Tobramycin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 29.10.2015

Allgemeines

Tobramycin kann sowohl als Infusion, als Inhalation wie auch in Form von Augenmedikamenten eingesetzt werden.

Als Infusion dient es der Behandlung von schweren Infektionen, wenn weniger giftige Antibiotika nicht wirksam sind. Unter diesen Voraussetzungen wird der Wirkstoff eingesetzt für
  • im Krankenhaus entstandene Infektionen der unteren Atemwege einschließlich schwerer Lungenentzündung
  • Wiederaufflammen einer Infektion der unteren Atemwege bei Patienten mit zystischer Fibrose
  • komplizierte und wiederholte Harnwegsinfektionen
  • Infektionen im Bauchraum
  • Infektionen von Haut, Muskeln, Knorpeln und Sehnen, einschließlich schwerer Verbrennungen.
Als Inhalation wird Tobramycin sehr spezialisiert nur bei Patienten im Alter von sechs Jahren und älter mit Mukoviszidose eingesetzt. Bei dieser Krankheit bildet sich in den Atemwegen zu viel und zu zäher Schleim. Dieser Schleim bietet den verschiedensten Erregern einen idealen Nährboden. Besonders gefährlich ist unter den Bakterien der Keim Pseudomonas aeruginosa, der bei Mukoviszidose-Kranken zu einer chronischen Infektion der Lunge führt.

Augentropfen und -salben mit Tobramycin bekämpfen Keime, die gegen Tobramycin empfindlich sind und bakterielle Infektionen des äußeren Auges und der vorderen Augenabschnitte auslösen. Dazu zählen Lidentzündung, Bindehautentzündung und Hornhautentzündung.

Welchem Zweck dient dieser Wirkstoff?

    Gegenanzeigen

    Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Tobramycin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Wann darf Tobramycin nicht verwendet werden?

    Tobramycin darf in allen Darreichungsformen nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder verwandte Aminoglykosid-Antibiotika.

    Auch bei fortgeschrittener Nierenfunktionsstörung und bei vorbestehender Innenohrschwerhörigkeit darf Tobramycin nur angewandt werden, wenn dies lebensnotwendig scheint.

    Bei Erkrankungen der Reizübertragung vom Nerv zum Muskel (wie beispielsweise bei Myasthenia gravis) darf Tobramycin nicht verwendet werden, da es den Zustand verschlimmern kann.

    Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

    Tobramycin durchdringt bei Anwendung als Infusion den Mutterkuchen. Es gibt keine Erkenntnisse der Wirkung von Tobramycin bei Schwangeren. Aus Tierexperimenten sind keine schädigenden Effekte für das Ungeborene bekannt. Allerdings können Aminoglykosid-Antibiotika schädliche Wirkungen haben wie angeborene Taubheit und Nierenschäden, wenn bei schwangeren Frauen hohe Blut-Konzentrationen erreicht werden. Wegen des möglichen Risikos für das Ungeborene sollte Tobramycin während der Schwangerschaft nicht verwendet werden, es sei denn, der Arzt hält die Vorteile für die Mutter für größer als die Risiken für das Kind. Im Falle einer Tobramycin-Behandlung während der Schwangerschaft wird der Arzt beim Neugeborenen das Gehör und die Nierenfunktion prüfen.

    Tobramycin wird beim Menschen in kleinen Mengen in die Muttermilch ausgeschieden und wirkt bei Kleinkindern möglicherweise ohren- und nierenschädlich. Daher muss der Arzt die Entscheidung treffen, ob das Stillen oder die Tobramycin-Behandlung beendet, beziehungsweise nicht begonnen wird. Tobramycin kann die Darmflora des Kindes schädigen. Wenn bei einem gestillten Kind Verdauungsstörungen auftreten, muss die gleiche Entscheidung gefällt werden.

    Auch als Inhalation und in Augenpräparaten ist Tobramycin während der Schwangerschaft möglichst zu meiden. Die Gabe von Tobramycin während der Stillzeit liegt bei Inhalationen im Ermessen des Arztes. Augentropfen können hingegen eingesetzt werden.

    Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

    Infusionen mit Tobramycin können schon bei Kindern nach der ersten Lebenswoche angewendet werden. Allerdings muss es bei Früh- und Neugeborenen wegen der Unreife ihrer Nieren, die zu einer Verlängerung der Wirkungszeit des Wirkstoffs führt, mit ärztlicher Vorsicht angewendet werden. Im Allgemeinen werden Dosierungen von 6 bis 7,5 Milligramm Tobramycin/Kilogramm Körpergewicht pro Tag als tägliche Einmaldosis oder 2 bis 2,5 Milligramm/Kilogramm Körpergewicht alle acht Stunden, oder fallweise 1,5 bis 1,9 Milligramm/Kilogramm Körpergewicht alle sechs Stunden gegeben.

    Zur Inhalation wird Tobramycin bei Kindern erst ab einem Alter von sechs Jahren eingesetzt. Ältere Kinder erhalten die gleiche Dosierung wie Erwachsene: zweimal täglich 170 Milligramm Tobramycin über einen Zeitraum von 28 Tagen.

    Auch die Augentropfen werden bei Kindern nach dem gleichen Schema wie bei Erwachsenen angewendet: Für fünf bis sieben Tage alle vier Stunden einen bis zwei Tropfen in den Bindehautsack des erkrankten Auges.

    Welche Nebenwirkungen kann Tobramycin haben?

    Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Tobramycin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Anwendung als Infusion
    Häufige Nebenwirkungen:
    Überschuss unreifer Blutzellen, Schmerzen und örtliche Reizung an der Infusionsstelle, erhöhte Blutwerte (ASAT, ALAT).
    bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion:
    Schädigung des Innenohres, Verschlimmerung der Nierenfunktionsstörung.

    Gelegentliche Nebenwirkungen:
    Mangel an weißen Blutkörperchen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, allergischer Hautausschlag, eingeschränkte Nierenfunktion (bei Patienten mit normaler Nierenfunktion), erhöhte Blutwerte (Alkalische Phosphatase, Laktatdehydrogenase, Bilirubin).

    Seltene Nebenwirkungen:
    Blutarmut, Mangel an Blutplättchen, Mangel an Granulozyten, Überschuss an weißen Blutkörperchen, Überempfindlichkeitsreaktionen wie Juckreiz und Fieber, Verwirrung, Orientierungslosigkeit, Antriebslosigkeit, Durchfall, Hautrötung, Fieber, Mineralstoffmangel im Blut (Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium).

    Sehr seltene Nebenwirkungen:
    allergischer Schock, schwere Hautreaktionen (toxische epidermale Nekrolyse, Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme), akutes Nierenversagen.

    Nebenwirkungen unbekannter Häufigkeit:
    Infektion mit Tobramycin-umempfindlichen Erregern, nervliche Missempfindungen, Hautkribbeln, Muskelzucken, Krämpfe, Benommenheit, Schwindel, Atemlähmung, Zittern, Gleichgewichtsstörungen, Störung der Nerven-Muskel-Funktion, niedriger Blutdruck.

    Anwendung als Inhalation
    Gelegentliche Nebenwirkungen:
    Atembeschwerden, Sprechstörung, Halsentzündung, Husten.

    Seltene Nebenwirkungen:
    Kehlkopfentzündung, Essenverweigerung, Schwindelgefühl, Stimmverlust, Kopfschmerzen, Gehörverlust, Ohrensausen, Bluthusten, Nasenbluten, Asthma, Lungenfunktionsstörung, Beschwerden im Brustkorb, Husten mit Auswurf, Schnupfen, Bronchialkrämpfe, Übelkeit und Erbrechen, Mundgeschwüre, Geschmacksstörung, Hautausschlag, Schwäche, Fieber, Schmerzen, Brustschmerzen, schlechtere Werte bei Lungenfunktionstests.

    Sehr seltene Nebenwirkungen:
    Pilzinfektionen, Mundsoor, Lymphdrüsenschwellung, Überempfindlichkeit, Schläfrigkeit, Ohrenschmerzen, Ohrerkrankungen, Sauerstoffunterversorgung, Hecheln, Nasennebenhöhlenentzündung, Durchfall, Bauchschmerzen, Nesselsucht, Juckreiz, Rückenschmerzen, Unwohlsein.

    Anwendung in Augentropfen
    Häufige Nebenwirkungen:
    Augenrötung, verstärktes Tränen der Augen, trockenes Auge, Juckreiz oder Schwellung des Augenlides, allergische Reaktionen an der Bindehaut oder Hornhaut.

    Sehr seltene Nebenwirkungen:
    Nervenschädigung, Bewegungsstörungen, Hörverlust nach Anwendung am Ohr, Ausschlag, Nesselsucht, Hautentzündung, Wundheilungsverzögerung.

    Besonderheiten:
    Eine allergische Reaktion kann sich in Lidjucken, Lidsschwellung oder in Form von Bindehautrötung zeigen. In diesen Fällen sollte die Behandlung mit Tobramycin sofort beendet werden.

    Welche Wechselwirkungen zeigt Tobramycin?

    Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Anwendung als Infusion
    Die Hemmung der nervlichen Muskelsteuerung durch Aminoglykosid-Antibiotika, also auch durch Tobramycin, wird durch Ether, Muskelrelaxantien oder große Mengen von mit Zitronensäure angesäuertem Blut stärker.

    Tobramycin verstärkt seinerseits die nierenschädliche Wirkung des Narkosemittels Methoxyfluran. Bei gleichzeitiger Anwendung kann es zu schweren Nierenschäden kommen. Daher muss ein Narkosearzt vor einem chirurgischen Eingriff über die Anwendung von Tobramycin in Kenntnis gesetzt werden.

    Patienten, die gleichzeitig oder nacheinander Substanzen erhalten, die möglicherweise das Gehör oder Nieren schädigen, werden vom Arzt sorgfältig überwacht werden. Zu diesen Substanzen gehören die AntibiotikaAmphotericin B, Colistin, Vancomycin, Polymyxin B, andere Aminoglykosid-Antibiotika und Cephalotin, aber auch die ImmunologikaCiclosporin und Tacrolimus, das ZytostatikumCisplatin oder Schleifendiuretika wie beispielsweise Etacrynsäure oder Furosemid zum Entwässern. Im Hinblick auf Cisplatin ist zu bedenken, dass auch drei bis vier Wochen nach Anwendung dieser Substanz die Nierenschädlichkeit von Tobramycin noch erhöht sein kann.

    Eine Kombinationstherapie mit geeigneten Antibiotika wie beispielsweise Betalactam-Antibiotika kann zu einer Wirkungsverstärkung führen. Tobramycin und Betalactam-Antibiotika können allerdings chemisch miteinander reagieren und dadurch inaktiv werden. Deshalb dürfen sie nicht über dasselbe Infusionsbesteck gegeben werden. Bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion kann Tobramycin durch Betalactam-Antibiotika inaktiviert werden. Eine solche Inaktivierung findet man allerdings nicht bei Patienten mit normaler Nierenfunktion.

    Manche Entwässerungsmittel, die über die Vene gegeben werden, können die Schädlichkeit von Tobramycin durch Veränderung des Blut- und Gewebegehaltes des Antibiotikums erhöhen. Einige Diuretika wirken selbst gehörschädigend; eine gleichzeitige Anwendung kann zu einem erhöhten Risiko für unerwünschte Wirkungen dieser Art führen.

    Anwendung als Inhalation und Anwendung als Augentropfen
    Prinzipiell ist von den gleichen Wechselwirkungen auszugehen, wie bei Infusion des Wirkstoffs. Es wird daher davon abgeraten, Tobramycin zu kombinieren mit Antibiotika wie Amphotericin B, Cefalotin, Ciclosporin, Polymyxin B, dem Immunologikum Tacrolimus, dem Zytostatikum Cisplatin und anderen Platinverbindungen sowie Entwässerungsmitteln wie Etacrynsäure, Furosemid, Harnstoff oder Mannitol. Auch vor gleichzeitigem Gebrauch von Cholinesterasehemmern (bei Demenz) und Botulinumtoxin (Botox) wird gewarnt.

    Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

    • Wird das Medikament als Infusion eingesetzt, ist vor einer Operation der Narkosearzt davon in Kenntnis zu setzen.

    Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

    Welche Medikamente beinhalten Tobramycin?

    Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Tobramycin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

    So wirkt Tobramycin

    Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Tobramycin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Aminoglykosid-Antibiotika, zu welcher der Wirkstoff Tobramycin gehört.

    Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Tobramycin

    Tobramycin kann sowohl als Infusion, als Inhalation wie auch in Form von Augenmedikamenten eingesetzt werden.

    Als Infusion dient es der Behandlung von schweren Infektionen, wenn weniger giftige Antibiotika nicht wirksam sind. Unter diesen Voraussetzungen wird der Wirkstoff eingesetzt für
    • im Krankenhaus entstandene Infektionen der unteren Atemwege einschließlich schwerer Lungenentzündung
    • Wiederaufflammen einer Infektion der unteren Atemwege bei Patienten mit zystischer Fibrose
    • komplizierte und wiederholte Harnwegsinfektionen
    • Infektionen im Bauchraum
    • Infektionen von Haut, Muskeln, Knorpeln und Sehnen, einschließlich schwerer Verbrennungen.
    Als Inhalation wird Tobramycin sehr spezialisiert nur bei Patienten im Alter von sechs Jahren und älter mit Mukoviszidose eingesetzt. Bei dieser Krankheit bildet sich in den Atemwegen zu viel und zu zäher Schleim. Dieser Schleim bietet den verschiedensten Erregern einen idealen Nährboden. Besonders gefährlich ist unter den Bakterien der Keim Pseudomonas aeruginosa, der bei Mukoviszidose-Kranken zu einer chronischen Infektion der Lunge führt.

    Augentropfen und -salben mit Tobramycin bekämpfen Keime, die gegen Tobramycin empfindlich sind und bakterielle Infektionen des äußeren Auges und der vorderen Augenabschnitte auslösen. Dazu zählen Lidentzündung, Bindehautentzündung und Hornhautentzündung.

    Zu folgenden Anwendungsgebieten von Tobramycin sind vertiefende Informationen verfügbar:

    Wirkungsweise von Tobramycin

    Tobramycin ist ein Antibiotikum, das zur Wirkstoffgruppe der Aminoglykosid-Antibiotika gehört. Es ist ein Naturprodukt, das von einem Schimmelpilz, nämlich Streptomyces tenebrarius, produziert wird.

    Tobramycin wirkt vor allem durch eine Unterbrechung der Eiweißherstellung in den Bakterienzellen. Dadurch können die Bakterienwände nicht mehr korrekt aufgebaut werden, sie werden durchlässiger, es kommt zur zunehmenden Zerstörung der Zellhülle und letztendlich zum Zelltod. Damit wirkt Tobramycin nicht nur wachstumshemmend auf die Bakterien, sondern auch abtötend.

    Disclaimer:
    Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.