Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 07.06.2018

Allgemeines

Die Kombination wird zur Behandlung des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), dem Erreger von AIDS, eingesetzt.

Welchen Zwecken dient diese Wirkstoffkombination?

  • Übersetzung des Viren-Erbgutes in Zellerbgut verhindern
  • Einbau von Erbgut aus den Viren in das Erbgut der Zellen hemmen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann dürfen Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir nicht verwendet werden?

Bei Überempfindlichkeit gegen Lamivudin, Abacavir oder Dolutegravir darf die Kombination nicht zum Einsatz kommen. Auch bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Einschränkung der Leber- oder der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance unter 50 Milliliter/Minute) wird die Anwendung der Kombination nicht empfohlen. Ebenso ist die gleichzeitige Anwendung mit dem nicht in Deutschland verwendeten Antiarrhythmikum Dofetilid nicht erlaubt.

Manche Patienten haben eine erbliche Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Abacavir. Diese sind an das Gen HLA-B*5701-Allel gebunden. Bei Patienten, die positiv auf das Gen getestet wurden, darf der Wirkstoff nicht verwendet werden. Musste eine Behandlung aufgrund einer vermuteten Überempfindlichkeitsreaktion beendet werden, darf die Kombination bei diesem Patienten nicht wieder eingesetzt werden – und auch andere andere Kombinationen, die Abacavir oder Dolutegravir enthalten, dürfen nicht mehr verwendet werden.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf die Kombination angewendet werden bei
  • Patienten (vor allem fettsüchtigen Frauen) mit Zeichen von Leberfunktionsstörung, Lebervergrößerung, Leberentzündung (besonders Hepatitis C) oder anderen bekannten Risikofaktoren für Lebererkrankungen sowie Fettleber
  • älteren Patienten aufgrund möglicher Einschränkung der Nierenfunktion oder einer Änderung der Blutzusammensetzung
  • Risikofaktoren für Herzinfarkt wie Rauchen, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen (diese sollten vor der HIV-Behandlung möglichst beseitigt werden).

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Durch die Behandlung einer HIV-Infektion während der Schwangerschaft wird das Risiko der Krankheits-Übertragung auf das Neugeborene verringert. Der Arzt wird daher für seine Entscheidung zur Therapie die Daten aus den Tierstudien sowie die klinische Erfahrung mit Schwangeren in Betracht ziehen.

Erfahrungen an schwangeren Frauen, die die einzelnen Wirkstoffe Abacavir und Lamivudin in Kombination einnahmen, deuten nicht auf ein Risiko für Missbildungen hin. Allerdings können Lamivudin und Abacavir Schäden in den Zellen des Kindes verursachen, die letztendlich zu Stoffwechselstörungen führen. Nach vermehrter Anwendung von Dolutegravir in der Schwangerschaft haben sich bei manchen Neugeborenen Missbildungen des Rückenmarkskanals ("offener Rücken") gezeigt. Dolutegravir darf daher bei Frauen im gebährfähigen Alter nur eingesetzt werden, wenn der Arzt eine Schwangerschaft vorher sicher ausgeschlossen hat. Auch muss während der ganzen Behandlungszeit eine sichere Verhütungsmethode angewendet werden. Sollte es dennoch zu einer Schwangerschaft kommen und diese im ersten Drittel der Schwangerschaft festgestellt werden, wird der Arzt wenn möglich auf andere virenhemmende Mittel einsetzen. Dies gilt auch für die Kombination.

Die Wirkstoffe wie auch die HI-Viren können von der Mutter mit der Milch auf das Kind übertragen werden. Daher ist Stillen auch bei einer behandelten HIV-Erkrankung auf jeden Fall zu vermeiden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Sicherheit und Wirksamkeit der Kombination ist bei Kindern im Alter von unter zwölf Jahren bisher noch nicht erwiesen. Die Anwendung in dieser Altersgruppe liegt im Ermessen des Arztes.

Welche Nebenwirkungen können Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Abgeschlagenheit (Fatigue).

Häufige Nebenwirkungen:
Überempfindlichkeitsreaktion, Essenverweigerung, unnormale Träume, Depressionen, Albträume, Schlafstörungen, Schwindel, Schläfrigkeit, Antriebslosigkeit, Husten, Nasenprobleme, Erbrechen, Bauchschmerzen (auch im Oberbauch), Blähungen, Bauchbeschwerden, Refluxkrankheit, Verdauungstörung, Hautausschlag, Juckreiz, Haarausfall, Gelenkschmerzen, Muskelbeschwerden, Schwäche, Fieber, allgemeines Unwohlsein, Anstieg der Kreatin-Phosphokinase (CPK), Anstieg der Leberwerte ASAT und ALAT im Blut.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Mangel an Neutrophilen Blutzellen, Blutarmut, Mangel an Blutplättchen, überschießende Immunreaktion, Überschuss an Triglyceriden im Blut, Blutzuckerüberschuss, Leberentzündung.

Seltene Nebenwirkungen:
Bauchspeicheldrüsenentzündung, Zerfall von Muskelgewebe (Rhabdomyolyse), Anstieg des Amylase-Wertes im Blut.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
spezielle Form der Blutarmut (aplastische Anämie), Nervenstörungen in Armen und Beinen, nervliche Missempfindungen, schwere Hautreaktionen (Erythema multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse).

Besonderheiten:
Fast alle Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Abacavir beinhalteten Fieber und / oder Hautausschlag. Andere Reaktionen können sein: Lungenentzündung, Bronchitis, Halsentzündung, Magen-Darm-Entzündung. Da die Reaktionen lebensbedrohlich sein können, sollten Sie bei ersten Anzeichen gleich einen Arzt aufsuchen.

Wie bei anderen AIDS-Wirkstoffen auch, kannn es bei Behandlung mit der Kombination zu einer Fettumverteilung (Lipodystrophie) beim Patienten kommen. Die Langzeitwirkungen sind derzeit nicht bekannt. Der Arzt wird auf körperliche Anzeichen von Fettumverteilung achten und gegebenenfalls die Blutfette sowie den Nüchternblutzucker messen.

Bei HIV-infizierten Patienten mit schwerem Immundefekt kann es zu Beginn der Therapie zu einer überschießenden Immunreaktion kommen. Sie zeigt sich in einer entzündlichen Reaktion auf bisher ruhende oder leichte Infektionen. Schwere Verläufe oder eine Verschlechterung der Beschwerden sind möglich.

Bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Erkrankung und / oder bei Langzeitanwendung virenhemmender Mittel kommt es manchmal zu Knochenabbau. Bei Auftreten von Gelenkbeschwerden und -schmerzen, Gelenksteife oder Schwierigkeiten bei Bewegungen ist daher ein Arzt aufzusuchen.

Welche Wechselwirkungen zeigen Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Dolutegravir (und damit die Wirkung der Kombination insgesamt) wird durch folgende Substanzen in seiner Wirksamkeit geschmälert:
  • die virenhemmenden Mittel und Kombinationen Etravirin, Efavirenz, Nevirapin, Tipranavir + Ritonavir, Fosamprenavir + Ritonavir, Darunavir + Ritonavir, Darunavir + Ritonavir + Etravirin
  • Antazida gegen zu viel Magensäure (Einnahmeabstand sollte zwei Stunden davor oder sechs Stunden danach sein)
  • das Tuberkuose-MittelRifampicin (eine gemeinsame Anwendung wird nicht empfohlen)
  • die AntiepileptikaPhenobarbital, Phenytoin, Oxcarbazepin, Carbamazepin (eine gemeinsame Anwendung wird nicht empfohlen)
  • Nahrungsergänzungsmittel mit Calcium, Eisen und Vitaminen (Einnahmeabstand sollte zwei Stunden davor oder sechs Stunden danach sein)
  • Johanniskraut (gegen Depressionen); die gemeinsame Anwendung ist zu vermeiden.
Gesteigert wird Dolutegravir in seiner Wirkung und Nebenwirkungen durch die virenhemmenden Mittel Atazanavir, Atazanavir + Ritonavir sowie Telaprevir.

Das AntibiotikumTrimethoprim + Sulfamethoxazol steigert nur bei Nierenkranken Wirkung und Nebenwirkungen von Lamivudin bedenklich.

Es wird empfohlen, die Kombination nicht gemeinsam mit dem Virusmittel Emtricitabin anzuwenden, da sowohl Lamivudin als auch Emtricitabin dem Erbgut-Baustein Cytidin ähneln. Damit besteht ein Risiko von Wechselwirkungen in der Zelle. Gleiches gilt für das Virusmittel Ribavirin in Bezug auf Abacavir;, beide sind dem Erbgut-Baustein Guanosin ähnlich.

Die verbotene gleichzeitige Anwendung der Kombination und des (in Deutschland nicht zugelassenen) AntiarrhythmikumsDofetilid führt zu einer starken Wirkungssteigerung von Dofetilid, die auch tödlich sein kann.

Lamivudin hemmt die Wirkung des ZytostatikumsCladribin. Daher wird die gemeinsame Anwendung nicht empfohlen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Bei Fieber und / oder Hautausschlag,Lungenentzündung, Bronchitis, Halsentzündung, Magen-Darm-Entzündung sollten Sie die Behandlung abbrechen und einen Arzt befragen, da diese Beschwerden Anzeichen einer Überempfindlichkeitsreaktion sein können.
  • Alle Patienten muss der Arzt vor der Behandlung auf eine erbliche Neigung zur Überempfindlichkeit gegen Abacavir testen.
  • Treten Gelenkbeschwerden und -schmerzen, Gelenksteife oder Schwierigkeiten bei Bewegungen auf, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Sie können Anzeichen eines Knochenabbaus sein.
  • Die Behandlung mit dem Medikament darf nur von Ärzten unternommen werden, die erfahren in der AIDS-Therapie sind.
  • Die Behandlung mit dem Medikament kann zu Schwindel führen, der Autofahren und das Führen von Maschinen gefährlich macht.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir enthalten sind.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen virenhemmende Mittel, Reverse-Transkriptase-Hemmer, zu welcher die Wirkstoffkombination Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir gehört.

Anwendungsgebiet der Wirkstoffkombination Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir

Die Kombination wird zur Behandlung des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), dem Erreger von AIDS, eingesetzt.

Den Kombinationswirkstoff Abacavir dürfen nur Personen verabreicht bekommen, die in ihrem Erbgut keine besondere Veranlagung für Überempfindlichkeitsreaktionen gegen den Wirkstoff tragen. Dies muss der Arzt vor Beginn der Behandlung durch einen speziellen Labortest ausschließen. Das dafür bestimmende Gen heißt HLA-B*5701-Allel.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Lamivudin + Dolutegravir + Abacavir

Die Kombination gehört zur Wirkstoffgruppe der virenhemmenden Mittel. Abacavir und Lamivudin nennt man nach ihrem Wirkmechanismus auch Reverse-Transkriptase-Hemmer. Dolutegravir gehört einer neuen Substanzgruppe an: den Reverse-Integrase-Hemmern.

Das Erbgut gesunder Zellen besteht aus Desoxyribonukleinsäure (DNA). Viren hingegen weisen als Erbgut eine Ribonukleinsäure-Kette (RNA) auf. Viren können normale Körperzellen dazu zwingen, neue Viren zu bauen, indem sie die Baupläne dazu aus ihrem RNA-Erbgut in DNA "umschreiben". Dies gelingt nur in Anwesenheit bestimmter Enzyme, der Transkriptasen. Das erzeugte Stück DNA wird danach unter Mitwirkung eines anderen Enzyms, der Integrase, in das Erbgut der infizierten Zelle eingebaut. Erst dann kann die Zelle die Information lesen und die dazu nötigen Eiweiße herstellen.

Sowohl Abacavir als auch Lamivudin werden in den Zellen zu Produkten umgebaut, die den Erbgut-Bausteinen Cytidin und Guanosin sehr ähnlich sind. Das Enzym Transkriptase versucht, sie bei der "Übersetzung" der RNA in den Erbgut-Strang einzubauen. Dadurch kommt es zum Kettenabbruch - die falsche DNA wird nicht fertiggestellt.

Dolutegravir hemmt das Enzym Integrase, indem es an das aktive Zentrum des Enzyms bindet und dieses blockiert. So ist die Integrase unfähig, die falsche Viren-DNA in das Erbgut der Zelle einzubauen.

Da HI-Viren sehr wandlungsfähig sind, müssen immer mehrere virenhemmende Mittel gemeinsam zu ihrer Bekämpfung eingesetzt werden.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.