Methadon: Wirkung und Nebenwirkungen

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022 - 11:50 Uhr

Allgemeines

Methadon wird bei Erwachsenen angewendet, die abhängig sind von Drogen wie Heroin, Morphin oder anderen opioiden Schmerzmitteln. Der Einsatz erfolgt im Rahmen eines ganzheitlichen Behandlungskonzeptes, welches die medizinische, soziale und psychologische Versorgung einbezieht.

 

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Entzugserscheinungen bei Drogensüchtigen lindern
  • anregende Wirkung von Drogen verringern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Methadon im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Methadon nicht verwendet werden?

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff darf Methadon nicht verwendet werden. Ebenso verbietet sich die gemeinsame Anwendung mit Antidepressiva aus der Wirkstoffgruppe der MAO-Hemmer (hier insbesondere der Hemmer des Enzyms MAO-B). Gegenspieler des Morphin wie Pentazocin und Buprenorphin dürfen außer zur Behandlung einer Überdosierung nicht gemeinsam mit Methadon angewendet werden, weil sie dessen Wirkung aufheben.

Nur mit äußerster ärztlicher Vorsicht und sorgfältiger Überwachung darf der Einsatz von Methadon erfolgen bei

  • stark gefährdeten Patienten, zum Beispiel bei Selbstmordversuchen mit opioiden Schmerzmitteln, vor allem in Kombination mit trizyklischen Antidepressiva, Alkohol und weiteren gehirnwirksamen Stoffen. Möglicherweise müssen die Patienten in eine Suchtklinik eingewiesen werden, wenn sie weiter unkontrolliert Drogen gebrauchen und ein stark gefährdendes Verhalten zeigen.
  • akuten Krankheitszuständen, die den Verdauungskanal betreffen (Verengungen und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen), weil Methadon die Diagnose oder den Verlauf verschleiern kann.
  • Patienten mit bekannter oder vermuteter Herzrhythmusstörung (QT-Verlängerung) oder Ungleichgewicht der Blutmineralien (insbesondere Kaliummangel), weil dies zu Herzrhythmusstörungen führen kann.
  • Bewusstseinsstörungen, weil sich diese verschlimmern können
  • niedrigem Blutdruck bei zu geringer Blutmenge, weil der Blutdruck weiter abfallen kann
  • Gallenwegserkrankungen, weil es zu Krämpfen der Gallenwege kommen kann
  • gutartiger Vergrößerung der Vorsteherdrüse (Prostatahypertrophie) mit Restharnbildung
  • Bauchspeicheldrüsenentzündung
  • hormonausschüttenden Geschwulsten der Nebenniere (Phäochromozytom)
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • mäßiger bis schwerer Beeinträchtigung des Atemzentrums und der Atemfunktion, weil Methadon die Atemfunktion weiter unterdrückt
  • stark verlangsamtem Herzschlag
  • Behandlung mit Antiarrhythmika der Klassen I und III.
 

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Die Sicherheit der Anwendung von Methadon während der Schwangerschaft ist nur unzureichend erwiesen. Methadon kann beim Un- und Neugeborenen die Atemfunktion beeinträchtigen, führt zu geringerem Geburtsgewicht, erhöhter Totgeburtsrate und beim Neugeborenen zu Entzugserscheinungen. Daher wird der Arzt vor der Gabe von Methadon in der Schwangerschaft eine sehr sorgfältige Nutzen-Risiko-Bewertung durchführen.

Eine Entzugsbehandlung mit Methadon bei Schwangeren, sollte, wenn möglich, eine Tageshöchstdosis von 20 Milligramm Methadon-Hydrochlorid nicht überschreiten. Vor der Geburt ist der Drogenersatz mit Methadon langsam bei sinkenden Dosierungen zu beenden. Der Gebrauch von Methadon führt nämlich beim ungeborenen Kind zur Gewöhnung und Abhängigkeit sowie zu Entzugserscheinungen beim Neugeborenen, die auf einer geeigneten Kinderintensivstation behandelt werden müssen.

Methadon wird in die Muttermilch ausgeschieden. Hat die Mutter vor der Geburt Drogen genommen, kann das Methadon in der Muttermilch Entzugssymptome beim abhängigen Säugling verhindern. Der Arzt muss daher im Einzelfall über das Stillen entscheiden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Für Methadon gibt es keine Anwendungsnotwendigkeit bei Kindern.

Welche Nebenwirkungen kann Methadon haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Methadon. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige bis häufige Nebenwirkungen:
Benommenheit, Schläfrigkeit, Verwirrtheit, Essensverweigerung, Orientierungslosigkeit, Kopfschmerzen, Mattigkeit, Schlaflosigkeit, Unruhe, Übersteigerung, Verstimmung, Sehstörungen, Herzklopfen, verlangsamter Herzschlag, Schwächeanfälle, Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme), Behinderung der Atemfunktion, Übelkeit und Erbrechen, Mundtrockenheit, Verstopfung, Krämpfe der Gallenwege, Schweißausbrüche, Nesselsucht, Hautausschläge, Juckreiz, Wasserspeicherung im Körper, Harnverhalten, Störungen des Wasserlassens, eingeschränkte Libido und/oder Potenz.

Gelegentliche bis sehr seltene Nebenwirkungen:
Blutungen, Blutdruckabfall bei Körperlageveränderung, Ohnmacht, Herzstillstand, Einschränkung der Kreislauffunktion, Schock, Atemstillstand, Hitzewallung.

Seltene Nebenwirkungen:
Herzrhythmusstörungen (EKG-Veränderungen einschließlich QT-Verlängerung und Torsade de pointes) normalerweise bei Patienten, die Risikofaktoren aufweisen oder hohe Dosen Methadon erhalten.

Besonderheiten:
Methadon macht sehr schnell abhängig und kann bei längerer und wiederholter Anwendung Sucht erzeugen. Es entwickelt sich eine körperliche und seelische Abhängigkeit. Durch Gewöhnung sind immer höhere Dosierungen nötig, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Bei plötzlichem Behandlungsende sind schwere, zum Teil lebensbedrohliche Entzugsbeschwerden zu erwarten.

Nach Erreichen einer gleichmäßigen Dosierung nehmen die Nebenwirkungen über einen Zeitraum von mehreren Wochen in Häufigkeit und Stärke langsam ab. Dennoch bleiben Verstopfung und verstärktes Schwitzen oft dauerhaft bestehen.

Methadon führt bei männlichen Patienten bei der Verwendung zum Drogenersatz zur Beeinträchtigung der Sexualfunktionen. Die Ejakulatmenge verringert sich und die Tätigkeit der Samendrüsen und der Prostata nimmt ab. Auch der Testosteronspiegel sinkt.

 

Welche Wechselwirkungen zeigt Methadon?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Andere Schmerz- und Betäubungsmittel, gehirnwirksame Narkosemittel, Beruhigungs- und Schlafmittel, trizyklische Antidepressiva und andere auf die Gehirnfunktion dämpfend wirkende Mittel einschließlich Alkohol können zur Verstärkung der Wirkungen von Methadon und Hemmung der Atemtätigkeit führen.

Pentazocin und Buprenorphin wirken dem Effekt von Methadon entgegen. Sie können bei Patienten, die heroinabhängig sind oder Methadon erhalten, zu Entzugserscheinungen führen. Buprenorphin und Methadon sollten daher mit einem zeitlichen Abstand von mindestens 20 Stunden eingenommen werden.

Mittel, die den Abbau von Methadon in der Leber fördern wie die Antiepileptika Carbamazepin, Phenobarbital und Phenytoin sowie das Tuberkulose-Mittel Rifampicin können zur Verringerung der Konzentration an Methadon im Blut und zu Entzugserscheinungen führen.

Blutdrucksenker wie Clonidin, Prazosin, Reserpin und Urapidil können im Gegensatz dazu die Wirkung von Methadon verstärken oder verlängern. Gleiches gilt für Wirkstoffe wie das Magenmittel Cimetidin, die Pilzmittel Itraconazol und Ketoconazol, Antiarrhythmika und die "Pille".

Die Anwendung von Antidepressiva aus der Wirkstoffgruppe der MAO-Hemmer (Besonders der Hemmer des Enzyms MAO-B) innerhalb der letzten 14 Tage vor Beginn der Therapie mit Methadon können lebensbedrohlich die Funktion von Gehirn, Atmung und Kreislauf beeinflussen.

Das Auftreten dieser Wechselwirkungen ist von der individuellen Situation des Patienten, der jeweiligen Gewöhnung an Drogen sowie seinem sonstigen Gesundheitszustand abhängig. Für Methadon sind nicht alle aufgeführten Wechselwirkungen beschrieben worden, jedoch theoretisch möglich.

 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Das Medikament darf nur durch Ärzte verschrieben und angewendet werden, die erfahren in der Therapie von Drogenabhängigkeit sind.
  • Das Medikament kannn vom Arzt nur auf einem speziellen Betäubungsmittel (Btm)-Rezept verordnet werden.
  • Das Medikament kann zu falsch positiven Ergebnissen bei Schwangerschaftstests aus dem Urin führen.
  • Das Medikament kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass Autofahren oder das Bedienen von Maschinen gefährlich sind. Dies gilt in verstärktem Maße bei gleichzeitiger Anwendung anderer gehirnwirksamer Substanzen und insbesondere mit Alkohol.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

 

Welche Medikamente beinhalten Methadon?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Methadon enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

 

 

So wirkt Methadon

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Methadon. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe opioide Schmerzmittel, zu welcher der Wirkstoff Methadon gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Methadon

Methadon wird bei Erwachsenen angewendet, die abhängig sind von Drogen wie Heroin, Morphin oder anderen opioiden Schmerzmitteln. Der Einsatz erfolgt im Rahmen eines ganzheitlichen Behandlungskonzeptes, welches die medizinische, soziale und psychologische Versorgung einbezieht.

Methadon ersetzt dabei die illegalen Drogen. Diese Behandlung darf aber nur durch erfahrene Ärzte erfolgen, die auf die Entzugsbehandlung Drogensüchtiger spezialisiert sind. Normalerweise findet die Abgabe in speziellen Zentren statt, die den Kontakt zu der Patientengruppe halten.

 

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Methadon sind vertiefende Informationen verfügbar:

    Wirkungsweise von Methadon

    Methadon gehört zur Wirkstoffgruppe der opioiden Schmerzmittel. Wie diese wirkt es an den entsprechenden Bindungsstellen (Rezeptoren) im Gehirn. Die wichtigsten Rezeptor-Typen werden mit den griechischen Buchstaben Mü, Kappa, Delta und Sigma bezeichnet. Obwohl sich das Molekül von Methadon in seiner Gestalt von Morphin und verwandten Opiaten (wie beispielsweise Codein) unterscheidet, sind die Effekte ähnlich. Es werden vor allem die My- und Kappa-Rezeptoren erregt, was die Schmerzwahrnehmung hemmt. Bei der Behandlung der Drogenabhängigkeit beruhen die Wirkungen von Methadon auf zwei Mechanismen: Indem der Wirkstoff wie Morphin wirkt, unterdrückt er bei Abhängigen die Beschwerden des Entzugs. Zum Zweiten kann die ständige Einnahme von Methadon - abhängig von Dosis und Behandlungsdauer - eine Gewöhnung hervorrufen, die den Zustand des "high"-Seins blockiert. Damit fällt die Motivation zum Drogengebrauch fort.

    Die Wirkung setzt 30 bis 60 Minuten nach der Einnahme oder 10 bis 20 Minuten nach der Injektion ein. Während der Wirkungseintritt nach Injektion besonders schnell ist, zeigt sich nach Einnahme eine längere Wirkdauer, die sechs bis acht Stunden anhält. Die Wirkdauer kann sich bei körperlich abhängigen Patienten und bei solchen, die wiederholt Methadon erhalten, auf 22 bis 48 Stunden verlängern. Dies ist mit der starken Bindung des Wirkstoffs im Gewebe erklärlich, wo sich Methadon ansammelt.

     

    Disclaimer:
    Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.