Liraglutid

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 03.06.2016

Allgemeines

Liraglutid dient der Behandlung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2) bei Erwachsenen. Der Wirkstoff wird zusätzlich zu Metformin oder Sulfonylharnstoffen und ihren Abkömmlingen eingesetzt, um eine angemessene Kontrolle der Blutzuckerkonzentration zu erreichen, wenn dies durch die Einzelsubstanzen nicht möglich ist.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Ausschüttung von Insulin fördern
  • Unterzuckerungen vorbeugen
  • Stoffwechsellage verbessern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Liraglutid im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Liraglutid nicht verwendet werden?

Liraglutid darf nicht angewendet werden, wenn eine Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff besteht. Ausgeschlossen ist auch die Behandlung von Diabetes mellitus Typ 1 oder der diabetischen Ketoazidose, einer Stoffwechselentgleisung. Es wurden bisher nur selten Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder diabetischer Magenlähmung mit Liraglutid behandelt. Da der Wirkstoff Übelkeit und Erbrechen sowie Durchfall hervorrufen kann, sollte bei dieser Patientengruppe auf den Einsatz von Liraglutid verzichtet werden.

Die ärztlichen Erfahrungen bei Patienten mit Leberfunktionsstörung aller Schweregrade sind zum jetzigen Zeitpunkt zu begrenzt, um die Anwendung des Wirkstoffs bei Patienten mit leichter, mittelschwerer oder schwerer Einschränkung der Leberfunktion zu empfehlen.

Bei folgenden Begleiterkrankungen muss der Arzt besondere Vorsicht walten lassen:
  • Patienten mit leichter bis mittlerer Herzmuskelschwäche (NYHA-Stadien I – II) wurden bisher nur selten mit dem Wirkstoff behandelt, und es gibt keine Erfahrungen bei Patienten mit schwerer Herzmuskelschwäche (NYHA-Stadien III – IV)
  • bei Bauchspeicheldrüsenentzündung ist Liraglutid abzusetzen, da diese verschlimmert werden kann
  • Schilddrüsenerkrankungen können sich verschlimmern
  • bei Kombination mit einem Sulfonylharnstoff kommt es schneller zu Unterzuckerungen, daher muss die Sulfonylharnstoff-Dosierung gegebenenfalls vom Arzt vermindert werden.
Nur zur Gewichtsabnahme sollte Liraglutid nicht eingesetzt werden bei
  • Patienten im Alter von 75 Jahren und mehr
  • Behandlung mit anderen Produkten zur Gewichtsabnahme
  • Fettsucht als Folge von Störungen des Hormonhaushalts oder der Essensaufnahme
  • Behandlung mit Arzneimitteln behandelt werden, welche eine Gewichtszunahme verursachen können
  • schwerer Einschränkung der Nieren- oder Leberfunktion.
Da Liraglutid nicht zur Gewichtsregulierung bei Patienten mit leichter oder mittelschwerer Einschränkung der Leberfunktion untersucht wurde, wird es der Arzt bei diesen Patienten nur mit Vorsicht anwenden. Bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten und Magenlähmung aufgrund einer zuckerbedingten Nervenerkrankung gibt es nur begrenzte Erfahrungen. Die Anwendung von Liraglutid wird bei diesen Patienten nicht empfohlen, da sie vorübergehend Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen oder Durchfall verursachen kann.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Liraglutid soll während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, da sich in Tierexperimenten Schäden bei den Nachkommen gezeigt haben. In der Schwangerschaft ist stattdessen die Anwendung von Insulin vorzuziehen. Möchte eine Patientin schwanger werden oder tritt eine Schwangerschaft ein, muss der Arzt die Behandlung mit Liraglutid abbrechen.

Es ist nicht bekannt, ob Liraglutid in die menschliche Muttermilch gelangt. Tierexperimente haben gezeigt, dass Liraglutid und seine Abbauprodukte nur unwesentlich in die Milch übergehen. Dennoch kam es bei gesäugten Ratten zu einer Abnahme des Wachstums der Neugeborenen. Deshalb darf der wirkstoff in der Stillzeit nicht angewendet werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Anwendung von Liraglutid bei Kindern unter 18 Jahren wurde hinsichtlich der Sicherheit und Wirksamkeit nicht untersucht. Für die Behandlung dieser Altersgruppe ist der Wirkstoff nicht zugelassen.

Welche Nebenwirkungen kann Liraglutid haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Liraglutid. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Je nachdem, mit welchen Kombinationspartnern Liraglutid zusammen gegeben wird, sind Art und Häufigkeit der Nebenwirkungen verschieden.

Kombination mit Metformin
Sehr häufige Nebenwirkungen:
Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall.

Häufige Nebenwirkungen:
Essenverweigerung, Appetitverminderung, Schwindel, Erbrechen, Verdauungsstörung, Magenschleimhautentzündung.

Kombination mit Glimepirid
Häufige Nebenwirkungen:
Schnupfen, Unterzuckerung, Essenverweigerung, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Verstopfung, Verdauungsstörung, Bauchschmerzen.

Kombination mit Metformin und Glimepirid
Sehr häufige Nebenwirkungen:
Unterzuckerung, Übelkeit, Durchfall.

Häufige Nebenwirkungen:
Bronchitis, Essenverweigerung, Kopfschmerzen, Erbrechen, Verdauungsstörung, Oberbauchschmerzen, Verstopfung, Zahnschmerzen.

Kombination mit Metformin und Rosiglitazon
Sehr häufige Nebenwirkungen:
Übelkeit und Erbrechen, Durchfall.

Häufige Nebenwirkungen:
Unterzuckerung, Essenverweigerung, Appetitverminderung, Kopfschmerzen, Verdauungsstörung, Verstopfung, Blähungen, Bauchspannen, Sodbrennen, Magen-Darm-Entzündung durch Viren, Erschöpfung, Fieber.

Besonderheiten:
Bei Patienten über 70 Jahre oder mit leichter Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance ab 60 bis 90 Milliliter/Minute) können durch die Behandlung mit Liraglutid häufiger Magen-Darm-Beschwerden auftreten.

Von der Anwendung verwandter Wirkstoffe ist bekannt, dass sie das Risiko steigern, an einer Bauchspeicheldrüsenentzündung zu erkranken. In einigen Fällen trat die Krankheit sogar akut auf. Wenn also während der Behandlung mit Liraglutid anhaltende, schwere Bauchschmerzen auftreten, sollte der Patient sofort einen Arzt aufsuchen.

Anwendung zur Gewichtsabnahme
Sehr häufige Nebenwirkungen:
Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Verstopfung.

Häufige Nebenwirkungen:
Unterzuckerung, Schlaflosigkeit, Schwindel, Geschmacksstörung, Mundtrockenheit, Verdauungsstörungen, Magenschleimhautentzündung, aufsteigende Säure in der Speiseröhre, Oberbauchschmerzen, Blähungen, Aufstoßen, Bauchspannen, Gallensteine, Reizungen an der Injektionsstelle, Schwäche, Erschöpfung.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Austrocknung, Herzrasen, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Gallenblasenentzündung, Nesselsucht, Unwohlsein.

Seltene Nebenwirungen:
allergische Reaktion, akutes Nierenversagen, Beeinträchtigung der Nierenfunktion.

Welche Wechselwirkungen zeigt Liraglutid?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Die durch Liraglutid leicht verzögerte Magenentleerung und vor allem wirkstoffbedingte Durchfälle können die Aufnahme gleichzeitig eingenommener Wirkstoffe manchmal beeinflussen.

Möglicherweise geht Liraglutid Wechselwirkungen mit Wirkstoffen ein, die eine geringe Löslichkeit haben oder bei denen zwischen Unter- und Überdosierung nur eine enge Bandbreite besteht. Zu solchen gehört beispielsweise der Blutverdünner Warfarin. Daher wird Patienten, die mit Warfarin behandelt werden, empfohlen, zu Beginn der Liraglutid-Behandlung häufiger die Blutgerinnung ärztlich prüfen zu lassen.

Eine Kombination von Liraglutid und Insulinen wurde nicht in Studien untersucht und wird daher auch nicht empfohlen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Anhaltende schwere Bauchschmerzen können Zeichen einer Bauchspeicheldrüsenentzündung in Folge der Behandlung sein. In solchen Fällen ist sofort ein Arzt aufzusuchen.
  • Das Medikament darf nicht in Venen oder Muskeln gespritzt sondern darf nur unter die Haut injiziert werden.
  • Besonders bei der Kombination des Medikaments mit einem Sulfonylharnstoff kann es zu Unterzuckerung und damit Einschränkungen des Reaktionsvermögens kommen. Autofahren und das Bedienen von Maschinen sind dann gefährlich.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Liraglutid?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Liraglutid enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

So wirkt Liraglutid

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Liraglutid. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Antidiabetika, zu welcher der Wirkstoff Liraglutid gehört.

Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Liraglutid

Liraglutid dient der Behandlung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2) bei Erwachsenen. Der Wirkstoff wird zusätzlich zu Metformin oder Sulfonylharnstoffen und ihren Abkömmlingen eingesetzt, um eine angemessene Kontrolle der Blutzuckerkonzentration zu erreichen, wenn dies durch die Einzelsubstanzen nicht möglich ist.

Auch ist die Zugabe zu einer Kombination aus Metformin und einem Sulfonylharnstoff oder Metformin und einem Gliptin wie beispielsweise Sitagliptin möglich, wenn die zwei oralen Antidiabetika nicht ausreichten, um den Blutzucker zu kontrollieren.

Ein weiteres Einsatzgebiet sind Fettsucht und Übergewicht mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Liraglutid sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Liraglutid

Die Ausschüttung von Insulin aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse wird unter anderem durch das Hormon Inkretin (GLP-1) geregelt. Inkretin entsteht im Darm, wenn dessen Oberfläche mit Traubenzucker in Kontakt gerät. Das Inkretin wird an das Blut abgegeben und erreicht mit diesem die Bauchspeicheldrüse. Dort bindet sich das Hormon Inkretin (GLP-1) an entsprechende Andockstellen (GLP 1-Rezeptoren). Diese Bindung führt zur Aktivierung des Rezeptors und der vermehrten Produktion von Insulin.

Liraglutid ist ein aus Aminosäuren aufgebautes Eiweiß-Molekül, das zu 97% identisch ist mit dem körpereigenen Hormon Inkretin. Der Wirkstoff bindet daher ebenso an den Inkretin-Rezeptor und vermag ihn zu aktivieren, was die Insulin-Ausschüttung steigert. Da das Hormon im Verdauungstrakt zersetzt würde, ist eine Einnahme nicht möglich und der Wirkstoff muss gespritzt werden.

Liraglutid kann einmal täglich angenwendet werden, da es sich in drei Eigenschaften vom natürlichen Inkretin unterscheidet: Inkretin-Moleküle lagern sich nach der Injektion zusammen, daher wird der Wirkstoff nur langsam in den Körper aufgenommen. Außerdem bindet sich Liraglutid an die Eiweiße des Blutes und ist außerdem stabiler gegen das körpereigene Enzym, das das Hormon normalerweise schneller abbaut. So hat das künstliche Hormon eine wesentlich längere Verweilzeit im Körper als das natürliche.

Liraglutid wirkt zweiseitig: Bei hoher Blutzuckerkonzentration regt es die Bildung von Insulin an und hemmt die Freisetzung eines Hormons (Glucagon), das die Zuckerreserven in Muskeln und Leber aktiviert. Während einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) verringert Liraglutid dagegen die Ausschüttung von Insulin, vermindert aber nicht die von Glucagon. So kann die Blutzuckerkonzentration ansteigen und den Mangel ausgleichen.

Die Blutzuckersenkung durch Liraglutid geht auch mit einer leicht verlangsamten Entleerung des Magens einher. So vermindert sich das Körpergewicht und die Masse des Körperfettes, da der Wirkstoff indirekt für ein schwächeres Hungergefühl und eine geringere Energieaufnahme sorgt.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.