Östrogen-Gestagen-Kombinationen bei Wechseljahrsbeschwerden

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 24.09.2007

auch bezeichnet als:
Estrogen-Gestagen-Kombinationen zur Behandlung von klimakterischen Beschwerden; Östrogen-Gestagen-Kombinationen zur Behandlung von klimakterischen Beschwerden

Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe sind der Wirkstoffgruppe "Östrogen-Gestagen-Kombinationen bei Wechseljahrsbeschwerden" zugeordnet

Anwendungsgebiete dieser Wirkstoffgruppe

Östrogen-Gestagen-Kombinationen werden bei Frauen zur Behandlung von Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlaflosigkeit, Herzjagen, Schwindel, seelischen Verstimmungen und einer Abnahme der Knochenmasse eingesetzt. Wechseljahrsbeschwerden werden auch als klimakterische Beschwerden bezeichnet. Nicht alle Frauen leiden zwangsläufig darunter. Welche Beschwerden und in welchem Maße sie auftreten, ist individuell höchst verschieden.

Die Eierstöcke der Frau bilden während der fruchtbaren Zeit nicht nur Eier, sie sind auch der Hauptsitz der Produktion der weiblichen Hormone, der Östrogene. In den Wechseljahren stellen die Eierstöcke nach und nach ihre Funktion ein. Damit aber entwickelt sich ein zunehmender Mangel an Östrogenen. Der niedrige Östrogenspiegel ist letztlich für die Beschwerden in und nach den Wechseljahren verantwortlich. Ersetzt man die fehlenden Östrogene, können die oben geschilderten Beschwerden gelindert werden.

Allerdings haben Studien gezeigt, dass die alleinige Ersatztherapie mit Östrogenen zu einem erhöhten Risiko für Gebärmutterkrebs führt. Deshalb werden diese Hormone heute fast nur noch in Kombinationen mit Gestagenen verwendet. Dabei werden die Gestagene entweder nur zeitweilig für einige Tage im Monat oder durchgehend zugesetzt. Doch auch diese Zusammenstellungen bergen Risiken wie Gefäßerkrankungen und Brustkrebs. Daher sollte sich die Anwendung der Wirkstoffgruppe allein auf Fälle beschränken, in denen die Beschwerden die Lebensqualität deutlich mindern und nicht mit anderen Mitteln behandelt werden können.

Bei Frauen nach den Wechseljahren kann sich auf längere Sicht eine Abnahme der Knochenmasse entwickeln. Zur Vorbeugung einer solchen so genannten Osteoporose werden ebenfalls Östrogen-Gestagen-Kombinationen eingesetzt. Allerdings ist auch diese Behandlung aufgrund der geschilderten Risiken nur angebracht, wenn ein hohes Risiko für Knochenbrüche besteht und andere Wirkstoffe zur Osteoporosevorbeugung nicht eingesetzt werden können.

Als Östrogenkomponenten werden natürliche Östrogene (konjugierte Östrogene, Östradiol) oder deren Abkömmlinge (Östradiolvalerat, Ethinylöstradiol) verwendet. Diese werden als Kombinationen in einer Tablette mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Dosierung oder auch als freie Kombination von zwei Präparaten mit Gestagenen zusammengestellt. Gängige Gestagene zu diesen Zwecken sind Dydrogesteron, Medroxyprogesteronacetat, Norethisteronacetat, Dienogest, Levonorgestrel, Norgestrel, Prasteronenantat, Medrogeston und Progesteron.

Einen Sonderfall stellt das Tibolon dar. Da sich aus der Substanz im Körper sowohl östrogen- wie gestagenwirksame Stoffwechselprodukte bilden, kann sie als Einzeltherapie eingesetzt werden.

Wirkung

Östrogen-Gestagen-Kombinationen bestehen aus natürlichen oder künstlichen Geschlechtshormonen, die in ihrer Wirkung den körpereigenen Geschlechtshormonen Östrogen und Gestagen entsprechen.
Die Wirkungen von Östrogenen und Gestagenen sind im Einzelnen:
  • Östrogene fördern in der Pubertät die Ausbildung und Reifung der weiblichen Geschlechtsmerkmale. In Kombination mit den Gestagenen steuern sie später den Zyklus der Monatsblutungen. Sie wirken positiv auf den Knochenaufbau, indem sie die Kalziumaufnahme des Körpers und den Einbau des Kalziums in den Knochen fördern. Weitere positive Wirkungen haben sie auf das Immunsystem, auf das Allgemeinbefinden und auf die Stimmungslage.
  • Gestagene werden auch als Gelbkörperhormone bezeichnet. Während des Menstruationszyklus fördern sie gemeinsam mit den Östrogenen den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, um die Einnistung eines befruchteten Eis zu ermöglichen. Kommt es nicht zu einer Befruchtung, sinkt der Gestagenspiegel, die Gebärmutterschleimhaut wird abgebaut und in der Regelblutung abgestoßen.
Der in den Kombinationen enthaltene Östrogenanteil ist entweder mit den natürlichen Östrogenen chemisch und biologisch identisch oder es handelt sich um eine Vorstufe des natürlichen Östrogens, die im Körper in die Wirkform umgewandelt wird. Entsprechend haben die künstlichen Östrogene die gleiche Wirkung wie die natürlichen und können sie in ihrer Wirkung ersetzen. Man nennt diese Therapie daher Hormonersatztherapie (HET).

Auch am Knochen haben die künstlichen Östrogene die gleiche aufbauende Wirkung wie die natürlichen Geschlechtshormone und werden zur Vorbeugung einer Osteoporose eingesetzt.

Östrogene regen das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut an. Damit steigt das Risiko für ein überschießendes Wachstum und für eine bösartige Entartung der Gebärmutterschleimhaut. Gestagene bilden in dieser Hinsicht Gegenspieler der Östrogene. Daher verringert der in den Kombinationen enthaltene Gestagenanteil das Risiko von Gebärmutterkrebs, insbesondere im Vergleich zur alleinigen Gabe von Östrogenen zur Hormonersatztherapie. An der Brustdrüse kann Gestagen nicht vor Krebs schützen. Da die Entwicklung und das Wachstum von Brustkrebs weitgehend östrogenabhängig ist, stellt die Gabe von Östrogenen, auch in Konbination mit Gestagenen, ein Risiko dar.

Neben den Tabletten oder Dragees hat sich zur Hormonersatztherapie auch eine andere Darreichungsform durchgesetzt, das Hormonpflaster. Hier ziehen die Wirkstoffe langsam aus dem Pflaster in die Haut ein und werden direkt in die Blutbahn aufgenommen. Das Pflaster hat mehrere Vorteile:
  • Die Frauen müssen nicht täglich an die Einnahme denken.
  • Die Hormone werden gleichmäßig und konstant abgegeben. Es treten keine "Hormonspitzen" auf und die Verträglichkeit verbessert sich.
  • Der Magen-Darm-Trakt wird umgangen. Das entlastet die Leber und es reichen geringere Hormondosen, was wiederum zu einer besseren Verträglichkeit führt. Durchfall oder Erbrechen beeinträchtigen die Schutzwirkung des Pflasters nicht.
Nachteile sind:
  • Manchmal kommt es zu Hautreizungen.
  • Das Pflaster wird als kosmetisch störend empfunden.