Interferon beta-1a

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 21.08.2014

Allgemeines

Der Wirkstoff Interferon beta-1a wird zur Behandlung einer schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose eingesetzt, um die Häufigkeit und Schwere der Krankheitsschübe zu verringern.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Häufigkeit der Schübe bei Multipler Sklerose verringern
  • Schwere der Schübe bei Multipler Sklerose verringern
  • bei vorangegangenem einzelnem Schub Multipler Sklerose einem weiteren Schub vorbeugen

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Interferon beta-1a im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Interferon beta-1a nicht verwendet werden?

Interferon beta-1a darf nicht eingesetzt werden, bei
  • Allergie gegen diesen Wirkstoff
  • fortschreitender Multipler Sklerose ohne Schübe
  • schweren Depressionen mit Selbstmordgefahr.
Nur nach ärztlicher Risiko-Nutzen-Abwägung ist Interferon beta-1a anzuwenden bei
  • Herzerkrankungen wie Herzmuskelschwäche oder Herzrhythmusstörungen (auch in der Vorgeschichte), weil die grippeähnlichen Nebenwirkungen des Wirkstoffs eine zusätzliche Belastung darstellen
  • schweren Leberfunktionsstörungen
  • schweren Nierenfunktionsstörungen
  • schweren Knochenmarkschäden
  • Erkrankungen des Gehirns wie beispielsweise Krampfanfällen (Epilepsie), die mit Antiepileptika nur unzureichend behandelbar sind
  • Störungen der Schilddrüsenfunktion.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Es gibt bisher nur wenige Fälle der Anwendung von Interferon beta-1a während der Schwangerschaft. Die verfügbaren Erkenntnisse weisen darauf hin, dass möglicherweise ein erhöhtes Risiko für plötzliche Fehlgeburten bestehen könnte. Daher ist ein Therapiebeginn während der Schwangerschaft verboten. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung wirksame Verhütungsmaßnahmen anwenden. Patientinnen, die während der Behandlung mit Interferon beta-1a schwanger werden werden oder eine Schwangerschaft planen, müssen vom Arzt über das mögliche Risiko für ihr Kind informiert werden und das Absetzen der Therapie sollte in Erwägung gezogen werden.

Es ist nicht bekannt, ob Interferon beta-1a in die menschliche Muttermilch ausgeschieden wird. Da jedoch die Möglichkeit besteht, dass bei gestillten Kindern schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten können, ist entweder abzustillen oder die Behandlung während der Stillzeit zu beenden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Verabreichung von Interferon beta-1a an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren wurde bisher nicht ausreichend in Studien untersucht. Daher ist die Anwendung des Wirkstoffes bei Patienten dieser Altersgruppe verboten.

Welche Nebenwirkungen kann Interferon beta-1a haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Interferon beta-1a. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Blutbildveränderungen (Weiße-Blutkörperchenmangel, Lymphzellenmangel, Blutplättchenmangel, Neutrophilen-Mangel), Blutarmut, Hautreaktionen, Hautentzündungen an der Einstichstelle; grippeartige Symptome wie Schwitzen, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Leberwerterhöhung.

Häufige Nebenwirkungen:
Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, Depressionen, Gefühlsstörungen, Hautausschläge (mit Rötung und/oder Bläschenbildung), Juckreiz, Gesichtsrötung, Nasenausfluss, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit, Muskelsteifigkeit, Muskelkrämpfe, Nackenschmerzen, Schmerzen in Armen und Beinen, Fieber, Schwitzen, Blutkalium-Konzentrationserhöhung, Harnstickstoff-Konzentrationserhöhung.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Schilddrüsenfunktionsstörung, Gewebszerstörung, Schwellung oder Geschwür an der Einstichstelle, Brennen an der Einstichstelle, Haarausfall, Regelstörungen.

Seltene Nebenwirkungen:
Atemnot.

Nebenwirkungen ohne Angabe der Häufigkeit:
Blutplättchenverminderung, Mangel an allen Blutzellen, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Angstzustände, Psychose, Verwirrung, Gefühlslabilität, Selbstmordversuche, dauerhafte Muskelspannungszunahme, Ohnmacht, Schwindel, Nervenstörungen, Migräne, Krampfanfälle, Herzrhythmusstörungen, Herzklopfen, Herzrasen, Herzkrankheit, entgleiste Herzmuskelschwäche, Gefäßerweiterung, Leberentzündung, Gelbsucht, Leberversagen, Juckreiz, Nesselsucht, Hautrötung, Schuppenflechtenverschlechterung, Gefäßschwellungen (Angioödem), Muskelschwäche, Gelenkentzündungen, schwere Bindegewebserkrankung systemischer Lupus erythematodes), allergischer Schock (anaphylaktischer Schock), Gewichtsabnahme, Gewichtszunahme, Leberwerterhöhung, Thrombosen, Antikörper-Bildung.

Besonderheiten:
Vereinzelt können während der Behandlung mit dem Wirkstoff Fälle von Verstopfungen kleinster Blutgefäße durch Blutgerinnsel auftreten. Meist äußern sie sich als Unterhautblutungen oder als sogenanntes hämolytisch-urämischen Syndrom. Anzeichen sind Blutplättchenmangel, plötzlich auftretender Bluthochdruck, Fieber, Verwirrtheit und Lähmungen sowie eine gestörte Nierenfunktion. Außerdem kann es auch zu einem nephrotischen Syndrom kommen. Das ist eine unspezifische Nierenkrankheit, die durch Eiweiß im Urin, eingeschränkte Nierenfunktion und Wasseransammlungen im Gewebe (Ödeme) gekennzeichnet ist. Kommt es zu den geschilderten Nebenwirkungen, ist ein Arzt zu verständigen und die Behandlung zu beenden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Interferon beta-1a?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei gleichzeitiger Einnahme von Wirkstoffen gegen Krampfanfälle (Antiepileptika) und gegen Depressionen (Antidepressiva) kann deren Abbau im Körper verzögert werden. Bei gleichzeitiger Einnahme mit Interferon beta-1a muss der Arzt daher gegebenenfalls die Dosierungen dieser Medikamente anpassen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung geeignete Maßnahmen zur Empfängnisverhütung treffen. Vor Therapiebeginn muss eine Schwangerschaft ärztlich ausgeschlossen werden.
  • Zur Vermeidung von Hautschäden sollte die Einspritzung des Medikaments erst nach gründlicher Desinfektion sowie unter stetem Wechsel der Injektionsstelle vorgenommen werden.
  • Bei Langzeitanwendung ist das Blutbild, die Leber- und Nieren- und die Schilddrüsenfunktion regelmäßig ärztlich zu kontrollieren.
  • Bei Depressionen und Selbstmordgedanken ist der Patient während der Behandlung genau vom Arzt zu beobachten.
  • Patienten mit Krampfleiden und Herzkrankheiten sind bei der Behandlung mit dem Medikament vom Arzt sorgfältig zu überwachen.
  • Bei schweren Leber- und Nierenschäden sowie starkem Alkoholmissbrauch ist eine ärztliche Überwachung der Behandlung notwendig.
  • Bei Übergang von einer schubförmig verlaufenden in eine stetig fortschreitende Multiple Sklerose ist die Behandlung mit dem Medikament abzubrechen.
  • Das Reaktionsvermögen kann beeinträchtigt sein und damit die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr sowie zum Bedienen von Maschinen.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Interferon beta-1a?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Interferon beta-1a enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Interferon beta-1a

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Interferon beta-1a. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Immunstärkende und -schwächende Mittel, Interferone, zu welcher der Wirkstoff Interferon beta-1a gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Interferon beta-1a

Der Wirkstoff Interferon beta-1a wird zur Behandlung einer schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose eingesetzt, um die Häufigkeit und Schwere der Krankheitsschübe zu verringern.

Sollte sich der Krankheitsverlauf von der schubförmigen zur fortlaufenden Ausprägung verändern, ist der Wirkstoff abzusetzen.

Manche Hersteller haben auch eine Zulassung für die Vorbeugung weiterer Schübe, wenn ein vereinzelter Schub aufgetreten ist.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Interferon beta-1a sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Interferon beta-1a

Interferon beta-1a ist ein gentechnisch hergestellter körperidentischer Abwehrstoff, der zur Wirkstoffgruppe der Immunologika und dort zur Untergruppe der Interferone zählt. Wie alle Interferone wird auch Interferon beta-1a von Tierzellen (also auch menschlichen Zellen) im Rahmen der Immunantwort auf Infektionen mit Viren und auf andere biologische Reize hin gebildet. Interferone wirken gegen Viren, dämmen das Zellwachstum ein (antiproliferativ) und stärken die körpereigene Abwehr (immunmodulierend).

Interferon beta-1a entwickelt seine biologische Wirkung durch Anheftung an spezielle Bindungsstellen (Rezeptoren) auf der Oberfläche der menschlichen Zellen. Diese Bindung leitet eine umfangreiche Reaktion der Zelle ein, bei der zahlreiche Interferon-typische Stoffe produziert werden. Nach einer einzigen Gabe von Interferon beta-1a bleiben diese Stoffe mindestens vier Tage bis eine Woche lang im Blut nachweisbar.

Ob die Wirkung von Interferon beta-1a bei Multipler Sklerose (MS) auf der Ausschüttung der oben genannten Zellprodukte beruht, ist unbekannt, weil die Ursachen der Entstehung dieser Krankheit noch nicht ausreichend erforscht sind. Auf jeden Fall mildert die Gabe des Wirkstoffes nachweislich den Krankheitsverlauf ab, was sich in einer verzögerten Entwicklung der damit verbundenen Behinderungen zeigt.

Bei einem vereinzelten MS-Schub kann die Gabe von Interferon beta-1a die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Schubes deutlich im Sinne einer Vorbeugung verringern.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.