Bendamustin

Von: Andrea Lubliner (Pharmazeutin und Fachtexterin für medizinische Fachtexte)
Letzte Aktualisierung: 18.09.2017

Allgemeines

Bendamustin wird vor allem zur ersten Therapie bei einer bestimmten Form von Blutkrebs eingesetzt, der chronisch lymphatischen Leukämie. Der Wirkstoff wird dann verwendet, wenn eine Behandlung mit Fludarabin und anderen Zytostatika ungeeignet ist.

Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?

  • Erbinformation verändern
  • Verknäulen der Erbinformation fördern
  • Zellvermehrung und -wachstum verhindern

Gegenanzeigen

Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Bendamustin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Wann darf Bendamustin nicht verwendet werden?

Bendamustin darf nicht eingesetzt werden bei
  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • schwerer Leberfunktionsstörung oder Gelbsucht
  • schwerer Fehlfunktion des Knochenmarks und starker Veränderungen des Blutbildes
  • größeren chirurgischen Eingriffen innerhalb von 30 Tagen vor Behandlungsbeginn
  • Infektionen, insbesondere einhergehend mit einem Mangel an weißen Blutkörperchen
  • Gelbfieberimpfung.
Nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch einen Arzt und unter seiner Kontrolle darf Bendamustin gegeben werden bei
  • Patienten mit Herzerkrankungen; sie müssen regelmäßig hinsichtlich der Kalium-Konzentration in ihrem Blut überwacht werden.
  • Patienten, bei denen bereits früher allergische Reaktionen auf eine Infusion aufgetreten sind; sie müssen mit H1-Antihistaminika, Fiebersenkern oder Kortison behandelt werden.
Hinweis:
Bendamustin kann bei Patienten mit Leberentzündung vom Typ Hepatitis B ein Wiederaufflammen der Erkrankung mit akutem Leberversagen und Todesfolge verursachen.

Patienten mit einem Mangel an Lymphzellen und speziellen Anbwehrzellen (CD4-positiven T-Zellen) sind anfälliger für zusätzliche Infektionen.

Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?

Bendamustin fördert in der Schwangerschaft Missbildungen. Frauen, die schwanger werden können, müssen sowohl vor als auch während der Behandlung eine wirksame Form der Empfängnisverhütung anwenden. Männer dürfen während der Behandlung mit Bendamustin und bis zu sechs Monate nach Behandlungsende kein Kind zeugen. Da infolge der Therapie eine dauerhafte Unfruchtbarkeit möglich ist, sollte vor Beginn der Behandlung gegebenenfalls eine Beratung über eine Spermienkonservierung eingeholt werden.

Da nicht bekannt ist, ob Bendamustin in die Muttermilch übergeht, ist der Einsatz den Wirkstoffs in der Stillzeit verboten. Während der Behandlung muss abgestillt werden.

Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?

Kinder und Jugendliche wurden nicht in Studien mit Bendamustin behandelt. Ein Einsatz des Wirkstoffs in dieser Altersgruppe liegt im Ermessen des Arztes.

Welche Nebenwirkungen kann Bendamustin haben?

Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Bendamustin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Sehr häufige Nebenwirkungen:
Infektionen, Mangel an weißen Blutkörperchen, Mangel an Blutplättchen, Übelkeit und Erbrechen, Schleimhautentzündung, Erschöpfung, Fieber, verminderter Blutfarbstoff, Anstieg der Nierenwerte im Blut (Kreatinin, Harnstoff)

Häufige Nebenwirkungen:
Massenweiser Zerfall von Krebsgewebe (Tumorlysesyndrom), Blutung, Blutarmut, Mangel an Neutrophilen Blutzellen, Überempfindlichkeit, Schlaflosigkeit, Herzfunktionsstörungen (Herzklopfen, Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen), niedriger Blutdruck, Bluthochdruck, Lungenfunktionsstörung, Durchfall, Verstopfung, Mundschleimhautentzündung, Haarausfall, Hautveränderungen, ausbleibende Monatsblutung, Schmerzen, Schüttelfrost, Austrocknung, Appetitlosigkeit, Anstieg der Leberwerte (ASAT, ALAT, alkalische Phosphatase, Bilirubin), Kalium-Mangel im Blut.

Gelegentliche Nebenwirkungen:
Herzbeutelerguss.

Seltene Nebenwirkungen:
Blutvergiftung, allergische Reaktion, Schläfrigkeit, Sprechstörung, akuter Kreislaufzusammenbruch, Hautrötung, Hautentzündung, Juckreiz, fleckig-pusteliger Hautausschlag, übermäßiges Schwitzen.

Sehr seltene Nebenwirkungen:
Lungenentzündung, Auflösung von Blutzellen (Hämolyse), allergischer Schock, Geschmacksstörung, nervliche Missempfindungen, Nervenstörungen, Verlangsamung der Verdauungsvorgänge (anticholinerges Syndrom), Gangstörungen, Hirnfunktionsstörung, Herzrasen, Herzinfarkt, Herzversagen, Blutgefäßentzündung, narbige Veränderung des Lungengewebes (Lungenfibrose), blutige Speiseröhrenentzündung, Magen-Darm-Blutungen, Unfruchtbarkeit, Versagen mehrerer Organe.

Nebenwirkungen unbekannter Häufigkeit:
Leberversagen.

Besonderheiten:
Die Behandlung mit Bendamustin beeinträchtigt die körpereigene Abwehr. So kann es die Zahl der Lymphzellen und spezieller Abwehrzellen (CD4-positiver T-Zellen) vermindern. Werden Anzeichen einer Infektion festgestellt, sollte ein Arzt verständigt werden.

Falls eine Hautreaktion im Laufe der Therapie nicht ab- sondern zunimmt, wird der Arzt die Behandlung unterbrechen oder ganz beenden.

Welche Wechselwirkungen zeigt Bendamustin?

Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.

Bei Anwendung von Bendamustin in Kombination mit Wirkstoffen, die das Knochenmark schädigen, kann sich diese nachteilige Wirkung verstärken. Grundsätzlich können alle Behandlungsmaßnahmen, die den Allgemeinzustand des Patienten verschlechtern oder die Knochenmarkfunktion beeinträchtigen, die Giftigkeit von Bendamustin erhöhen.

Die Kombination des Wirkstoffs mit den immunschwächenden Mitteln Cyclosporin oder Tacrolimus kann zum praktischen Ausfall der körpereigenen Abwehr mit der Folge von Lymphdrüsenkrebs führen.

Zytostatika wie Bendamustin können die Antikörperbildung durch Lebendimpfstoffe vermindern und das Infektionsrisiko erhöhen, was zum Tode führen kann. Das Risiko ist bei Patienten, die durch ihre Grunderkrankung bereits immungeschwächt sind, erhöht.

Das AntidepressivumFluvoxamin, das AntibiotikumCiprofloxacin, das virenhemmende MittelAciclovir und das Magenmittel Cimetidin können den Abbau von Bendamustin im Körper behindern. Damit können mehr Nebenwirkungen und eine verstärkte Giftigkeit des Wirkstoffs auftreten.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

  • Nimmt eine Hautreaktion im Laufe der Therapie zu, wird der Arzt die Behandlung unterbrechen oder ganz beenden.
  • Bei Anzeichen einer Infektion ist ein Arzt zu verständigen.
  • Männer mit Kinderwunsch sollten sich vor der Behandlung über eine Spermienkonservierung beraten lassen.
  • Frauen und Männer müssen während und bis sechs Monate nach der Behandlung für eine sichere Empfängnisverhütung sorgen.
  • Die Anwendung des Medikaments muss unter Aufsicht eines erfahrenen Krebsarztes erfolgen.
  • Die Behandlung mit dem Medikament darf nicht begonnen werden, wenn das Blutbild zu schlecht ist.
  • Treten Gangunsicherheit, Schläfrigkeit oder Nervenstörungen auf, sind Autofahren und das Führen von Maschinen gefährlich.

Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.

Welche Medikamente beinhalten Bendamustin?

Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Bendamustin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.

So wirkt Bendamustin

Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Bendamustin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zur Wirkstoffgruppe Zytostatika, zu welcher der Wirkstoff Bendamustin gehört.

Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Bendamustin

Bendamustin wird vor allem zur ersten Therapie bei einer bestimmten Form von Blutkrebs eingesetzt, der chronisch lymphatischen Leukämie. Der Wirkstoff wird dann verwendet, wenn eine Behandlung mit Fludarabin und anderen Zytostatika ungeeignet ist.

Bendamustin dient aber auch der Therapie schmerzloser Krebsformen der Lymphdrüsen (Non-Hodgkin-Lymphomen) bei Patienten, die während oder innerhalb von sechs Monaten nach Behandlung mit Rituximab oder mit einer Rituximab-Kombitherapie ein weiteres Krebswachstum hatten.

Knochenmarkkrebs ist ein weiteres Einsatzgebiet für Bendamustin. Es wird als erste Therapie bei multiplem Myelom (fortgeschrittenes Stadium II oder Stadium III) in Kombination mit dem GlukokortikoidPrednison angewendet. Voraussetzung ist, dass die Patienten älter als 65 Jahre und nicht für eine Stammzellen-Übertragung geeignet sind. Außerdem muss aufgrund einer schon bestehenden Nervenschädigung eine Behandlung mit Thalidomid oder Bortezomib ausgeschlossen sein.

Zu folgenden Anwendungsgebieten von Bendamustin sind vertiefende Informationen verfügbar:

Wirkungsweise von Bendamustin

Bendamustin gehört zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika und dort zur Untergruppe der alkylierenden Mittel. Sein Wirkmechanismus ist allerdings ziemlich einzigartig. Durch die chemische Reaktion der Alkylierung (Anhängung weiterer Molekülteile aus Kohlenstoff und Wasserstoff) bildet Bendamustin Brücken zwischen den Einzel- und Doppelsträngen des Erbgutes, der DNA. Diese Brücken behindern das Ablesen der Erbinformation, aber auch den Aufbau und die Reparatur beschädigter DNA-Teile. Diese Fehlfunktionen führen zu einem Absterben der Zellen und/oder einer Behinderung bei ihrer Vermehrung.

Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.