. Sie regen die Produktion von Gallenflüssigkeit an. Neben dieser Wirkung hat Hymecromon gleichzeitig auch einen krampflösenden Effekt.

Magnesiumsulfat und Sorbit reizen die Gallenblase zu einer reflexartigen Entleerung. Spasmolytika entkrampfen die abführenden Gallenwege und sind so einem verstärkten Gallenabfluss förderlich.

Der Versuch einer Stein-Auflösung sollte nur unternommen werden, wenn es sich um reine Cholesterinsteine handelt. Diese erkennt der Arzt bei der Diagnose, da sie im Ultraschall (Sonogramm), aber nicht auf dem Röntgenbild sichtbar sind.

Chenodeoxycholsäure und Ursodeoxycholsäure wirken auf drei Wegen:
  • Hemmung der Ausscheidung von Cholesterol-Abkömmlingen in den Gallensaft
  • Hemmung der Cholesterin-Herstellung in der Leber durch Blockade des Enzyms HMG-CoA-Reduktase. Darin ist der Wirkmechanismus beider Substanzen mit dem der Statine vergleichbar.
  • Hemmung der Cholesterin-Wiederaufnahme aus dem Darm.