Fludarabin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 07.07.2013

Allgemeines

Fludarabin dient der Behandlung einer speziellen Form von Blutkrebs, der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) vom B-Zell-Typ. Bei dieser Form sind weiße Blutkörperchen krankhaft vermehrt, die zu den Lymphzellen des B-Typs gehören. Diese Zellen spielen in gesundem Zustand eine wichtige Rolle bei der körpereigenen Abwehr.

Welchem Zweck dient dieser Wirkstoff?

    Gegenanzeigen

    Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Fludarabin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Wann darf Fludarabin nicht verwendet werden?

    Fludarabin darf nicht angewendet werden bei
    • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
    • Nierenfunktionsstörung mit einer Kreatinin-Clearance von unter 30 Milliliter/Minute
    • nicht behandelbarer Blutarmut durch Zerfall von Blutzellen (hämolytische Anämie).
    Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt und unter seiner Kontrolle darf Fludarabin eingesetzt werden bei
    • geplanter Entnahme von Blutstammzellen
    • eingeschränktem Gesundheitszustand, insbesondere schwerer Beeinträchtigung der Knochenmarksfunktion (Butbildungsstörungen), Immunschwäche oder Infektionen in der Vorgeschichte
    • Nierenfunktionsstörungen: Schon bei einer Kreatinin-Clearance von 30 bis 70 Milliliter/Minute muss der Arzt die Dosis um die Hälfte verringern
    • Leberfunktionsstörungen
    • älteren Personen vor allem hinsichtlich ihrer Nierenfunktion.

    Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

    Sowohl sexuell aktive Männer als auch Frauen im gebärfähigen Alter müssen während und bis zu sechs Monate nach der Behandlung wirksame Methoden der Schwangerschaftsverhütung anwenden.

    Bisher gibt es nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Fludarabin bei schwangeren Frauen während des ersten Schwangerschaftsdrittels. Fludarabin darf bei schwangeren Frauen nur bei eindeutiger Notwendigkeit (beispielsweise lebensbedrohliche Umstände, keine sicherere andere Behandlung mit vergleichbarem therapeutischem Nutzen verfügbar, Behandlung ist unvermeidbar) angewendet werden. Fludarabin kann das Ungeborene schädigen. Daher wird der Arzt den Wirkstoff nur verschreiben, wenn der zu erwartende Nutzen einer Behandlung die möglichen Risiken für das Kind rechtfertigt.

    Es ist nicht bekannt, ob der Wirkstoff oder seine Abbauprodukte, wie in Tierversuchen nachgewiesen, aus dem mütterlichen Blut in die Milch übergehen. Wegen des Risikos schwerwiegender unerwünschter Wirkungen von Fludarabin beim gestillten Säugling ist eine Anwendung während der Stillzeit verboten.

    Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

    Fludarabin wird aufgrund des Fehlens von Studien zur Unbedenklichkeit und/oder Wirksamkeit in dieser Altersgruppe nicht zur Behandlung von Kindern empfohlen.

    Welche Nebenwirkungen kann Fludarabin haben?

    Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Fludarabin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    Sehr häufige Nebenwirkungen:
    Infektionen (vielfach Erkrankung der weißen Hirnmasse (PML), Gürtelrose, Pfeiffersches-Drüsenfieber), Lungenentzündung, Mangel an neutrophilen Blutzellen, Blutarmut, Blutplättchenmangel, Husten, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Fieber, Müdigkeit, Schwäche.

    Häufige Nebenwirkungen:
    Knochenmarkserkrankungen (Myelodysplastisches Syndrom, akute myeloische Leukämie), Störungen der Knochenmarksfunktion, Essensverweigerung, Nervenstörungen, Sehstörungen, Mundschleimhautentzündungen, Ausschlag, Wasseransammlungen im Gewebe (Ödeme), Schleimhautentzündung, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl.

    Gelegentliche Nebenwirkungen:
    Autoimmunerkrankungen (einschließlich Blutarmut durch autoimmunen Blutzellzerfall (Evans-Syndrom), Unterhautblutungen durch Blutplättchenzerfall, erworbene Blutungsneigung, blasenbildende Hautkrankheiten), Tumorzerfall-Syndrom (mit Nierenversagen, Körperübersäuerung, zu viel Kalium, Phosphat und Harnsäure im Blut, Calciummangel, Blut im Urin, Harnsäurekristalle im Urin), Verwirrtheit

    Seltene Nebenwirkungen:
    Erkrankungen mit Vermehrung der Lymphzellen (als Folge des Pfeifferschen Drüsenfiebers), Koma, Krampfanfälle, Aufregung, Erblindung, Sehnerventzündung, Erkrankung der Augennerven, Herzmuskelschwäche, Herzrhythmusstörungen, Hautkrebs, schwere Hautreaktionen (Lyell-Syndrom, Stevens-Johnson-Syndrom).

    Nebenwirkungen unbekannter Häufigkeit:
    Hirnblutung, Lungenblutung, blutige Harnblasenentzündung.

    Besonderheiten:
    Begleitende Knochenmarkserkrankungen treten hauptsächlich im Zusammenhang mit vorhergehender, gleichzeitiger oder nachfolgender Therapie mit anderen Zytostatika wie alkylierenden Substanzen, Topoisomerase-Inhibitoren oder Bestrahlung auf.

    Eine Blutarmut infolge allergisch bedingter Auflösung von Blutzellen (autoimmunhämolytische Anämie) muss den sofortigen Therapieabbruch zur Folge haben.

    Da Fludarabin nervengiftig wirkt, sind die Patienten laufend vom Arzt auf Nervenfunktionsstörungen hin zu untersuchen. Sehstörungen oder andere Sinnstörungen sind dem behandelnden Arzt mitzuteilen.

    Welche Wechselwirkungen zeigt Fludarabin?

    Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

    In einer klinischen Studie mit Fludarabin in Kombination mit dem ZytostatikumPentostatin (Deoxycoformycin) zur Therapie der hartnäckigen chronisch-lymphatischen Leukämie (CLL) kam es zum unannehmbar gehäuften Auftreten tödlich verlaufender Lungenprobleme. Die Anwendung von Fludarabin in Kombination mit Pentostatin wird daher nicht empfohlen.

    Die Wirksamkeit von Fludarabin kann durch die GerinnungshemmerDipyridamol, Clopidogrel und Ticlopidin vermindert werden.

    Klinische Studien belegen, dass Fludarabin die Wirkung des Zytostatikums Cytarabin steigern kann.

    Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

    • Bei Seh- oder anderen Sinnstörungen ist sofort der behandelnde Arzt zu informieren.
    • Kommt es durch die Therapie zu einer Zerstörung der Blutzellen, muss die Behandlung sofort abgebrochen werden.
    • Das Medikament darf nur unter Aufsicht eines spezialisierten Arztes mit ausreichender Erfahrung in der Anwendung von Krebstherapien angewendet werden.
    • Das Medikament darf ausschließlich nur in eine Vene gegeben werden.
    • Fludarabin kann die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen beeinträchtigen, da es Müdigkeit, Schwäche, Sehstörungen, Verwirrtheit, Aufregung und Krampfanfälle verursachen kann.

    Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

    Welche Medikamente beinhalten Fludarabin?

    Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Fludarabin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

    So wirkt Fludarabin

    Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Fludarabin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Zytostatika, zu welcher der Wirkstoff Fludarabin gehört.

    Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Fludarabin

    Fludarabin dient der Behandlung einer speziellen Form von Blutkrebs, der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) vom B-Zell-Typ. Bei dieser Form sind weiße Blutkörperchen krankhaft vermehrt, die zu den Lymphzellen des B-Typs gehören. Diese Zellen spielen in gesundem Zustand eine wichtige Rolle bei der körpereigenen Abwehr.

    Fludarabin darf nur bei Patienten eingesetzt werden, deren Knochenmarksfunktion trotz der Erkrankung noch einigermaßen normal ist. Als Mittel der ersten Wahl wird Fludarabin ausschließlich bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung genommen. Das heißt, im Rai-Stadium III/IV (Binet-Stadium C) oder im Rai-Stadium I/II (Binet-Stadium A/B), wenn schon krankheitsbedingte Beschwerden auftreten oder der ärztliche Nachweis der fortschreitenden Erkrankung erbracht ist.

    Zu folgenden Anwendungsgebieten von Fludarabin sind vertiefende Informationen verfügbar:

    Wirkungsweise von Fludarabin

    Fludara gehört zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika und dort zur Untergruppe der Nukleotid-Analoga. Es handelt sich chemisch um den Wirkstoff Vidarabin, dem noch ein Fluor-Atom zugefüht wurde. Damit ist das Molekül widerstandsfähiger gegen die Zersetzung durch das Zell-Enzym Adenosin-Desaminase, was die Wirksamkeit steigert.

    Fludarabin wird in die Zellen aufgenommen und hemmt dort wichtige Enzyme, die an der Herstellung des Erbgutes beteiligt sind. Teilweise hemmt es auch ein Enzym, das bei der Produktion von Eiweißen eine wichtige Rolle spielt. Obwohl der Wirkungsmechanismus von Fludarabin noch nicht vollständig geklärt ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Wirkungen zur Hemmung des Zellwachstums beitragen. Laboruntersuchungen haben außerdem gezeigt, dass die Einwirkung von Fludarabin auf krebsig entartete Lymphozyten eine ausgeprägte Zerstückelung des Erbgutes und den Zelltod auslöst.

    Disclaimer:
    Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.