Didanosin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 31.10.2007

Allgemeines

Didanosin dient der Behandlung einer Infektion mit dem menschlichen Immunschwäche-Virus (HIV). Der Wirkstoff kann das Immunsystem HIV-infizierter Menschen stärken und die Immunschwächekrankheit AIDS bekämpfen beziehungsweise ihren Ausbruch verzögern. Er kann die Infektion nicht heilen, aber die Lebenserwartung verlängern sowie die Lebensqualität verbessern.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • körpereigene Abwehrkräfte bei HIV-Infektion stärken
  • Vermehrung von HIV hemmen
  • Zahl der HI-Viren im Blut senken
  • AIDS vorbeugen
  • AIDS bekämpfen.

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Didanosin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Didanosin nicht verwendet werden?

Der Wirkstoff darf bei Überempfindlichkeit gegen Didanosin nicht zum Einsatz kommen.

Nur nach einer sorgfältigen Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt ist der Wirkstoff bei HIV-infizierten Personen mit einer Lebererkrankung, Leberentzündung (Hepatitis) oder vergrößerter Leber (Hepatomegalie) anzuwenden. Diese Patienten, insbesondere wenn es sich um übergewichtige Frauen handelt, müssen während der Behandlung streng überwacht werden. Gleiches gilt für Menschen, die an einer Fehlfunktion bestimmter Zellorganellen, den so genannten Mitochondrien, leiden. Vorsicht ist zudem geboten bei Patienten mit einer bestehenden oder zurückliegenden Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis).

Eine eingeschränkte Nierenfunktion oder Leberfunktion erfordert eventuell eine Anpassung der Dosis.

Die Behandlung von HIV-infizierten Patienten, die gleichzeitig mit Hepatitis B-Viren und/oder Hepatitis C-Viren infiziert sind, birgt zusätzliche Risiken und sollte nur unter der Aufsicht speziell geschulter Ärzte durchgeführt werden.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Didanosin sollte während der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko durch den Arzt eingesetzt werden. In Tierversuchen zeigte der Wirkstoff eine schädigende Wirkung auf das Ungeborene. Inwieweit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist unbekannt, doch sollte Didanosin in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Das Risiko für einen starken Anstieg des Milchsäure-Spiegels im Blut (Laktazidose) während der Didanosin-Therapie ist bei Schwangeren erhöht.

Die Betreuung schwangerer Frauen mit HIV-Infektion sollte nur durch erfahrene Ärzte erfolgen.

HIV-infizierte Frauen sollten ihr Neugeborenes auf keinen Fall stillen, da das Virus mit der Muttermilch auf das Kind übertragen werden kann.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Da zur Anwendung bei Säuglingen und Neugeborenen keine ausreichenden Erkenntnisse vorliegen, sollte Didanosin bei Kindern unter drei Monaten nicht zum Einsatz kommen. Bei älteren Kindern muss die Dosis entsprechend dem Körpergewicht beziehungsweise der Körperoberfläche sowie je nach Verlauf der HIV-Infektion individuell angepasst werden. Eine sorgfältige ärztliche Überwachung ist notwendig. Insbesondere Schädigungen der Augennetzhaut sowie Entzündungen des Sehnervs treten bei Kindern häufiger als bei Erwachsenen in Erscheinung.

Welche Nebenwirkungen kann Didanosin haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Didanosin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Durchfall.

Häufige Nebenwirkungen:
Unwohlsein, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, eingeschränktes Konzentrations- und Leistungsvermögen, Kribbeln, Taubheitsgefühl oder Schmerzen in Händen oder Füßen (periphere Neuropathie), Hautausschlag, Nesselsucht, allgemeiner Juckreiz der Haut.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Leberentzündung, Funktionsstörungen der Leber, Gelbsucht, Vermehrung bestimmter Leberenzyme im Blut, Vermehrung von Harnsäure und Bilirubin sowie der Enzyme Amylase und Lipase im Blut, erhöhter Milchsäure-Spiegel, der zu einer Übersäuerung des Blutes führen kann (Laktazidose).

Seltene Nebenwirkungen:
Mundtrockenheit, Vergrößerung oder Entzündung der Ohrspeicheldrüse, Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), Störungen der Blutbildung im Knochenmark, Mangel an roten, weißen Blutkörperchen und Blutplättchen im Blut, Blutarmut, Fettstoffwechselstörungen, Umverteilung des Körperfetts (Lipodystrophie), Haarausfall, Muskel- und Gelenkschmerzen, Muskelkrämpfe, trockene Augen, Sehstörungen, Veränderungen der Augennetzhaut, Entzündung des Sehnervs, Angststörungen, Depressionen, Schlafstörungen, Fieber, Schüttelfrost, vergrößerte Lymphknoten, Infektionen der Atemwege (beispielsweise Mandelentzündung, Bronchitis, Lungenentzündung), Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Leberversagen, Nierenversagen, Zersetzung des Muskelgewebes (Rhabdomyolyse).

Besonderheiten:
Insbesondere bei AIDS-Patienten lassen sich wirkstoffbedingte Nebenwirkungen und krankheitsbedingte Reaktionen häufig nicht sicher unterscheiden. Zudem treten unerwünschte Wirkungen manchmal als Folge der Kombinationstherapie auf und sind nicht eindeutig einem Wirkstoff zuzuordnen. Ferner beeinflussen Dosis und Therapiedauer die Stärke und die Häufigkeit der Nebenwirkungen.

Schwere Nebenwirkungen können manchmal durch Verringerung der Dosis behoben werden. Auch der Wechsel zu einem anderen reversen Transkriptasehemmer kann unerwünschte Wirkungen abschwächen.

Die Übersäuerung des Blutes durch Milchsäure (Laktazidose) kann in Einzelfällen lebensbedrohlich sein. Oft ist sie von einer Lebervergrößerung begleitet. Starke Bauchschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und deutlicher Gewichtsverlust können erste Anzeichen einer Laktazidose sein. Auch eine Bauchspeicheldrüsenentzündung ist möglich. Bei einem starken und schnellen Ansteigen des Milchsäure-Spiegels im Blut sollte die Behandlung abgebrochen werden.

Die Umverteilung des Körperfetts (Lipodystrophie) tritt als Verlust von Unterhautfettgewebe im Gesicht und am Körper sowie als verstärkte Fetteinlagerung im Nacken und im Bauchbereich in Erscheinung. Das Risiko für diese Nebenwirkung nimmt mit dem Alter des Patienten und der Therapiedauer zu.

Reverse Transkriptasehemmer wie Didanosin können bestimmte Organellen der Körperzellen, die so genannten Mitochondrien, schädigen. Fehlfunktionen der Mitochondrien können zu Störungen der Blutbildung, Stoffwechselstörungen, erhöhtem Blutdruck, Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens sowie zu Krampfanfällen führen.

Eine weitere mögliche Nebenwirkung ist eine verminderte Reaktionsfähigkeit der Körperzellen auf das den Blutzuckerspiegel regulierende Hormon Insulin. In der Folge kann der Zuckerspiegel im Blut ansteigen und ein Diabetes mellitus entstehen.

Insbesondere zur Beginn der Behandlung kommt es bei AIDS-Patienten gelegentlich zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes, weil das gestärkte Immunsystem auf im Körper vorhandene Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Pilze und andere Parasiten) reagiert. Man nennt dies ein Immun-Reaktivierungs-Syndrom. Spricht der Patient jedoch auf die Behandlung mit dem Transkriptasehemmer an, gehen die Krankheitssymptome nach einigen Wochen deutlich zurück.

Welche Wechselwirkungen zeigt Didanosin?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Didanosin-haltige Präparate sollten nur im Abstand von mindestens zwei Stunden zu Mahlzeiten sowie zu anderen Arzneimitteln eingenommen werden, da sonst die Aufnahme des Wirkstoffs in den Körper vermindert sein kann. Insbesondere gilt dies bei gleichzeitiger Behandlung mit Tetracyclinen, Gyrasehemmern, Imidazolen und Triazolen (wie Ketoconazol und Itraconazol) oder Ganciclovir.

Der reverse TranskriptasehemmerTenofovir kann die Nebenwirkungen einer Didanosin-Therapie verstärken, daher ist die Kombination dieser beiden Wirkstoffe nicht empfehlenswert. Auch die virenhemmenden MittelZidovudin, Ribavirin und Ganciclovir erhöhen das Risiko für unerwünschte Wirkungen durch Didanosin. Die betroffenen Patienten müssen daher sorgfältig ärztlich überwacht werden.

Die gleichzeitige Behandlung mit dem GichtmittelAllopurinol kann ebenfalls Wirkung und Nebenwirkungen von Didanosin verstärken.

Während der Didanosin-Therapie sollten keine Wirkstoffe zum Einsatz kommen, die ebenfalls Nervenschädigungen oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung auslösen können.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • HIV-Infizierte, die mit virenhemmenden Mitteln behandelt werden, können die Viren weiterhin auf andere Menschen übertragen.
  • Während der Behandlung ist eine regelmäßige Kontrolle der Leberfunktion und des Blutbildes notwendig.
  • Insbesondere bei Kindern sind regelmäßige augenärztliche Untersuchungen erforderlich.
  • Während der Behandlung sollten sowohl weibliche als auch männliche Patienten empfängnisverhütende Maßnahmen treffen.
  • Der Wirkstoff kann das Reaktionsvermögen einschränken, so dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt ist.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Didanosin?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Didanosin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

Medikament
Darreichungsform

So wirkt Didanosin

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Didanosin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen virenhemmende Mittel, Reverse-Transkriptase-Hemmer, zu welcher der Wirkstoff Didanosin gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Didanosin

Didanosin dient der Behandlung einer Infektion mit dem menschlichen Immunschwäche-Virus (HIV). Der Wirkstoff kann das Immunsystem HIV-infizierter Menschen stärken und die Immunschwächekrankheit AIDS bekämpfen beziehungsweise ihren Ausbruch verzögern. Er kann die Infektion nicht heilen, aber die Lebenserwartung verlängern sowie die Lebensqualität verbessern.

Didanosin ist nicht säurestabil und wird durch die Säure des Magens zerstört. Daher kann es nur in Form einer Magensaft-resistenten Kapsel oder in Kombination mit säurebindenden Mitteln eingenommen werden.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Didanosin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Didanosin

Didanosin ist ein nukleosidischer reverser Transkriptasehemmer (NRTI). Es handelt sich um eine Wirkstoff-Vorstufe (Prodrug), die selbst nicht gegen die Viren wirksam ist, sondern erst im Körper zum eigentlichen Wirkstoff umgebaut wird. Dieser hemmt das Enzymreverse Transkriptase und unterdrückt auf diese Weise die Vermehrung des menschlichen Immunschwäche-Virus (HIV). Er kann die Viruslast (Zahl der Viren im Blut) senken. Dadurch nimmt die Zahl bestimmter weißer Blutkörperchen (CD4-positive T-Lymphozyten) wieder zu und die Immunabwehr des Körpers wird gestärkt.

HIV ist sehr wandlungs- und anpassungsfähig und so wird das Virus schnell unempfindlich (resistent) gegen eine einzelne Substanz. Daher wird die HIV-Infektion stets im Rahmen einer Kombinationstherapie mit mehreren (zumeist drei) Wirkstoffen gleichzeitig bekämpft.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.