Indinavir

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 11.02.2017

Allgemeines

Indinavir wird ausschließlich in Kombination mit anderen virenhemmenden Mitteln aus der Gruppe der Nukleosid-Analoga für die Behandlung von Erwachsener verwendet, die mit dem HI-Virus, dem Erreger von AIDS, infiziert sind.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Virusreifung behindern
  • Bildung nichtinfektiöser Viren fördern
  • Ausbreitung der Infektion im Körper verhindern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Indinavir im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Indinavir nicht verwendet werden?

Personen, die auf den Wirkstoff überempfindlich reagieren, dürfen Indinavir nicht einnehmen.

Weitere wichtige Anwendungseinschränkungen ergeben sich durch die möglichen Kombinationspartner, vor allem Ritonavir.

Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Indinavir angewendet werden bei
  • Nierenkranken, da das Risiko für Nierensteine erhöht ist
  • Patienten mit chronischer Leberentzündung, weil sich diese lebensgefährlich verschlimmern kann
  • Patienten mit leicht bis mäßig eingeschränkter Leberfunktion aufgrund einer Leberzirrhose
  • Personen mit Bluterkrankheit, weil die Blutungsgefahr steigt.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Indinavir darf während der Schwangerschaft nur zum Einsatz kommen, wenn der Arzt der Ansicht ist, dass der Nutzen größer ist als das mögliche Risiko für das Kind. Im Allgemeinen wird die Anwendung während der Schwangerschaft nicht empfohlen.

Um die Übertragung der HI-Viren zu verhindern, wird empfohlen, dass infizierte Mütter ihre Säuglinge unter keinen Umständen stillen. Es ist daher nicht bekannt, ob Indinavir beim Menschen in die Muttermilch übertritt.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Die Sicherheit und Wirksamkeit von Indinavir bei Kindern unter vier Jahren ist bisher nicht erwiesen. In klinischen Studien mit Kindern ab drei Jahren waren die Nebenwirkungen mit denen von Erwachsenen vergleichbar. Allerdings entwickelten Kinder häufiger als Erwachsene Nierensteine: Etwa ein Drittel der Kinder war in Studien davon betroffen.

Welche Nebenwirkungen kann Indinavir haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Indinavir. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
vergrößerte rote Blutkörperchen, Abnahme der Granulozyten-Zahl, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Verdauungsstörung, zu viel Bilirubin im Blut, Anstieg von Leberwerten (ALAT, ASAT), Ausschlag, trockene Haut, Urinveränderungen (Blut, Eiweiß, Kristalle im Urin), Schwäche, Müdigkeit, veränderte Geschmackswahrnehmungen, Bauchschmerzen.

Häufige Nebenwirkungen:
Schlaflosigkeit, Empfindungslosigkeit, nervliche Missempfindungen, Blähungen, trockener Mund, Sodbrennen, Juckreiz, Muskelschmerzen, Nierensteine, Störungen des Wasserlassens.

Nebenwirkungen unbekannter Häufigkeit:
Verstärkte Blutungen bei Blutern, Blutarmut (einschließlich akute hämolytische Anämie), Mangel an Blutplättchen, allergische Reaktion, Diabetes mellitus, Verschlechterung eines Diabetes mellitus, Blutzuckeranstieg,Fettstoffwechselstörungen (Überschuss an Triglyzeriden und Cholesterin), nervliche Missempfindungen im Mund, Veränderungen der Leberfunktion, Leberentzündung (einschließlich Leberversagen), Bauchspeicheldrüsenentzündung, schwere Hautreaktionen (Erythema multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom), allergische Blutgefäßentzündung, Haarausfall, Dunkelfärbung der Haut, Nesselsucht, eingewachsene Zehennägel, Nagelbettentzündung, Muskelentzündung, Muskelauflösung (Rhabdomyolyse), Knochenabbau, schwere Nierenfunktionsstörungen bis zum Nierenversagen.

Besonderheiten:
Neigt ein Patient zu Nierensteinen, muss eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sichergestellt werden.

In den ersten Wochen oder Monaten nach Beginn der Behandlung können verstärkt Entzündungen auftreten.

Wenn Sie Gelenkbeschwerden und -schmerzen, Gelenksteife oder Schwierigkeiten bei Bewegungen bemerken, sollten Sie sofort einen Arzt aufsuchen.

Welche Wechselwirkungen zeigt Indinavir?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Indinavir mit oder ohne Ritonavir darf nicht gleichzeitig mit bestimmten Substanzen gegeben werden, da es sonst zu schwerwiegenden Wechselwirkungen kommen kann. Sowohl Indinavir wie Ritonavir hemmen ein Enzymsystem, das Wirkstoffe im Körper abbaut.

Indinavir mit oder ohne Ritonavir darf nicht zusammen gegeben werden mit
  • den H1-AntiallergikaTerfenadin und Astemizol
  • den Psychopharmaka Quetiapin, Alprazolam, Estazolam, Midazolam (zur Einnahme), Triazolam, Pimozid, Clorazepat, Clozapin, Diazepam, Flurazepam
  • den AntiarrhythmikaAmiodaron, Ecainid, Flecainid, Bepridil, Chinidin
  • dem Magenmittel Cisaprid
  • Mutterkorn-Alkaloiden
  • den StatinenSimvastatin oder Lovastatin
  • Johanniskraut (gegen Depressionen)
  • Alfuzosin (gegen gutartige Prostatavergrößerung)
  • den opioiden SchmerzmittelnPethidin und Propoxyphen
  • dem EntzündungshemmerPiroxicam.
Indinavir darf Patienten mit schlecht behandelbarer Lebererkrankung nicht mit Ritonavir verabreicht werden, da Ritonavir hauptsächlich über die Leber abgebaut und ausgeschieden wird.

Mit anderen Substanzen ergeben sich folgende Vorsichtsmaßnahmen:
  • Indinavir und Didanosin sollten mindestens eine Stunde getrennt voneinander auf nüchternen Magen eingenommen werden
  • Delavirdin verstärkt die Wirkung von Indinavir, sodass der Arzt die Dosis verringern wird
  • Nevirapin schwächt die Wirkung von Indinavir, sodass der Arzt die Dosis erhöhen wird
  • Die Kombination von Atazanavir mit oder ohne Ritonavir und Indinavir wird wegen eines erhöhten Risikos von Bilirubin-Überschuss im Blut nicht empfohlen
  • In Kombination mit den Anti-Pilzmitteln Intraconazol und Ketoconazol muss die Indinavir-Dosis vermindert werden
  • Ist eine gleichzeitige Therapie mit den Tuberkulose-MittelnRifampicin oder Rifabutin erforderlich, wird der Arzt einen anderen Virenhemmer als Indinavir wählen
  • Bei Kombination mit dem BlutverdünnerWarfarin oder den AntiepileptikaCarbamazepin, Phenobarbital und Phenytoin wird der Arzt seinen Patienten besonders sorgfältig überwachen
  • Die BlutdrucksenkerFelodipin, Nifedipin, Nicardipin werden durch Indinavir in ihrer Wirkung verstärkt, was zu Blutdruckabfall führen kann
  • Rosuvastatin, Atorvastatin, Pravastatin und Fluvastatin (gegen Fettstoffwechselstörungen) wird der Arzt nur mit äußerster Vorsicht zusammen mit Indinavir verabreichen
  • Indinavir steigert Wirkung und Nebenwirkungen von Cyclosporin A (gegen Organabstoßung nach Verpflanzungen)
  • Phosphodiesterasehemmer (gegen Erektionsstörungen) dürfen nur in schwachen Dosierungen verwendet werden
  • bei gleichzeitiger Verabreichung von Dexamethason und Indinavir wird der Arzt Wirksamkeit und Nebenwirkungen sorgfältig überwachen.
Wird Indinavir zusammen mit Ritonavir verabreicht, sind auch dessen Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen vom Arzt zu beachten.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Es muss eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sichergestellt werden; dies gilt besonders für Patienten, die zu Nierensteinen neigen.
  • In den ersten Wochen oder Monaten nach Beginn der Behandlung können häufiger Entzündungen auftreten.
  • Bei Gelenkbeschwerden und -schmerzen, Gelenksteife oder Schwierigkeiten bei Bewegungen sollten Sie sofort einen Arzt aufsuchen.
  • Das Medikament darf nur von Ärzten angewendet werden, die erfahren in der Behandlung von HIV-Infektionen sind.
  • Indinavir kann zu Schwindelgefühl und verschwommenem Sehen führen, was Autofahren und das Führen von Maschinen gefährlich macht.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Indinavir?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Indinavir enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Indinavir

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Indinavir. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen virenhemmende Mittel, HIV-1-Proteasehemmer, zu welcher der Wirkstoff Indinavir gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Indinavir

Indinavir wird ausschließlich in Kombination mit anderen virenhemmenden Mitteln aus der Gruppe der Nukleosid-Analoga für die Behandlung von Erwachsener verwendet, die mit dem HI-Virus, dem Erreger von AIDS, infiziert sind.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Indinavir sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Indinavir

Indinavir gehört zur Wirkstoffgruppe der virenhemmenden Mittel und zur Untergruppe der HIV-1-Proteasehemmer.

Eine HIV-Infektion breitet sich im Körper aus, indem das Virus die Körperzellen zwingt, selbst Viren herzustellen. Ein wichtiger Schritt ist dabei, aus großen Eiweißstücken die notwendigen Teile maßzuschneidern. Dies geschieht mithilfe spezieller Enzymen, vor allem der HIV-1-Protease.

Der Wirkstoff blockiert vorübergehend, aber gezielt das Zentrum der HIV-1-Protease. Diese Hemmung verhindert die Spaltung des Vorläufereiweißes, die bei der Reifung neugebildeter Viruspartikel stattfindet. Die Folge: Es entstehen unreife, nicht infektiöse Viruspartikel, die sich nicht vermehren und keine neuen Infektionszyklen auslösen.

Indinavir wirkt nur auf die Proteasen von Viren, nicht aber auf ähnliche Enzyme, die auch im menschlichen Körper wichtige Aufgaben erfüllen.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.