Tuberkulose-Mittel

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 04.06.2012

auch bezeichnet als:
Antituberkulotika; Tuberkulostatika

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Tuberkulose-Mittel" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Alle Tuberkulose-Mittel sind im weiteren Sinne Antibiotika. Sie richten sich gegen die Erreger der Tuberkulose, die Mykobakterien. Zu dieser Gruppe gehören vor allem das durch Robert Koch 1882 beschriebene Mykobacterium (M.) tuberkulosis, aber auch M. bovis und M. leprae (der Lepra-Erreger).

Tuberkulose ist die häufigste Infektionskrankheit. Sie betrifft vor allem das Lungengewebe, kann aber auch an anderen Organen auftreten. Die Tuberkelbakterien können dabei entweder außerhalb von Zellen in sogenannten Herden vorkommen als auch in den Zellen, vorzugsweise den Freßzellen (Makrophagen). Alle Tuberkulose-Mittel müssen daher gut in Gewebe eindringen können. Meist wirken sie nur in der Wachstumsphase der Bakterien. Wenn diese in schon absterbenden Geweben angesiedelt sind, wachsen sie aufgrund des dort herrschenden Sauerstoffmangels nur wenig. Das erhöht die Gefahr, dass nach Ende der Therapie einige Bakterien überleben und zum Wiederaufflammen der Erkrankung führen. Ein weiteres Risiko ist die große Zahl der Erreger, vor allem in den Herden, die die Entwicklung von Resistenzen gegen die Tuberkulose-Mittel begünstigt. Bei einer Therapie sind daher immer zwei Wirkstoffe zu kombinieren, gegen die die Erreger empfindlich sind und die Therapie muss ausreichend lange fortgeführt werden.

Die gegen Tuberkulose wirksamen Substanzen werden in Mittel der ersten und zweiten Wahl eingeteilt. Die Wirkstoffe der ersten Wahl, zu denen Isoniazid, Pyrazinamid, Rifampicin, Ethambutol und Streptomycin zählen, dienen der Behandlung im Regelfall. Sie werden stets miteinander kombiniert, wobei die Auswahl der Kombinationspartner von der individuellen Empfindlichkeit der Erreger abhängt.

Reservestoffe werden dagegen nur eingesetzt, wenn diese Basisstoffe nicht vertragen werden oder dagegen Resistenzen bestehen. Zu den Reservestoffen zählen Rifabutin, Aminoglykosid-Antibiotika, Protionamid, p-Aminosalicylsäure, Diaphenylsulfon und Moxifloxacin, ein Gyrasehemmer. Terizidon wird aufgrund seiner schweren Nebenwirkungen nur noch in Ausnahmefällen benutzt.

Wirkung

Vier der Tuberkulose-Mittel der ersten Wahl greifen gezielt in den Stoffwechsel der Mykobakterien ein. Diese müssen zum Aufbau ihrer Zellwände Mykolsäure produzieren. Isoniazid wie auch Pyrazinamid, Protionamid und Ethambutol hemmen auf unterschiedlichen Wegen diesen Aufbau. Isoniazid und Pyrazinamid zerstören dazu außerdem wichtige Zellbestandteile der Mykobakterien. Rifampicin und das als zweite Wahl geltende Rifabutin hemmen den Eiweißaufbau der Erreger.

Von den erst in zweiter Reihe angewendeten Tuberkulose-Mitteln greifen Aminoglykosid-Antibiotika wie Streptomycin ebenfalls hemmend in den Eiweißaufbau der Mykobakterien ein, indem sie für den Einbau falscher Aminosäuren und damit die Bildung funktionsloser Proteine sorgen. Protionamid ist dem Isoniazid chemisch verwandt. Es stört die zum Mykolsäure-Aufbau nötige Produktion gesättigter Fettsäuren. p-Aminosalicylsäure verdrängt wie die Sulfonamide die p-Aminobenzoesäure, die von den Bakterien zum Aufbau der für sie lebensnotwendigen Dihydrofolsäure benötigt wird. Moxifloxacin wirkt abtötend auf die Baktieren, da es die Gyrase hemmt, ein Enzym, das die gesamte Ablesung von Erbgut steuert. Damit werden sämtliche Stoffwechseltätigkeiten unterbunden.