Tetrazepam

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 21.04.2018

Hinweis

Seit August 2013 werden Tetrazepam-haltige Medikamente nicht mehr verkauft oder angewendet. Hintergrund sind Forschungsergebnisse, nach denen Tetrazepam ein erhöhtes Risiko für das Auftreten schwerer Hautreaktionen mit sich bringt.

Allgemeines

Mit Tetrazepam werden durch Erkrankungen an der Wirbelsäule und den Gelenken hervorgerufene Muskelverspannungen behandelt, die leichte bis mittelstarke Schmerzen verursachen.

 

Welchem Zweck dient dieser Wirkstoff?

  • Muskelverspannungen lösen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Tetrazepam im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Tetrazepam nicht verwendet werden?

Tetrazepam darf wie alle Benzodiazepine nicht angewendet werden bei:

  • einer Überempfindlichkeit gegen Benzodiazepine
  • einer Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen und Alkohol
  • akuter Augeninnendruckerhöhung, wenn zum Beispiel die Abflusswege verlegt sind (wie bei grünem Star).

Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung ist erforderlich bei

  • akuter Vergiftung mit Alkohol, Schlafmitteln oder Schmerzmitteln, Neuroleptika, Antidepressiva und Lithium
  • Myasthenia gravis
  • schwerer chronischer Atemnot, insbesondere bei akuter Verschlechterung
  • Schlaf-Apnoe-Syndrom
  • schweren Leberschäden (zum Beispiel Gelbsucht aufgrund eines Gallengangverschlusses)
  • Bewegungsablaufstörungen, die vom erkrankten Rückenmark oder Gehirn verursacht werden.

Hinweis:
Bei älteren Patienten kann die Ausscheidung von Tetrazepam verlängert sein, was die Wirkung verstärkt. Außerdem können sie empfindlicher auf die Anwendung reagieren, besonders bei einer Herzerkrankung mit schwerer Atemnot. Deshalb sollte der Arzt bei älteren Patienten und Patienten in schlechterem Allgemeinzustand, mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislaufschwäche und krankhaften Atembeschwerden die individuelle Reaktion auf den Wirkstoff kontrollieren.
 

 

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Tetrazepam gelangt über den Mutterkuchen zum Ungeborenen. Es kann sich dort anreichern, was beim Kind zu Überdosierungen mit der Folge von Fehlbildungen und geistigen Einschränkungen führen kann.

Erhalten Mütter während der Schwangerschaft Benzodiazepine als Dauerbehandlung, in hohen Dosen oder während der Geburt, können die Kinder Entzugssymptome wie Atembeschwerden, erschlaffte Muskeln, erniedrigte Körpertemperatur und Trinkschwäche zeigen. Deshalb sollte Tetrazepam während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn es der Arzt für zwingend erforderlich hält.

Tetrazepam geht in die Muttermilch über. Da der Wirkstoff von Neugeborenen wesentlich langsamer abgebaut wird als von Kindern oder Erwachsenen, kommt es zu Atembeschwerden und Trinkschwäche. Es sollte also bei einer Behandlung mit Tetrazepam entweder nicht gestillt oder abgestillt werden.

Bei einer Behandlung über ein bis zwei Tage muss das Stillen bis etwa 48 Stunden nach der letzten Dosierung unterbrochen werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Der Wirkstoff Tetrazepam ist für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zugelassen, sofern sie nicht an einer Psychose erkrankt sind. Kinder unter einem Jahr dürfen den Wirkstoff nicht erhalten.

 

Welche Nebenwirkungen kann Tetrazepam haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Tetrazepam. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Da der Wirkstoff Tetrazepam zur Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine gehört, können Nebenwirkungen auftreten, die für diese Substanzgruppe typisch sind:

Häufige Nebenwirkungen:
Müdigkeit, Schläfrigkeit, Mattigkeit, Schwindelgefühl, Benommenheit, Einschränkung des Reaktionsvermögens.

Seltene Nebenwirkungen:
Muskelschwäche, Libido-Abnahme, depressive Verstimmungen, Mundtrockenheit, Blutdruckabfall, Atemschwäche (insbesondere bei Atemwegsverlegung zum Beispiel durch Tumoren und Hirnschädigung).

Sehr seltene Nebenwirkungen und Einzelfälle:
Menstruationsstörungen.

Nebenwirkungen ohne Häufigkeitsangabe:
Muskelerschlaffung (bei älteren Patienten), Überempfindlichkeitsreaktionen wie zum Beispiel Allergien, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Sprechstörungen, Schwindel, gegensätzliche Reaktionen wie zum Beispiel akute Erregungszustände und Wutanfälle, Erinnerungslücken, Sehstörungen, Doppelbilder.

Bei hoher Dosierung und Langzeitbehandlung:
Vorübergehende Bewegungsunsicherheit, Gangunsicherheit, vorübergehende unkontrollierte Augenbewegungen (Nystagmus), Magen-Darm-Beschwerden, Anstieg der Leberwerte.

Besonderheiten:
Die Einnahme von Benzodiazepinen kann zur Abhängigkeit mit Entzugserscheinungen führen. Bereits bei täglicher Anwendung über wenige Wochen kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Dies gilt nicht nur für die missbräuchliche Anwendung besonders hoher Dosen, sondern auch für den üblichen Dosisbereich während einer Behandlung.

Nach längerer Einnahme und plötzlichem Absetzen von Tetrazepam treten Schlafstörungen und vermehrtes Träumen, Angst, Spannungszustände, Erregung, innere Unruhe, Zittern, Schwitzen, Erhöhung der Krampfbereitschaft mit Auslösen von Krampfanfällen und Psychosen mit Gedächtnisstörungen, Denkstörungen und Wahnvorstellungen auf. Die Behandlung mit dem Wirkstoff sollte daher immer mit langsam verminderten Dosen beendet werden.

Die abendliche Einnahme von Tetrazepam kann noch am nächsten Morgen zu verminderter Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit sowie Restmüdigkeit führen.

Wegen der muskelerschlaffenden Wirkung ist besonders bei älteren Patienten eine erhöhte Sturzgefahr gegeben. Die Patienten müssen daher vor allem bei nächtlichem Aufstehen vorsichtig sein.

Die Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine kann zeitlich oder inhaltlich begrenzte Erinnerungslücken verursachen. Diese treten meist einige Stunden nach der Einnahme auf. Die Patienten sollten deshalb dafür sorgen, dass sie nach der Einnahme eine ununterbrochene Schlafdauer von etwa sieben bis acht Stunden einhalten können.

Tetrazepam scheint in seltenen Fällen schwere Hautreaktionen und -entzündungen (Kontaktdermatitiden) hervorzurufen. Möglicherweise sollte der Arzt auf die Verschreibung eines anderen Benzodiazepins ausweichen.

 

Welche Wechselwirkungen zeigt Tetrazepam?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Tetrazepam gehört zu der Gruppe der Benzodiazepine. Daraus ergeben sich folgende allgemeine Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen:

  • Medikamente, die das Gehirn beeinflussen, wie zum Beispiel Psychopharmaka, Schlaf- und Beruhigungsmittel, opioide Schmerzmittel und Narkosemittel oder auch H1-Antihistaminika und Alkohol, verstärken sich mit Benzodiazepinen in der Wirkung gegenseitig.
  • Benzodiazepine verstärken die Wirkung von Muskelrelaxanzien, Schmerzmitteln und Lachgas.
  • Cimetidin verstärkt und verlängert die Wirkung von Benzodiazepinen, weil es ihren Abbau in der Leber verzögert.
  • Bei Dauerbehandlung mit blutdrucksenkenden Medikamenten, die auch das Gehirn beeinflussen, mit Betablockern und Gerinnungshemmern wie Antikoagulanzien sind Wechselwirkungen möglich, deren Art und Umfang nicht vorhersehbar ist.

Besonders die gleichzeitige Anwendung von opioiden Schmerzmitteln kann zu Betäubung, Unterdrückung der Atemfunktion, Koma und Tod führen. Erachtet der Arzt eine gleichzeitige Verschreibung in Ausnahmefällen für notwendig, wird er die niedrigste wirksame Dosis wählen und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich halten.

Für Tetrazepam speziell ist auf folgende Wechselwirkungen zu achten:

  • Mit Herzglykosiden ergibt sich eventuell eine verlängerte Tetrazepam-Wirkung; die Herzglykoside können langsamer ausgeschieden werden und damit länger oder stärker wirken.
  • Mit Antidiabetika ergeben sich nach Art und Umfang nicht vorhersehbare Wechselwirkungen; es kann zur Unterzuckerung kommen.
  • Mit hormonellen Verhütungsmitteln ergeben sich nach Art und Umfang nicht vorhersehbare Wechselwirkungen; eventuell ergibt sich eine Wirkungsverstärkung oder -abschwächung von Tetrazepam.
  • Cholinesterase-Hemmstoffe wie Neostigmin schwächen möglicherweise die muskelentspannende Wirkung ab.
 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Mit Alkohol können sich die dämpfenden Wirkungen gegenseitig verstärken.
  • Nach einer längeren Anwendung muss die Dosierung zum Beenden der Therapie schrittweise verringert werden.
  • Eine längere Anwendung des Medikaments kann zu einer Abhängigkeit des Patienten führen.
  • Das Medikament kann die Konzentration im Straßenverkehr und beim Bedienen von Maschinen beeinträchtigen.
  • Während der ersten Tage nach Verabreichung des Wirkstoffs sollten gefahrvolle Tätigkeiten (Führen von Maschinen, Führen von Fahrzeugen) unterbleiben.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

 

Welche Medikamente beinhalten Tetrazepam?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Tetrazepam enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

 
Medikament
Darreichungsform
Musaril Filmtabletten
Filmtabletten
Musaril primo
Filmtabletten
Myospasmal
Tabletten
Rilex
Tabletten
Tetra-saar 25 mg/-50 mg/-100 mg
Tabletten
Tetramdura 50 mg
Filmtabletten
Tetrazep 50 mg AbZ
Filmtabletten
Tetrazep-CT 50 mg Filmtabletten
Filmtabletten
Tetrazepam - 1 A Pharma
Tabletten
Tetrazepam AL 50
Tabletten
Tetrazepam HEXAL
Tabletten
Tetrazepam STADA
Filmtabletten
Tetrazepam Sandoz 50mg Tabletten
Tabletten
Tetrazepam beta
Tabletten
Tetrazepam-ratiopharm
Filmtabletten

 

So wirkt Tetrazepam

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Tetrazepam. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Benzodiazepine, zu welcher der Wirkstoff Tetrazepam gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Tetrazepam

Mit Tetrazepam werden durch Erkrankungen an der Wirbelsäule und den Gelenken hervorgerufene Muskelverspannungen behandelt, die leichte bis mittelstarke Schmerzen verursachen.

Außerdem wird der Wirkstoff bei krampfartig gesteigerter Muskelanspannung mit unterschiedlichen Ursachen angewendet.

Behandlungsziel ist die Lösung der Muskelkrämpfe und die Bekämpfung der mit ihnen verbundenen Schmerzen.

 

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Tetrazepam sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Tetrazepam

Tetrazepam gehört mit seinen Umwandlungsprodukten zu den mittellang wirksamen Benzodiazepinen. Die Verweildauer im Körper beträgt etwa 18 Stunden.

Tetrazepam bindet sich im Gehirn an die für diese Substanzgruppe spezifischen Rezeptoren. Tetrazepam verstärkt damit die hemmende Wirkung des Botenstoffs GABA auf unterschiedliche Verbände von Nervenknoten. Auf diesem Wege wirkt es vor allem herabsetzend auf die Muskelspannung. Seine spannungs-, erregungs- und angstdämpfenden Eigenschaften sowie Beruhigung und Schlafförderung sind weniger ausgeprägt. In hohen Dosen kommen die bewusstseinseinschränkenden und erregungsdämpfenden Wirkungen im Gehirn zum Tragen.

 

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.