Lokalantibiotika und -kombinationen

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 07.12.2009

auch bezeichnet als:
Antibiotika und -kombinationen, örtlich begrenzt wirksame ; örtlich anzuwendende Antibiotika und -kombinationen; örtlich begrenzt wirksame Antibiotika und -kombinationen

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Lokalantibiotika und -kombinationen" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Lokalantibiotika bekämpfen durch Bakterien verursachte Infektionen direkt am Zielort, zum Beispiel auf der Haut, der Schleimhaut oder im Rachen.
  • In Mund und Rachen können Lokalantibiotika bei Entzündungen des Mund- und Rachenraums, bei Entzündungen von Mundschleimhaut und Zahnfleisch und bei Halsschmerzen mit Schluckbeschwerden eingesetzt werden.
  • An der Haut sind Verletzungen, Wunden, Verbrennungen und Geschwüre die Einsatzgebiete für Lokalantibiotika. Sie dienen dabei der Vorbeugung einer Infektion, aber auch der Bekämpfung einer bereits vorhandenen Bakterien-Besiedelung.
  • Im Bereich der oberen Luftwege kommt ebenfalls ein Lokalantibiotikum zum Einsatz, das zur Anwendung vernebelt und dann gesprüht oder eingeatmet wird. Es wirkt ausschließlich auf den Schleimhäuten im Nasen- und Rachenbereich.
  • Manche Lokalantibiotika werden auch geschluckt. Anders als bei der sonstigen Einnahme von Arzneistoffen sollen die Wirksubstanzen dann aber nicht über den Darm in das Körperinnere und Blut gelangen, sondern nur örtlich an der Darmschleimhaut wirken. Man wählt diesen Weg der Infektionsbehandlung zu Beispiel bei entzündlichen Darmschleimhauterkrankungen.

Die Wirkstoffgruppe der Lokalantibiotika und ihrer Kombinationen sind nicht zur Behandlung von Infektionskrankheiten innerer Organe oder des ganzen Körpers (systemische Infektionen) geeignet. Bei innerer Anwendung hat diese Wirkstoffgruppe oft starke Nebenwirkungen. So sind sie zum Teil schädlich für Nieren, Nerven und Gehör.

Zu den nur äußerlich eingesetzten Lokalantibiotika gehören viele unterschiedliche Substanzen und chemische Gruppen:
  • Große Bedeutung haben die so genannten Polypeptid-Antibiotika. Sie sind ähnlich wie Eiweiße aufgebaut und wären bei systemischer Anwendung stark nerven- und nierenschädlich. In diese Kategorie gehören Polymyxin B, Colistin, Bacitracin und Thyrothricin.
  • Neomycin aus der Gruppe der Aminoglykosid-Antibiotika wird häufig mit Bacitracin kombiniert. So ergänzen sich Bakterienhemmung (durch Bacitracin) und Bakterienabtötung (durch Neomycin). Neomycin darf nur lokal eingesetzt werden, da es stark ohren- und nierenschädlich ist.
  • Weiterhin gehört zu den Lokalantibiotika der Wirkstoff Mupirocin. Dieser wirkt bakterienhemmend und kann auch gegen den (zum Beispiel in Krankenhäusern vorkommenden) Problemkeim Staphylococcus aureus eingesetzt werden. Mupirocin wird im Blut rasch in unwirksame Abbauprodukte gespalten und kann aus diesem Grunde nur örtlich auf der Haut Einsatz finden.
  • Chloramphenicol ähnelt in seiner Wirkung den Tetrazyklinen. Bei innerlicher Gabe besteht die Gefahr von Knochenmarksschädigungen als schwere Nebenwirkung. Deshalb wird es heute innerlich nur noch als so genanntes Reserveantibiotikum eingesetzt, wenn andere systemische Antibiotika versagen. Als Lokalantibiotikum ist Chloramphenicol allerdings gut wirksam und verträglich.
  • Ebenfalls als Lokalantibiotikum wird Nitrofural aus der Antibiotika-Gruppe der Nitrofuran-Abkömmlinge eingesetzt.

Wirkung

Viele Antibiotika wirken sowohl lokal begrenzt als auch allgemein im Körper. Vielfach kommt es einfach nur darauf an, in welcher Arzneiform sie verarbeitet sind. So können natürlich alle Antibiotika, die in Arzneiformen zur örtlichen Anwendung (wie Salben, Cremes, Augentropfen, Gurgellösungen und Lutschtabletten) eingearbeitet werden, als Lokalantibiotika bezeichnet werden.

Lokalantibiotika im engeren Sinne, wie sie in dieser Wirkstoffgruppe zusammengefasst sind, werden allerdings ausschließlich lokal auf der Haut oder Schleimhaut eingesetzt. Für eine systemische Anwendung im gesamten Organismus haben sie zu viele und zu starke Nebenwirkungen.

Je nach ihrer chemischen Struktur können Lokalantibiotika das Bakterienwachstum hemmen (bakteriostatische Wirkung) oder die Bakterien abtöten (bakterizide Wirkung). Lokalantibiotika nutzen verschiedene Mechanismen, um die Bakterien zu bekämpfen:
  • So können Lokalantibiotika wie zum Beispiel Bacitracin, Colistin, Fusafungin und Polymyxin B den Aufbau innerer und äußerer Zellwände der Bakterien stören oder hemmen. Die Erreger oder ihre Zellkerne platzen auf, was teilweise zum Absterben führt.
  • Andere Lokalantibiotika wie Nitrofural stören den Neuaufbau der Erbsubstanz (DNA), was für die Teilung der Bakterien unverzichtbar ist. So können sich die Bakterien nicht mehr vermehren.
  • Wieder andere Lokalantibiotika greifen in den Aufbau von Stoffwechselprodukten der Bakterien ein. So fehlen den Keimen wichtige Substanzen, die sie zum Leben und der Vermehrung benötigen. Tyrothricin, Mupirocin, Neomycin, Fusidinsäure und Chloramphenicol hemmen zum Beispiel den Eiweißaufbau.
Nachteilig an einer Behandlung mit Lokalantibiotika ist, dass diese meist nur gegen wenige Keime wirken (ein so genanntes enges Wirkungsspektrum besitzen) und sie überwiegend nicht abtöten können. Außerdem bergen sie das Risiko, dass die Bakterien gegen sie mit der Zeit unempfindlich werden (Resistenz). Daher gibt man oft verschiedene Lokalantibiotika zusammen, um bakterielle Erreger einer Infektion möglichst sicher zu bekämpfen. Aus dem gleichen Grund werden Lokalantibiotika häufig mit keimabtötenden Substanzen aus der Gruppe der antiseptischen Mittel kombiniert. Diese unterstützen dann die Antibiotika bei der Bekämpfung der Erreger.

Lokalantibiotika werden überhaupt oft mit anderen Wirkstoffen zusammen zu Medikamenten verarbeitet. So setzt man örtlich betäubende Mittel (Lokalanästhetika) zu, die für die Linderung der Schmerzen sorgen. Oder die Lokalantibiotika werden zusammen mit Glukokortikoiden gegeben, die eventuell vorhandene Entzündungsbeschwerden lindern können.