Mittel gegen Malaria

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 23.03.2018

auch bezeichnet als:
Antimalariamittel; Malaria-Mittel; Malariamittel

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Mittel gegen Malaria" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Wie der Name schon sagt, werden Malariamittel gegen die Erkrankung Malaria eingesetzt, die man auch Sumpffieber, Drei- oder Viertagsfieber nennt. Sie ist durch anfallartige Krankheitsschübe mit hohem Fieber gekennzeichnet. Begleitend kommt es zu Schüttelfrost und Schweißausbrüchen. Außerdem treten Schwellungen von Leber und Milz, Wassereinlagerungen in das Gewebe (Ödeme) und kleine innere Blutungen auf. Ursächlich ist dafür eine Zusammenballung der roten Blutkörperchen, die die kleinsten Blutgefäße verstopft. Die gleichzeitige Zerstörung von roten Blutkörperchen führt zu einer Blutarmut. Insgesamt werden die Patienten außerordentlich geschwächt und versterben oft an Herzversagen.

Malaria ist die am weitesten verbreitete Erkrankung, die durch einen Parasiten verursacht wird. Dieser mit bloßem Auge nicht sichtbare Parasit gehört zur Gruppe der Plasmodien. Je nach Art des verursachenden Plasmodiums gibt es verschiedene Formen der Krankheit:
  • Plasmodium vivax oder ovale verursacht die Malaria tertiana, das "Dreitagsfieber".
  • Plasmodium malariae ist der Verursacher der Malaria quartana, des "Viertagsfiebers".
  • Plasmodium falciparum ist der Erreger der Malaria tropica, der Malariaform mit der weitesten Verbreitung und der höchsten Todesrate.
Alle Plasmodien brauchen zwei wesentliche Voraussetzungen zum Leben: Erstens dauerhafte Wärme von mindesten 21°C und zweitens ein Feuchtgebiet. Der Malaria-Erreger verbringt einen Teil seines Lebens in einer Mücke (meist Anopheles-Mücke) und nutzt diese, um beim Stich in das Blut des Menschen zu gelangen. Da alle Mücken für die Entwicklung zum ausgewachsenen Insekt Wasser benötigen, ist die Malaria besonders in Gebieten mit vielen Wasserläufen und Sümpfen zu finden.

Eine Ansteckung mit Malaria findet aus den genannten Gründen hauptsächlich in den Tropen und deren Randgebieten statt. Daher sollte man sich bei Fernreisen grundsätzlich nach der Notwedigkeit einer Vorbeugung oder der Mitnahme von Malariamitteln erkundigen.

Allerdings kann sich die Gefahr der Malaria mit dem Klimawandel auch auf die gemäßigten Zonen ausbreiten. Es wird bereits von Fällen berichtet, in denen während der letzten heißen Sommer eine aus den Tropen eingeschleppte Malaria vermutlich auch durch in Deutschland heimische Mücken übertragen wurde. Bei unklaren Zuständen mit hohem Fieber sollte daher immer auch bei uns an die Möglichkeit einer Malariainfektion gedacht werden. Denn: Sehr gefährlich ist die Verwechselung mit einem grippalen Infekt, die zur falschen Behandlung oder erst verspätet zur richtigen Therapie führt.

Wirkung

Der Erreger der Malaria (Plasmodium) benutzt den Menschen als so genannten Wirt (seinen Lebensraum) und bestimmte Mückensorten als Überträger.

Die Entwicklung der Plasmodien ist sehr kompliziert: Eine Mücke nimmt während des Blutsaugens bei einem Menschen die Sporen des Erregers auf. Diese werden beim Stich einer weiteren Person durch den Mückenspeichel übertragen. Das Blut schwemmt die Sporen in die menschliche Leber, wo sie die nächste Entwicklungsstufe zu den so genannten Schizonten durchlaufen. Die Schizonten schwärmen in das Blut ihres Wirtes aus und nisten sich in den roten Blutkörperchen zur weiteren Entwicklung ein. Sind sie zu fertigen Plasmodien herangereift, platzen die roten Blutkörperchen auf und setzen die Erreger frei. Der Körper reagiert dann mit einem schweren Fieberanfall. Saugt eine bisher nicht infizierte Mücke das verseuchte Blut, wird auch aus ihr wieder ein Überträger, über den die Erreger auf dem beschriebenen Weg in den nächsten Menschen gelangen.

Die Plasmodien befreien sich nicht alle mit einem Schlag aus den roten Blutkörperchen. So werden in unregelmäßigen Abständen über Jahre hinaus immer wieder Erreger in den Blutkreislauf entlassen. Daher entwickeln Malariakranke immer wieder neue Fieberattacken.

Die körpereigene Abwehr kann die Erreger nur schwer vernichten. Solange sich die Plasmodien in den roten Blutkörperchen befinden, sind sie nämlich für das Immunsystem praktisch unsichtbar. Lediglich die frei im Blut befindlichen Plasmodien können erfasst werden. Deshalb ist es notwendig, die Ausmerzung der Erreger medikamentös zu unterstützen.

Nach ihrem Wirkungsmechanismus unterscheidet man bei den Malariamitteln vier Gruppen:
  • Hemmer der so genannten Hämpolymerase wie Chloroquin, Chinin, Lumefantrin und Mefloquin. Diese Stoffe hemmen das Enzym Hämpolymerase, welches die Erreger in der Lebensphase innerhalb der roten Blutkörperchen (Blutschizonten) benötigen. Die zu ihrer Vermehrung nötigen Aminosäuren beziehen die Plasmodien aus dem Abbau des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Dabei aber entsteht ein für sie giftiges Abfallprodukt. Mit Hilfe der Hämpolymerase lagern sie dieses zusammen und machen es dadurch unschädlich. Schalten die Wirkstoffe das Enzym aus, sterben die Erreger an dem giftigen Abfallprodukt.
  • Hemmer der Nukleinsäuresynthese. Wirkstoffe wie Atovaquon, Proguanil und Pyrimethamin blockieren die Herstellung von Erbsubstanz, die jedoch für jede Zellteilung verdoppelt werden muss. So verhindern die Wirkstoffe die Zellteilung und damit eine Vermehrung der Erreger. Wirkstoffe dieser Gruppe sind vor allem gegen die im Körpergewebe aktiven Erregerformen (Gewebeschizonten) und weniger gegen die im Blut befindlichen Blutschizonten wirksam. Pyrimethamin wird zudem in Kombinationen mit Wirkstoffen (Dapson, Sufadoxin) angewandt, die die Produktion der für die Malaria-Erreger lebensnotwendigen Folsäure hemmen.
  • Erzeuger von Radikalreaktionen. Vertreter dieser Gruppe sind die natürlich im Beifuß-Kraut (Artemisia annua) vorkommenden Inhaltsstoffe Artemisinin und Dihydroartemisinin sowie Artemether, ein chemisch erzeugter Verwandter dieser Substanzen. Die Wirkstoffe erzeugen Sauerstoff-Radikale, die lebensnotwendige Strukturen des Malaria-Erregers zerstören. So werden Erreger und ihre vermehrungsfähigen Formen, die sich in den roten Blutkörperchen befinden, vernichtet. Momentan ist nur Artemether in einer Kombination mit Lumefantrin erhältlich.
  • Hemmer der Zellatmung. Einziger Vertreter dieser Gruppe ist das in Deutschland wegen seiner Nebenwirkungen nicht zugelassene Primaquin. Es ist das einzige Malariamittel, das auch gegen die inaktiven, ruhenden Plasmodien (Hypnozoiten) wirksam ist. Da es jedoch die in den Blutkörperchen auftretenden Formen nicht angreift, ist es zur Behandlung der akuten Erkrankung nicht geeignet.
Will man sich nur kurz in einem Gebiet aufhalten, in dem Malaria übertragen wird, steht die Infektions-Vorbeugung an erster Stelle. Diese besteht zunächst in der Abwehr der Mücken mit Moskitonetzen und abschreckenden Hautprodukten (Repellents). Zur vorbeugenden Behandlung (Prophylaxe) geeignete Wirkstoffe sind beispielsweise Chloroquin, Proguanil und Mefloquin. In Gebieten mit hoher Erreger-Resistenz wird auch Doxycyclin aus der Antibiotikagruppe der Tetracycline zur Vorbeugung genutzt. Die Art der Malariaprophylaxe sollte in jedem Fall individuell vom Arzt festgelegt werden. Denn Reiseziel, Reisedauer, Art der Reise, Jahreszeit, Vorerkrankungen, Unverträglichkeitsreaktionen, die Einnahme anderer Medikamente oder das Alter des Patienten haben entscheidenden Einfluss auf die Auswahl des Wirkstoffs. Allerdings ist auch eine Malariaprophylaxe nicht absolut sicher und kann teilweise erhebliche Nebenwirkungen haben.

Bei einem länger währenden Aufenthalt verzichtet man zumeist auf eine vorbeugende Einnahme. Stattdessen wird bei Verdacht auf eine Erkrankung (plötzliches hohes Fieber) eine Notfalltherapie (Stand-by-Therapie) durchgeführt. Dazu eigenen sich die Wirkstoffe Chloroquin, Chinin, Mefloquin, Halofantrin und Atovaquon. Zur Verhütung nachfolgender Malariaanfälle kann Primaquin eingesetzt werden, da es auch die in den roten Blutkörperchen versteckten Plasmodien zu erfassen vermag.

Alle diese Malariamittel sollten auch schon deshalb nur im Notfall eingesetzt werden, weil die Plasmodien zunehmend Resistenzen gegen die Wirkstoffe bilden. Unter Resistenz versteht man die Fähigkeit eines Krankheitserregers, durch Veränderung seiner Eigenschaften der Wirkung des Arzneistoffs zu entgehen. Je öfter man ein Malariamittel einsetzt, desto mehr fördert man die Ausbreitung resistenter Plasmodien. Dadurch wird letztendlich auch die Notfalltherapie unbrauchbar. Nach Rückkehr in gemäßigte Klimazonen können die Malariamittel hingegen frei verwendet werden. Noch stellen die hiesigen Mücken normalerweise keine Überträger dar, und so kann auch keine Verbreitung der resistenten Plasmoiden erfolgen.

Grundsätzlich sollten Mückenstiche in Gebieten mit erhöhter Ansteckungsgefahr durch entsprechende Kleidung und Insektenabwehrmittel (Repellents) vermieden werden. Außerdem ist das Schlafen unter einem Mückennetz unbedingt zu empfehlen. Diese Maßnamen sind auch sinnvoll, wenn zusätzlich Medikamente zur Vorbeugung eingenommen werden.